0733 - Der Weg des Diktators
Einsatzgruppe, kam mit einer brennenden Zigarette ins Bad. Sie waren absolut sicher hier, denn Trevor Casalle brauchte ihren Schutz. Fast alle wichtigen Frauen und Männer des Teams hatten Räume bezogen, die vormals von Angehörigen der Expeditionsflotte bewohnt gewesen waren. Zehn Stunden Zeit. Zehn Stunden ohne Angst, ohne die dauernde Herausforderung der Tarnung, in der sie sich alle bewegten. Sergio lachte. Er versuchte, blitzschnell abzuschalten und alles zu vergessen.
Wenigstens für sieben, acht Stunden.
„Danke", sagte er und nahm die Zigarette zwischen die Zähne.
Moryann, nur in einen dünnen Morgenmantel gekleidet, setzte sich auf den breiten Rand der Wanne und hielt das Whiskyglas.
„Du scheinst dich wohl zu fühlen?" fragte sie und strich das dunkelblonde Haar in den Nacken. Ebenso war es eine Wohltat, eine Zeitlang nicht in den eintönigen Gewändern der Aphilen herumlaufen zu müssen.
„So ist es", sagte er und blies den Rauch in ihre Richtung. „Aber ... ich werde alt. Ich spüre es."
Sie sah ungläubig sein volles Haar und seine breiten Schultern an und fragte verblüfft zurück: „Was bringt dich auf diesen Einfall?"
„Ich bin nicht mehr wie früher in der Lage, von einer Sekunde zur anderen umzuschalten. Dauernd denke ich an Seraph, an Kratt und Casalle -und an das Duell in den Anden."
„Das ist natürlich", sagte sie leise. „Mir geht es nicht anders.
Und unseren Freunden ebenfalls. Wir haben ein ganzes Leben unter Aphilikern verbracht und uns immer wieder verstecken müssen. Das ist nicht mit einem heißen Bad abzuschalten, Sergio."
Er fühlte die Wärme des Wassers und die künstliche Wärme, die das Getränk in seinem Magen hervorrief. Langsam rauchte er, sah das Mädchen an und erkannte, daß er sie begehrte. Sie schien den Ausdruck seiner Augen richtig zu deuten, denn sie sagte: „Ich habe das Essen fertig. Wir sollten versuchen, vorübergehend zu vergessen", erklärte sie und nahm ihm das leere Glas aus den Fingern.
„Ja. Ich gebe mir Mühe. Versuchen wir, zu vergessen!"
Aber sie konnten es beide nicht. Die Zeitspanne zwischen zwei zermürbenden Einsätzen war einfach zu kurz.
Morgen würde das Duell ausgetragen werden.
Einen Tag später würde Casalle den zweiten Punkt des Vertrags erfüllen und die Strafgefangenen freilassen. Die genaue Zahl war nicht bekannt, aber in der Wüste Australiens gab es vermutlich Tausende.
Percellar rauchte zu Ende, löschte die Zigarette und duschte sich. Dann zog er einen Morgenmantel über und ging in den Wohnraum zurück. Auf einem kleinen Tisch zwischen zwei Sesseln stand das fertige Essen. Es stammte fast ausnahmslos aus den Vorräten dieser Wohnung und sah verlockend aus.
Percellar und Moryann hatten die Lebensmittel selbst getestet.
Sie waren zu ihrer Überraschung einwandfrei - keinerlei Drogen, keinerlei Gifte.
„Sieht lecker aus!" sagte Sergio. „Die anderen sind bereits auf dem Weg?"
Er blickte hinüber auf eine Platte. Dort lagen säuberlich fast alle ihre Ausrüstungsgegenstände aufgereiht. Sie hatten die Waffen und Geräte genau getestet, ehe sie sich zu entspannen versuchten.
„Ja. Wir sind nur noch fünfundzwanzig Leute. Die anderen sind auf verschiedenen Wegen aufgebrochen."
„Sind sie rechtzeitig in Australien?"
„Wir hoffen es. Wenn sie das Ziel nicht rechtzeitig erreichen, melden sie sich bei Roi."
„Möglicherweise schaffen wir auch, was wir uns vorgenommen haben. Wenn wir die Gefangenen befreien ..."
„Wenn..."
Sie aßen und genossen die Ruhe. Sie hatten nicht einmal das Visiphon eingeschaltet. Aber immer wieder gingen ihre Gedanken zu den einzelnen Punkten des Planes der OGN.
Dabei wußten sie, daß sie sich auf nichts und niemand wirklich verlassen konnten, denn auch die Leute um Casalle hatten ihre Überlegungen.
„Wie wird es enden, Sergio?" fragte Moryann leise, nachdem sie den Wein ausgetrunken hatten.
„Ich weiß es nicht. Aber ich rechne mit allem. Selbst damit, daß wir morgen zu den Gefangenen gehören oder zu den Toten."
*
Spät in der Nacht wachte Percellar auf.
Er richtete sich auf und warf im Halbdunkel einen langen Blick auf das schlafende Mädchen. Dann schlich er leise hinaus in den Wohnraum und nahm den Minikom in die Hand. Er wählte einen Kanal, drückte den Knopf und sah auf die Ringuhr an seinem Finger.
„Sergio hier", sagte er leise. „Ist es möglich, den Chef zu sprechen?"
„Einen Augenblick."
Er wartete eine Weile, dann meldete sich eine
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