0730 - Wege ins Nichts
Ebenso wie Olw schien sie sich innerhalb des Tunnels erst richtig in ihrem Element zu fühlen.
Alaska konnte sich jetzt vorstellen, daß alle zwölf Spezialisten der Nacht gemeinsam einen ungeheuren Machtfaktor darstellten, denn sie konnten zweifellos alle achtzehn Dimensionstunnel kontrollieren und manipulieren, wenn man ihnen Gelegenheit dazu gab.
Obwohl Mentro Kosum nicht mit einer raschen Rückkehr Alaskas und Olws gerechnet hatte, begann er sich allmählich Sorgen um sie zu machen. Er sprach mit Dobrak über die Möglichkeiten einer Suchaktion.
„Ich weiß nicht, ob es einen Sinn hätte, ohne einen Spezialisten der Nacht in den Tunnel zu gehen", meinte der Kelosker.
„Vielleicht könnte ich mich orientieren, aber der Tunnel ist auch in diesem Zustand noch gewaltig und schwer zu erforschen."
Dobraks Worte, das erkannte der Emotionaut ganz klar, waren eine vorsichtig umschriebene Weigerung, die MARIACHI zu verlassen. Zumindest vorläufig würde der Keloskische Rechner an keinem Unternehmen zur Rettung Alaskas und Olws teilnehmen.
Dobrak, der trotz seiner massigen Figur einen schwächlichen Eindruck machte, schien keine Müdigkeit zu kennen. Unablässig beobachtete er die Umgebung der MARIACHI und stellte Berechnungen an. Kosum wußte, daß der Kelosker mit seinen Paranormhöckern mehr sehen konnte als ein Mensch, aber er fragte ihn nicht nach den erzielten Ergebnissen.
Zum Glück hatte Icho Tolot sich in den letzten Stunden ruhig verhalten. Kosum hoffte, daß bei dem Haluter nun wieder eine Phase der Vernunft begann.
Jedesmal, wenn Kosum auf die Bildschirme der Außenbeobachtung blickte - und das geschah jetzt immer häufiger - wurde er enttäuscht. Alaska, Olw und das Robotpärchen waren nicht auszumachen.
Kosums Ungeduld übertrug sich auf die anderen Raumfahrer in der Zentrale, so daß Dobral sich schließlich zu der Bemerkung veranlaßt sah: „Sie können Sie nicht zurückholen, indem Sie unablässig an sie denken."
„Ja, ja", sagte Kosum mürrisch.
Dobrak trat neben ihn.
„Ich glaube, daß wir sie bald zurückerwarten können", stellte er fest.
Kosum hob die Augenbrauen.
„Wie wollen Sie das feststellen?"
„Die Zahlenkombinationen besitzen trotz aller Fremdartigkeit auch innerhalb des Tunnels eine gewisse Ordnung und Stabilität.
Veränderungen sind für mich erkennbar."
Kosum hatte den Kelosker im Verdacht, daß er ihn nur beruhigen wollte. Bevor sie jedoch darüber sprechen konnten, geschah etwas Unerwartetes. Dobrak sank vor Kosum zusammen. Der Emotionaut wollte aufspringen, um dem Kelosker beizustehen, aber er fühlte sich nicht mehr dazu imstande. Er spürte, daß sein Wille und seine Gedanken erlahmten. Als er den Kopf wandte, sah er erschrocken, daß die Männer und Frauen, die sich in der Zentrale aufhielten, teilnahmslos dahockten.
Doch sein Schrecken war nur von kurzer Dauer, dann ließen auch seine Gefühle nach. Er saß vor den Kontrollen, rührte sich nicht und starrte auf einen Bildschirm, auf dem jetzt deutlich zu sehen war, daß sich fünf Gestalten der MARIACHI näherten.
Ursprünglich waren die manipulierbaren Zellgruppen in den Gehirnen der zwölf Spezialisten der Nacht zu einem guten Zweck geschaffen worden. Die Spezialisten sollten bei ihren gefährlichen Reisen jederzeit zu erreichen sein. Deshalb war die Zellkernstrahlung wichtiger Gewebeballungen ihrer Gehirne mit Hilfe spezieller Sendegeräte auf Sextadimbasis beeinflußbar.
Auf diese Weise konnte der Standort eines Spezialisten der Nacht jederzeit angemessen werden. Darüber hinaus konnte die Zellkernstrahlung so intensiviert werden, daß alle Personen, die sich in einem Umkreis von fünfzig Kilometern in der Nähe eines davon betroffenen Spezialisten aufhielten, in Lethargie verfielen.
Ursprünglich - das hatten Olw und Py ausgesagt - konnte die Reizstrahlung sogar so verstärkt werden, daß man mit ihrer Hilfe einen Spezialisten über eine große Entfernung hinweg töten konnte. Olw glaubte jedoch nicht, daß die Nullbewahrer noch über das Zusatzgerät verfügten, mit dem eine tödliche Zellkernexplosion hervorgerufen werden konnte.
Unmittelbar nach seiner Rückkehr an Bord der MARIACHI hatte Saedelaere dafür gesorgt, daß die gesamte Besatzung Schutzanzüge trug, die sie vor den Impulsen aus Pys Gehirn schützten.
Da dem Tunnel nach wie vor keine frischen Energien aus der Greiko-Galaxis zuflössen, konnte die MARIACHI ihren Standort nicht verlassen.
Alaska Saedelaere war darüber nicht
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