0737 - Asha Devis Höllenfahrt
telefonierend, und hielt nach einer freien Moped-Rikscha Ausschau.
Nakula Kumar war ein erfolgreicher indischer Yuppie, der absolut nichts mit dem traditionellen Turban-Klischee seines Landes am Hut hatte.
Wenn Nakula in der Hölle gelandet wäre, hätte er bestimmt schon Ravanas Felsenthron als Werbefläche vermietet!, dachte Asha Devi ironisch.
Für einen Moment ließ ihre Aufmerksamkeit nach. Das nutzte der Dämon aus.
Er schlug mit seiner Eisenklaue zu!
Der plötzliche Schmerz raubte der Polizistin den Atem. Obwohl sie eigentlich tot war, benötigte ihr Ersatzkörper trotzdem Sauerstoff - sofern man bei den schwefligen Dünsten der Unterwelt überhaupt von diesem chemischen Element reden konnte.
Wahrscheinlich war sie nur deshalb auf Luft angewiesen, um ihr Leiden noch zu vergrößern. Asha Devi traute Ravana jede nur denkbare Schlechtigkeit zu.
Jedenfalls stand für sie fest, dass sie die Kreatur des Rakshasa-Herrschers nicht noch einmal so nahe an sich herankommen lassen durfte.
Das Fleisch an ihrer linken Hüfte hatte einiges abbekommen. Blut lief an ihrem Bein herunter. Und das Bewusstsein, dass dieser Körper nur Illusion war, nützte ihr überhaupt nichts. Es tat einfach schauerlich weh.
»Arme Asha!«, höhnte die Bestie. »Willst du nicht in meine Arme kommen? Soll ich dich trösten?«
Die Inspectorin wurde jetzt erst richtig wütend. Und der Dämon unterschätzte wohl die Willenskraft, zu der ihre Seele immer noch in der Lage war.
Asha Devi drehte sich blitzschnell um die eigene Achse, wobei sie den Säbel in der rechten Hand auf ihren Feind richtete.
Ihr Hieb schlug eine tiefe Wunde in die Schulter des Kämpfers!
Die Dämonenpolizistin hielt sich nicht mit diesem kleinen Erfolg auf. Sie setzte nach. Der Dämon in der Gestalt von Nakula Kumar hob noch einmal seine Eisenklaue, um damit ihr schönes Gesicht zu zerschmettern.
Doch dazu hatte er keine Gelegenheit mehr.
Asha Devi durchbrach seine Deckung. Sie hob den Säbel hoch über ihren Kopf.
Und schlug mit ihrer ganzen Kraft den Schädel des Dämonen von dessen Schultern!
Spätestens jetzt zeigte sich, dass diese Bestie wirklich nur eine Gestalt aus Energie und Licht gewesen war. Denn der besiegte Kämpfer löste sich vor ihren Augen in Nichts auf, als ob es ihn nie gegeben hätte.
Was ja auch zutraf…
»Tapfere Frau!« Ravana hatte einige seiner Waffen beiseite gelegt, um mit seinen zahlreichen Händen Asha Devi ironisch zu applaudieren. »Du hast wirklich Kämpferinnenblut in dir, Asha Devi! Schade, dass du schon tot bist! Aber du hast dich gut gehalten in diesem Duell. Da muss ich wohl einen würdigeren Gegner für dich holen…«
Erbittert biss die Inspectorin die Zähne zusammen. Was mochte dieser schwarzblütige Bastard damit meinen? Sie packte den Entersäbel fester und konzentrierte sich wieder auf das Tor in der Arenawand.
Schwere Schritte ertönten. Doch noch konnte Asha Devi nicht sehen, wer ihr dort entgegentrat.
Als Nächstes erblickte sie hinter der Toröffnung nur einen schwarzen Schatten. Langsam schob er sich in ihr Gesichtsfeld.
Die Inspectorin erschrak!
Sie erkannte nun, wen Ravana ihr als nächsten Gegner in die Arena schickte. Asha Devi musste zugeben, dass sie den Rakshasa-Fürsten unterschätzt hatte. Ravana verstand es wirklich meisterhaft, sie zu quälen.
Hoch wie ein Turm ragte der Feind vor ihr auf.
Er hatte sich stark verändert, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, und doch erkannte sie ihn sofort wieder. Denn sie trug die Erinnerung an ihn immer noch in ihrem Herzen.
Kiri!
Der Schmuseaffe, mit dem Asha Devi als Kind gespielt hatte!
Er hatte sich in eine blutrünstige Bestie verwandelt, die nun auf sie zustapfte!
***
»Kiri…«, stöhnte die Inspectorin, während sie unwillkürlich ihre Waffe sinken ließ. »O nein…«
Der Stoffaffe sah noch genauso aus wie damals in ihrem Kinderbett. Und doch wiederum nicht. Sein zugenähter, stets lachender Mund war einem Maul mit Reißzähnen gewichen. Er ging aufrecht auf seinen Hinterbeinen, während die langen Arme mit den grausamen Krallen an den Fingern links und rechts von ihm schlenkerten. Die lustigen schwarzen Knopf äugen hatten sich in blutunterlaufene Pupillen eines tollwütigen Tieres verwandelt. Sein Gesichtsausdruck zeigte blanken Hass.
Und doch war er immer noch Kiri, Ashas über alles geliebtes Schmusetier! Eine Freundin hatte die Tochter des reichen Mannes niemals gehabt. Die Spielwelt der Gleichaltrigen war ihr verschlossen
Weitere Kostenlose Bücher