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0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick

0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick

Titel: 0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Nachbarabteils schauen konnte. Und dahinter hielt sich Dagmar auf. Sie sah er ebensowenig wie den Mann, der nahe der Tür stand und sich dabei unter dem Licht aufhielt. Nur sein Schatten fiel auf den Boden und verlief schließlich nahe des Fensters.
    Den Zug störte das alles nicht. Er rollte auf seinem Gleis störungsfrei durch die Nacht, wie durch einen nie abreißenden Tunnel ohne Lichter.
    Die Zeit verging.
    Elohim hörte den Mann heftig atmen. Er stand unter einem ungemein starken Druck. Auf ihm ruhte eine gewaltige Verantwortung, und er ließ den Jungen nicht aus den Augen.
    Der wiederum gewöhnte sich allmählich an die Lage. Seine erste Furcht war verschwunden und hatte einer gewissen Neugierde Platz geschaffen. Vor allen Dingen deshalb, weil er mehr über sein Schicksal zu wissen schien als er selbst.
    Er hieß Elohim.
    Früher hatte man ihn wegen dieses Namens gehänselt, sich dann jedoch daran gewöhnt. Er hatte immer geahnt, daß dieser Name etwas Besonderes bedeuten mußte, und nun wußte der Junge Bescheid. Auf dem Bahnsteig hatte es ihm die alte Frau gesagt.
    Elohim, der Gott, der Götze…
    Aber jetzt lag er auf dem Bett, ohne etwas zu tun. Er wirkte, wie im Schlaf erstarrt, das jedoch war ein Irrtum. Je mehr Zeit verging, um so lockerer nahm er sein Schicksal.
    Die erste Furcht war verflogen. Wenn er tatsächlich etwas Besonderes war und über den anderen stand, dann brauchte er sich auch keine Gedanken zu machen.
    Er war zu etwas Höherem ausgesucht worden…
    Das hatte ihm Dagmar zwar nicht direkt gesagt, es aber irgendwie zu erkennen gegeben und ihm erklärt, daß er so etwas wie ein König werden würde. Er war jetzt alt und reif genug, um dies alles überstehen zu können. Von nun an mußte er Verantwortung tragen.
    Das würde ihm nicht schwerfallen. Im Internat war er der intelligenteste Schüler gewesen. Er hatte alle anderen in seiner Altersstufe längst hinter sich gelassen und verfügte bereits über das Wissen eines Abiturienten, der eine hervorragende Prüfung abgelegt hatte.
    Er war außergewöhnlich.
    Und er mußte Helfer haben, die ihn beschützten, denn davon hatte Dagmar auch gesprochen. Aber konnten ihn die auch vor einer Kugel in Schutz nehmen, die seinen Kopf oder den Rücken traf?
    Da war er doch sehr unsicher, und deshalb verstärkte sich das Gefühl der Angst noch. Zudem hatte der Mann gesagt, daß sie das Ziel in ungefähr einer Viertelstunde erreicht haben würden.
    »Dann werde ich dich verlassen«, fügte er flüsternd hinzu. »Und ich werde einen Toten verlassen.«
    »Überlegen Sie es sich doch!«
    »Nein! Es ist schon alles gedacht worden. Wir haben auch die richtigen Schlüsse gezogen.«
    Elohim schwieg.
    Aber es hatte sich etwas verändert. In seinem Innern spürte er den Aufruhr. Eine andere Kraft machte sich bemerkbar. Sie stärkte ihn, und hinter den Augen spürte er den Druck.
    Er schloß sie, weil er Furcht davor hatte, daß dieses helle Licht abstrahlen und den Mann warnen konnte. Seine Stirn preßte er gegen das Kissen, dachte intensiv an seine Gouvernante Dagmar und daran, daß sie ihm helfen mußte.
    Beide hörten das Klopfen.
    Und beide schraken zusammen, wenn auch aus verschiedenen Motiven. Der Mann deshalb, weil das Geräusch aus dem Nachbarabteil gedrungen war und er sich vorstellen konnte, wer es abgegeben hatte, der Junge allein aus dem Grund der Hoffnung, denn Dagmar schien bemerkt zu haben, was sich in dem anderen Abteil abspielte.
    Da der Fremde nichts sagte, sprach Elohim. »Ich bin nicht allein gefahren. Man hat bemerkt, daß…«
    »Ja, ich weiß.«
    »Dann müssen Sie auch Dagmar umbringen.«
    Der andere war still. Er schien tatsächlich über den Vorschlag nachzudenken. Und er mußte auch eine Möglichkeit finden, der Klemme zu entwischen.
    Es klopfte wieder.
    Dann hörten sie sogar die Stimme. »Elohim, was hast du? Bist du da? Ich habe dich reden gehört…«
    Der Junge wollte eine Antwort geben, aber der Mann war schneller. Als er sich bewegte, zuckte auch sein Schatten über den Boden, und einen Moment später spürte Elohim den kalten Druck der Waffenmündung an seiner Schläfe. »Einen Ton, und ich schieße dich tot!«
    Er schwieg.
    Sekunden verstrichen.
    Der Zug rollte weiter. Ihm war es egal, welche Schicksale sich in dem Wagen abspielten. Er hörte und sah nichts.
    »Gib Antwort, Junge!«
    Der Mann verstärkte den Druck.
    Elohim blieb ruhig.
    »Ich warne dich. Wenn du einen Ton von dir gibst, bringe ich dich sofort um.«
    Er deutete ein

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