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073 - Das Alraunenmädchen

073 - Das Alraunenmädchen

Titel: 073 - Das Alraunenmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Entlang der fensterlosen Wand waren Sideboards angebracht. Darauf lagen Reliquien und Hilfsgeräte der Weißen Magie. Die Schatzlade stand ebenfalls an ihrem gewohnten Platz.
    Sechs gläserne Stühle standen bereit. Die Männer nahmen Platz. Es war undenkbar, daß weniger oder mehr als ein halbes Dutzend Personen an einer Sitzung teilnahmen. Sechs war eine magische Zahl, bezog sich auf die sechs Sinne, deren Vervollkommnung eines der Ziele der Magischen Bruderschaft war.
    Der Dämonenkiller saß, Die Füße ruhten auf dem runden Teppich mit dem eingestickten Drudenfuß. Behutsam hob er den hermetischen Kreisel hoch und legte ihn auf die Tischplatte - neben den schwarzen magischen Globus, der gegen den sechsarmigen Kerzenleuchter ausgetauscht worden war; jener hatte seinen Platz nun auf einem der Sideboards.
    Thomas Becker hatte dafür gesorgt, daß nur ein Licht brannte, so, wie es das Ritual bei der Beschwörung vorschrieb. Becker hatte den Platz links neben Dorian eingenommen. Rechts vom Dämonenkiller wartete Peter Plank mit erwartungsvoller Miene darauf, daß endlich etwas geschah. „Konzentrieren wir uns!" sagte Thomas Becker.
    Sie richteten ihre Blicke auf den Magie-Globus. Nach kurzer Zeit, knapp einer Minute, streckte der Großmeister die Hände aus und versetzte die Kugel in Bewegung. Sie rotierte, ohne langsamer zu werden - ein Perpetuum mobile der Erkenntnis und Unendlichkeit, das Medium zur Erweckung des Faust-Geistes. Schimmernd spiegelte sich das Kerzenlicht indem Globus.
    Thomas Becker hob nur ein wenig den Kopf, aber die winzige Geste genügte, um Dorian das Einsatzzeichen zu geben. Der Dämonenkiller hatte das hermetische Gefäß in der kretischen Höhle gefunden; er sollte es nun auch sein, der die Beschwörung leitete.
    „Dr. Johannes Faustus", sagte Dorian mit fester Stimme, „erscheine uns! Wir warten auf dich. Neue Gesichtspunkte haben sich ergeben. Gib uns die Chance, dich um Rat zu befragen! Erscheine!"
    Er verstummte und wartete mit den anderen fünf gespannt. Über die Wahrscheinlichkeit, ob Faust nun tatsächlich auftrat, ließ sich keinerlei Vermutung aufstellen. Faust war launisch und benahm sich äußerst exzentrisch. Ganz gleich, welch schwerwiegende Argumente man ins Feld brachte, es konnte vorkommen, daß man Stunden nach ihm verlangte und ihn doch nicht zu Gesicht bekam oder überhaupt ein Wort von ihm vernahm. Andererseits zeigte er sich manchmal wegen geringster Kleinigkeiten, gebärdete sich schalkhaft und ironisch. Je nach Laune eben.
    Dorian wiederholte die Beschwörungsformel, fügte neue Worte hinzu. Doch auch diesmal tat sich nichts. Die schwarze Kugel rotierte. Das flackernde Kerzenlicht spiegelte sich unverändert.
    Peter Plank gab einen ungeduldigen Laut von sich. Thomas Becker quittierte dies mit einem mißbilligenden Blick.
    Der Dämonenkiller rief den Faust-Geist erneut an. Fast atemlos fiel das Schweigen aus, das danach im Raum lastete.
    Endlich! Der Globus begann in weißem, magischem Licht zu erstrahlen. Wenige Sekunden verstrichen, dann war eine Bewegung vor den Sideboards, am Rande des bestickten Teppichs, wahrzunehmen. Da stand er nun, der Geist des Faust, hielt die Arme auf dem Rücken verschränkt und räusperte sich energisch. Sein Leib war undurchsichtig; die sechs Männer wußten, daß er immateriell war. Wie üblich trug er die Magisterkleidung des sechzehnten Jahrhunderts: Ein weiter Umhang, der hohe Spitzhut, Schuhe mit auffälligen Schnallen und ein Wams. Er war ein wenig untersetzt, dieser Faust, und sein Gesicht ließ wegen des zottigen Oberlippenbartes Assoziationen mit dem Aussehen eines Katers zu.
    Faust lächelte nicht spitzbübisch. Heute trat er ernst, versonnen, ja, geradezu besorgt auf.
    Ehe Dorian ihn ansprechen konnte, begann er: „Ihr veranlaßt mich zu Grübeleien, Georg. Eigentlich geziemt es sich nicht für einen Geist, sich den Kopf zu zerbrechen. Aber, offen gesprochen, mir ist, als ginge ein großes Mühlrad in meinem Astralhirn herum. Ich warne euch, Georg!"
    Er nannte Dorian Hunter stets Georg, in Erinnerung an das dritte Leben des Dämonenkillers, das dieser von 1508 bis 1540 als Georg Rudolf Speyer gelebt hatte.
    „Hütet euch!" sagte der Geist eindringlich. „Mit jenem Kreisel dort könnt ihr allergrößten Schaden anrichten."
    „Warum?" fragte Dorian.
    Faust hüstelte wieder und trat etwas näher. „Nun, ich will mich so ausdrücken: Es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, daß man mit dem Kreisel die Entführerin

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