0740 - Todesgruß der Templer
»Ich erwähnte ja bereits, daß für uns die Vergangenheit wichtig ist.«
»Die ist aber gewaltig«, hielt ich ihm vor.
»Das weiß ich, das wissen wir. Deshalb haben wir uns auch nur einen Teilbereich vorgenommen. Wir wissen aber auch, daß wir nicht einmalig sind, daß es Menschen gibt, die ähnlich denken wie ich, die sich sogar intensiver mit dieser Forschung beschäftigten, die sich dem früheren Leben des Ordens annähern, aber uns ist ferner bekannt, daß es noch eine dritte Gruppe gibt, die die langen Jahrhunderte überlebt hat. Eine Gruppe, die töten will, die den Haß sät, Sie verstehen…?«
»Sehr gut sogar«, erwiderte ich, wobei ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte.
Das wunderte ihn. Ellroy schaute mich erstaunt an. »Sie reden, als wären Sie informiert.«
»Ich kann nur raten, glaube aber, mit meiner Vermutung richtig zu liegen.«
»Dann reden Sie!«
»Es sind die Templer«, sagte ich nur.
***
Sir Dean Ellroy gab mir keine Antwort. Er zeigte auch nicht, ob er überrascht war oder nicht. Er saß einfach da und dachte nach. Ich ließ ihm auch die Zeit.
»Stimmt es?« fragte ich nach einer Weile.
»Sie wissen viel, Mr. Sinclair. Ich wundere mich darüber. Es gibt nur wenige Menschen, die darauf gekommen wären. Schließlich laufen Templer nicht herum und geben ihr ›outing‹ bekannt.«
»Das ist richtig, Mr. Ellroy. Aber seien Sie versichert, daß Sie bei mir an der richtigen Adresse sind. Ich kenne die Templer. Ich habe oft mit ihnen zu tun. Mir sind die Probleme bekannt. Ich bin auch ein Freund dieser Gruppe. Ich habe selbst Freude unter ihnen. Unter den Menschen, die so leben, wie es vor langer Zeit die Templer taten. Natürlich nicht genauso, das ist klar. Aber sie wissen sehr gut, daß es die zweite Gruppe um Baphomet gibt, daß diese versucht, alle Macht zu übernehmen, so daß der Zwang entstand, ein Gegengewicht zu bilden. Ich möchte nicht auf Einzelheiten eingehen, sie gehören nicht hierher. Aber glauben Sie mir, daß ich schon sehr viel erlebt habe, denn auch ich habe eine bestimmte Vergangenheit.«
»Daß wußte ich nicht«, flüsterte er.
»Es ist aber so.«
»Dann stehen Sie unserer Bruderschaft nicht feindlich oder skeptisch gegenüber?«
»Warum sollte ich das?«
»Ja«, murmelte er gedankenversunken. »Warum sollten Sie das auch, Mr. Sinclair.« Er kam mit den Tatsachen noch immer nicht zurecht und betonte mehrere Male, daß er davon nichts gewußt hatte.
Es war ihm einfach zu ungeheuerlich.
Ich brachte den Fall wieder auf den Punkt. »Wer, Mr. Ellroy, sind Ihre Feinde?«
»Die anderen.«
»Baphomet?«
Er nickte zögernd. »Natürlich gibt es keinen hundertprozentigen Beweis. Ich habe ihn auch nie gesehen. Er ist für uns der Teufel, für die anderen Templer, die den falschen Pfad gewählt haben, ist er so etwas wie ein Gott.«
»Das kann ich bestätigen. Man nennt ihn auch den Dämon mit den Karfunkelaugen.«
»Auch das wissen Sie?«
Ich winkte ab. »Lassen wir das, Mr. Ellroy. Gehen Sie einfach davon aus, daß ich mit der Materie vertraut bin. Was war mit dem Dolch, der Sie verletzt hat? In welchem Zusammenhang steht er mit Ihrer Bruderschaft? Er will sie durch Morde auseinanderreißen, nicht wahr?«
»So ist es.«
»Dafür muß es einen Grund geben.«
»Ja, Mr. Sinclair, es gibt ihn. Aber er liegt tief, sehr tief in der Vergangenheit begraben. Dazu müßte ich mit der Zeit anfangen, als die Templer versuchten zu retten, was noch zu retten war. Sie wurden verfolgt. Sie wissen dann auch, daß Papst Clemens der Fünfte zusammen mit König Phillip dem Schönen die Templer vernichten wollte, um an ihre Schätze zu gelangen, denn Kirche und Staat hatten damals abgewirtschaftet. Sie waren in eine Finanzkrise größten Ausmaßes hineingerutscht.«
»Das ist mir alles bekannt.«
»Dann kann ich die Historie überspringen?«
»Sehr gern.«
»Gut, kommen wir zum eigentlichen Thema, das allerdings auch mit der Vergangenheit zu tun hat. Der offizielle Klerus konnte nicht aller Templer habhaft werden. Man hat zwar ihre Anführer offiziell verbrannt, aber das hinderte zahlreiche Templer nicht an der Flucht. Sie waren vorher gewarnt worden. Sie hatten die Zeichen der Zeit erkannt, und sie handelten wie man handeln muß, glaube ich. Sie charterten Schiffe, brachten ihre Schätze in Sicherheit, um sie in anderen Ländern verstecken zu können. Unter anderem auch in der Neuen Welt.«
»Das ist mir bekannt«, sagte ich und dachte an den Fall, den ich in
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