0739 - Varneys Rache
Bürgermeister mit zahlenmäßiger Überlegenheit einzuschüchtern. Er würde auch so schon nicht besonders kooperativ sein, vermutete der Dämonenjäger.
Das Haus lag in vollkommener Dunkelheit. Die der Straße zugewandten Fenster waren fest verrammelt. Kein Lichtstrahl drang durch die Ritzen nach draußen. Vielleicht war der Bürgermeister schon zu Bett gegangen. Zamorra störte das nicht. Er klopfte laut und vernehmlich an die Tür.
Nichts geschah.
Er klopfte noch einmal. Und noch einmal. So lange, bis er schließlich schlurfende Schritte hörte und eine Stimme, die nach Alkohol und leichter Hysterie klang, fragte: »Wer ist da?«
»Meine Name ist Professor Zamorra, ich…«
»Verschwinden Sie!«
»Ich muss mit Ihnen reden, Herr Bürgermeister. Es geht um Varney.«
»Was?«
Die Stimme klang ehrlich schockiert. Dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss, Riegel wurden zurückgeschoben und die Tür öffnete sich. Ein alter Mann im Morgenmantel stand in dem schwach beleuchteten Flur. Früher mochte er einmal auf eine robuste Art gut ausgesehen haben, doch das Alter in Kombination mit zu viel gutem Essen und zu viel Alkohol hatte seinen Zügen alles Verbindliche genommen.
Constantin Niculescu schwankte leicht und hatte eine Fahne.
Er war nicht der Einzige, der seine Ängste in der Nacht, mit Alkohol zu betäuben versuchte, dachte Zamorra.
Aber es würde ihm kaum etwas nützen.
»Was wollen Sie?«, fragte der Bürgermeister. Während er sprach, schienen ihm die Worte zu entgleiten. Er fing sie mühsam wieder ein und spuckte sie Zamorra ins Gesicht.
Ungebeten trat der Parapsychologe ein und schloss die Tür.
»Ich bin bewaffnet«, sagte Constantin Niculescu und zog einen alten russischen Armeerevolver aus der Tasche seines Morgenmantels.
»Ich bin nicht ihr Feind, Niculescu. Und gegen den, der es ist, hilft auch der Schießprügel nicht viel.«
»Was wissen Sie davon?«, fragte der Bürgermeister, ließ die Waffe wieder in der Seitentasche verschwinden und schlurfte in Richtung Wohnzimmer, das als einziger Raum hell erleuchtet war. Der Parapsychologe folgte ihm einfach.
Das Haus war fast schon luxuriös eingerichtet, zeigte aber deutliche Spuren von Verwahrlosung. Schmutziges Geschirr bedeckte die für die meisten Dorfbewohner vermutlich unerschwinglichen Möbel, und es war schon eine ganze Weile nicht mehr gewischt oder gefegt worden. Den Spinnweben nach zu urteilen war das Haus das reinste Paradies für achtbeinige Krabbel viecher.
Constantin Niculescu schwankte direkt zu einer kleinen Hausbar, an der er sich offenbar im Laufe des Abends bereits großzügig bedient hatte. Mehrere benutzte Gläser standen herum. Leere Flaschen lagen achtlos liegen gelassen auf dem Tresen. Vermutlich hatte er auch hier das Aufräumen längst aufgegeben.
Der alte Mann nahm wahllos eines der gebrauchten Gläser und füllte es randvoll mit Wodka. Er bot Zamorra nichts an. Im Hintergrund plärrte der Fernseher, doch niemand beachtete ihn.
»Sie verdanken Ihre Macht und Ihren Wohlstand dem Verrat an Varney«, sagte Zamorra. Es kam ihm immer noch komisch vor, die Auslieferung eines Vampirs als Verrat zu bezeichnen. »Wie es aussieht, hat die Hölle ihn wieder ausgespuckt. Wenn er Sie besuchen kommt, dann bestimmt nicht, um Ihnen Blumen oder Konfekt zu bringen.«
Der Bürgermeister starrte Zamorra dumpf an.
»Er wird Sie umbringen!«
Niculescu kicherte plötzlich los, als habe Zamorra etwas unglaublich Lustiges gesagt.
»Und Sie können mich schützen, ja?«, gluckste der alte Mann und nahm einen kräftigen Schluck. »Ich sag Ihnen was. Dieser Varney existiert überhaupt nicht. Wir leben im 21. Jahrhundert. Wir mögen hier in Siebenbürgen ja etwas rückständig sein, aber so rückständig, dass wir noch an dieses Altweibergeschwätz glauben, sind wir ganz bestimmt nicht. Vampire!« Der alte Mann hatte sich in Rage geredet. »Vielleicht gab es einen Varney, vielleicht auch nicht. Aber wenn, dann liegt er längst zwei Meter unter der Erde. Und von dort kommt niemand zurück. Niemand! Niemals!«
»Sagen Sie ihm das, wenn er vor Ihnen steht und Ihr Blut will«, entgegnete Zamorra lakonisch.
Niculescu schluckte. Dann zog er mit dramatischer Geste den Revolver aus dem Morgenmantel.
»Ich will nichts mehr hören«, zischte er. »Raus, verschwinden Sie.«
»Seien Sie vernünftig«, versuchte Zamorra ihn zu beschwichtigen. »Ich kenne mich mit übernatürlichen Gegnern aus. Ich kann Ihnen helfen.«
Niculescu hob den
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