0739 - Varneys Rache
hielt Zamorra wie ein Kind fest gepackt. Mit katzengleicher Eleganz kam der Vampir direkt vor ihr auf dem Boden auf. Hinter ihm brach mit lautem Krachen der Rest des Daches in sich zusammen.
Zwei rot glühende Augen schienen direkt in Nicoles Seele zu blicken.
»Dein Gefährte spielt mit dem Feuer«, sagte er leise. »Er sollte aufpassen, dass er sich nicht die Finger verbrennt.«
Diese Stimme! Sie hatte etwas Hypnotisches. Nicole, die vor langer Zeit vorübergehend selbst zum Vampir geworden war, konnte plötzlich verstehen, warum sich so viele Menschen von diesem charismatischen dunklen Engel angezogen fühlten. Schnell drängte sie den Gedanken beiseite.
An einen Blasterschuss war nicht zu denken. Zamorra befand sich direkt zwischen Vamey und ihr. Besorgt sah Nicole ihren Freund und Kampfpartner an.
War er…?
Nein, er atmete, stellte sie beruhigt fest. Varney gab ihm einen Stoß. Benommen stolperte Zamorra auf seine Partnerin zu. Nicole fing ihn auf und blickte sofort wieder hoch.
Doch Varney war verschwunden.
»Chef…«
»Mir geht es gut«, krächzte Zamorra. »Er hat mir das Leben gerettet.«
Nicole starrte in die Dunkelheit, in die Varney verschwunden war. »Das ist der verdammt merkwürdigste Vampir, der mir je begegnet ist!«
***
Am Morgen war das Feuer weitgehend unter Kontrolle. Nur hierund da schwelten noch ein paar Brände, die aber niemand mehr zu löschen versuchte.
Das Dorf war zerstört.
Die Vampire waren geschickt vorgegangen und hatten die Feuer genau so gelegt, dass sie den größtmöglichen Schaden angerichtet hatten. Erstaunlicherweise war außer dem Bürgermeister niemand ums Leben gekommen. Oder war das Absicht?
»Das ist die Politik der verbrannten Erde«, murmelte Zamorra bitter. »Sie haben die Menschen geschont, aber ihnen ihre Lebensgrundlage genommen.«
Die Dämonenjäger saßen mit den anderen Dorfbewohnern bei einem improvisierten Frühstück in der Schule. Das barackenähnliche Gebäude stand etwas abseits und war von den Flammen verschont geblieben. Die obdachlos gewordenen Einheimischen fanden hier, sofern sie nicht bei Verwandten Unterkommen konnten, eine vorläufige Unterkunft.
Bis in die Morgenstunden hatten Zamorra und Nicole geholfen, das Feuer zu bekämpfen. Jetzt waren sie erschöpft und hungrig.
»Was meinte er mit Wegzehrung«, fragt Nicole nachdenklich und biss in einen Kanten Brot, der mit Käse belegt war.
»Es ist noch nicht zu Ende«, sinnierte Zamorra und starrte in seinen Kaffee. »Seine Rache ist noch nicht erfüllt.«
»Aber er sagte doch…«
»Erinnere dich daran, wie die Geschichte damals weiterging.«
»Das verschollene SS-Kommando«, sagte Nicole aufgeregt und verschluckte sich fast dabei.
Zamorra nickte. »Ich würde mich nicht wundern, wenn es bald wieder auftaucht.«
***
Nachdem sie gefrühstückt hatten, gingen die beiden Franzosen zum Gasthaus, das wie durch ein Wunder verschont geblieben war. Nur die Fassade war etwas angekokelt. Ihr Auto hatte es allerdings erwischt. Ein brennender Mast war direkt darauf gefallen und hatte es unter sich begraben. Tendyke Industries würde den Verlust verschmerzen können.
In ihrem Zimmer packten Zamorra und Nicole eilig ihre Sachen zusammen. Die Schlacht war verloren, doch der Kampf ging weiter. Aber wo? Das war die entscheidende Frage.
»Wir brauchen einen Computer«, sagte Zamorra.
»Dürfte schwierig werden in diesem mittelalterlichen Nest. Selbst wenn es hier einen gegeben haben sollte, dürfte der gestern Nacht zu Asche verbrannt sein. Es sei denn, der liebe Eginald surft gerne mal nachts durchs Internet.«
»Unwahrscheinlich«, räumte Zamorra ein.
»Was ist mit der Burg?«, meinte Nicole. »Christine Mertens hatte ein Notebook. Vielleicht war das nicht der einzige Rechner da oben.«
»Wäre einen Versuch wert«, stimmte der Parapsychologe zu.
Sie zahlten ihre Rechnung bei der völlig aufgelösten Wirtin. Frau Behr war heilfroh, die Ausländer los zu sein. So konnte sie das Zimmer einigen der Dorfbewohner geben, die durch das Feuer ohne Bleibe waren.
Zamorra gab ein äußerst großzügiges Trinkgeld und kam sich trotzdem schäbig vor. Was waren die paar Kröten schon gegen das, was die Dorfbewohner in einer einzigen Nacht verloren hatten? Von dem Schlag würde sich der Ort nicht mehr erholen. Vor die Wahl gestellt, entweder alles neu aufzubauen, um weiter ihr kärgliches Dasein zu fristen, oder in der Stadt ganz neu anzufangen, würden viele wahrscheinlich die zweite Alternative
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