0735 - Die Armee aus dem Ghetto
Schutt tatsächlich zu rutschen begann.
Ranjit Singh wurde halbwegs begraben, aber als er vor sich hin tastete, merkte er, daß er keinen Widerstand mehr fand. Er arbeitete sich hastig aus den Trümmern hervor und stellte fest, daß zwar der bisherige Hohlraum eingestürzt, dafür aber der Weg frei geworden war, durch den der Luftzug gekommen sein mußte.
Auf Händen und Füßen schob sich Ranjit durch die Finsternis vorwärts. Manchmal hielt er inne, um sich durch Tasten zu orientieren. Jedesmal spürte er dicht neben sich, zur Rechten wie zur Linken, rauhes Gestein, vor ihm jedoch war der Weg frei.
Als er sich schließlich aufrichtete und feststellte, daß der Gang so hoch war, daß er mit ausgestreckten Armen die Decke nicht erreichen konnte, kam er sich wegen seiner mühseligen Umherkriecherei ziemlich lächerlich vor. Er befand sich offenbar in einem gemauerten oder gegossenen Korridor. Er hatte das Wirkungsfeld der Explosion hinter sich gelassen und war auf dem Weg ... irgendwohin.
Rascher als bislang drang er jetzt weiter vor. Noch immer war ringsum undurchdringliche Finsternis. Der Gang hatte entweder nie eine Beleuchtung besessen, oder sie war bei der Explosion ausgefallen.
Ranjit hätte vor Schreck fast den Verstand verloren, als er plötzlich gegen etwas Weiches stieß, das ihm mitten im Weg stand, und als aus dem Weichen zwei kräftige Tentakel Schossen, die sich ihm um den Leib legten. Er stieß einen entsetzten Schrei aus. Da erklang es schrill vor ihm aus der Dunkelheit: „Die Stimme kenne ich! Damals hat der Kerl zumeist auch gejammert oder geschrien."
Einer der beiden Tentakel löste sich von Ranjits zitterndem Körper. Gleich danach flammte ein mattes Licht auf, Ranjit sah die Gestalt eines Mannes, der nicht größer war als er, dafür aber dreimal so dick. Der Dicke war nachlässig, um nicht zu sagen schlampig gekleidet, jedoch ausgezeichnet bewaffnet. Er mochte zwischen sechzig und siebzig Jahren alt sein. Ranjit Singh traute seinen Augen nicht.
„Du bist... du bist...", stotterte er, „du bist... Joupje Termaar!"
Der Dicke nickte.
„Und du scheinst Ranjit Singh zu sein, der Hasenfuß, der uns mit seiner Jammerei droben in Parkutta fast um den Verstand gebracht hätte", antwortete er.
Ranjit nickte hastig und strahlte dabei, als wäre ihm soeben das größte Lob zuteil geworden.
„Ja, der bin ich!" beteuerte er.
Reginald Bull wartete, bis er sicher war, daß er die Verteidigung der Zentralhalle seinen Leuten überlassen konnte. Dann kehrte er zu den Quartieren der OGN zurück. Er sah, daß die Evakuierung fast abgeschlossen war. Nur etwa zweihundert Männer warteten noch darauf, über die Transmitterstrecke nach Ovarons Planet zu gehen, und mit dem zweiten Gerät hatten die lemurischen Roboter schon fast alles angeschleppte Gerät nach Goshmos-Castle verfrachtet.
Auf dem Gang vor der Transmitterhalle traf er Sylvia Demmister.
„Sie standen mit auf der Liste derjenigen, die nach Ovarons Planet gehen!" hielt er ihr vor.
„Ich habe mich nicht daraufgeschrieben", antwortete Sylvia bitter. „Ich habe auf Ovarons Planet nichts verloren und bleibe bei Ihnen."
Er wußte, daß er sie nicht würde umstimmen können, und verzichtete daher auf jeden Versuch.
„Im übrigen sollten Sie froh sein, daß ich noch hier bin", sagte sie.
„Sonst paßt ja niemand mehr auf die Meßgeräte auf."
„Was wollen Sie damit sagen?" fragte er mißtrauisch.
„Die Radioaktivität ist seit etwa einer Stunde am Steigen", erklärte Sylvia.
„Was für Radioaktivität?"
„Gamma. Sie kommt aus der Richtung des Arsenals."
Reginald Bull rechnete zurück. Vor ungefähr einer Stunde hatte die Explosion stattgefunden. Gab es da einen Zusammenhang?
„Gehen Sie zurück an Ihre Instrumente", trug er Sylvia auf, „und schlagen Sie Alarm, wenn die Strahlung gefährliche Ausmaße annimmt."
Dann ließ er sie einfach stehen und hastete durch einen Gang in Richtung der Verteidigungslinie. Es war einfach zuviel, was plötzlich auf ihn zukam. Alles schien sich gegen die OGN verschworen zu haben. Er hatte schließlich doch Funkkontakt mit Leven Strout bekommen und erfahren, daß dieser seine Truppen zurückgezogen hatte, um dem Feind wirksamer Widerstand leisten zu können.
Die Aphiliker waren zunächst nur vorsichtig in das Vakuum hineingestoßen, das Strouts Rückzug hinterlassen hatte.
Inzwischen aber hatten sie die Verteidigungslinie längst erreicht und alle Reserven mobilisiert, um Strout und seine
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