0732 - Schattenreiter
noch einmal zurückkehren. Vielleicht hatte er jetzt nur Atem geholt, um beim zweitenmal richtig zuschlagen zu können.
Sie fuhr weiter.
Sie wußte nicht einmal, wohin sie fuhr. Sie tat alles automatisch. Das Schalten, das Spielen mit dem Gaspedal, das nach vorn Starren, und immer wieder versuchte sie, mit ihren Blicken die graue Nebelsuppe zu durchdringen.
Es ging weiter.
Aber die Angst fuhr mit. Sie war grausam, sie schlug zu, sie umfing ihren Hals, als wollte sie die Frau mit ihren unsichtbaren Händen erwürgen. Fabienne wurde zu einer ewigen Beute und dachte schließlich daran, daß sie ja auch noch ein Ziel hatte.
Die Burg, das Lager der Artisten. Sie wußte jetzt noch nicht, was sie ihnen sagen sollte. Ob man ihr überhaupt glauben würde, stand sowieso in den Sternen.
Sie rumpelte weiter. Der Weg verschlechterte sich. Die Steine und Hindernisse waren gewachsen.
Hinzu kamen die Rinnen im Boden, die ebenfalls dafür sorgten, daß sie immer wieder durchgeschleudert wurde. Der Jeep ächzte. Einige Male kratzte er mit der Stoßstange über den auslaufenden Hang.
War die unheimliche Erscheinung weg?
Fabienne hatte sich noch nicht getraut, in den Innen- oder Außenspiegel zu schauen. Das holte sie sehr schnell nach. Sie sah nur den Nebel, mal heller, mal dunkler, aber sie sah nichts anderes mehr.
Fabienne fuhr weiter.
Allmählich normalisierte sich ihr Herzschlag wieder. Die Frage tauchte auf, ob sie sich die Begegnung nicht eingebildet hatte. Bei einem Wetter wie diesem sah man vieles, was gar nicht existierte.
Da konnte aus einem verschwommenen Felsbrocken schon mal ein Reiter werden, und möglicherweise waren die glühenden Augen auch nur mehr Einschlüsse im Fels, eine Einbildung eben.
Sie mußte das Lenkrad mit beiden Händen fest umklammern. Es waren einfach zu viele Unebenheiten des Bodens, die sie abfangen und ausgleichen mußte.
Und dann war er da.
Wieder so lautlos, so schemenhaft und unheimlich. Ein Spuk aus dem Nebel, etwas nicht Erklärbares und Unheimliches. Diesmal hatte sie nicht einmal gesehen, woher der Reiter gekommen war, er ritt plötzlich vor ihr. Sie sah im- letzten Augenblick noch den Schlenker, den das Pferd getan hatte und konnte sich denken, daß es aus der Höhe herauf den Weg geritten war. Aber nicht nur er. Auch zwei andere Reiter befanden sich plötzlich dicht neben ihrem Wagen. Der eine bewegte sich an der rechten, der andere an der linken Seite.
Fabienne schrie leise. In einer Reflexbewegung schlug sie beide Hände vor ihr Gesicht. Das Lenkrad wurde nicht mehr gehalten, der Jeep blieb bei diesem unebenen Boden nicht mehr in der Spur.
Zwangsläufig driftete er ab.
Die junge Frau griff schnell zu. Gerade noch rechtzeitig umklammerte sie das Lenkrad, um ihn in der Spur halten zu können, bevor sie den flachen Abhang hinabjagte.
Dort ritt einer der Unheimlichen. Er saß auf dem Gaul und bewegte sich genauso wie der andere vor dem Jeep. Es sah so aus, als wollte er etwas aus dem Himmel oder den Nebelwolken holen, und einen Moment später sah die Frau etwas aus seiner Hand hervorstechen, das sie an eine helle Stange erinnerte. Sie glänzte, sie zitterte. Irgendwo erinnerte sie Fabienne an den langen Strahl einer Taschenlampe. Die Waffe oder was immer sie sein mochte, bewegte sich zuckend auf und nieder, glitt mal über den Boden, um dann wieder in den grauen Nebel hineinzustoßen. Plötzlich schwang sie nach links.
Fabienne bekam die Bewegung aus dem Augenwinkel mit. Sie saß wie erstarrt hinter dem Lenkrad.
Als sich der unheimliche Reiter mit seinen toten Augen bewegte, da duckte sie sich, als könnte sie so der seltsamen Klinge ausweichen.
Sie hörte ein Zischen.
Metall verglühte.
Dann schrie sie.
Und plötzlich sah sie den Blitz.
Weiß, grell und schlimm.
Vor ihren Augen explodierte etwas. Die gewaltige Nebelbank wurde in Fetzen gerissen, dann kippte sie zur Seite und sah über sich drei glühende Augenpaare.
Jetzt ist es vorbei, dachte Fabienne.
***
Himmel, was waren wir gefahren, was hatten wir gesucht, was hatten wir uns durch die verdammte Nebelbrühe gequält, um dann endlich unser Ziel zu erreichen.
Zum Glück hatte uns der Nebel nicht auf der gesamten Strecke begleitet. Wir waren bis Glasgow geflogen und hatten uns dort einen geländegängigen Leihwagen genommen. Mit einem derartigen Fahrzeug kam man in Schottland am besten durch.
In den Highlands hatte uns der Dunst erwischt. Bill Conolly ärgerte sich lautstark, daß er unbedingt hatte den
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