0744 - Die Verwandlung
alles verlorengegangen ist. Er ist zwar etwas Besonderes, aber letztendlich kein Erwachsener. Darauf muß ich Rücksicht nehmen.«
»Wie lange wird es ungefähr dauern?«
»Ich weiß nicht, wie überzeugend ich sein werde. Rechne mit einer halben Stunde. Wo kann ich dich erreichen?«
»Ich bleibe in meinem Zimmer.«
»Die Nummer kenne ich.«
Ich grinste nur schief, als sie mir das sagte. Es waren auch die letzten Worte gewesen, denn sie drehte sich um und ging davon. Dabei sah sie aus, als würde sie über dem Boden schweben, um in irgendeine tiefe Dunkelheit zu entweichen, denn den Schein der Notbeleuchtung hatte sie rasch hinter sich gelassen.
Konnte ich ihr trauen?
Ich wußte es beim besten Willen nicht. Und die Gefühle hatten sich, in mir zu einem Tornado entwickelt.
Als ich Francas Zimmertür schloß, kam ich mir vor, als hätte ich den Sargdeckel über sie gestülpt.
Dann ging ich.
Meine Gedanken aber drehte sich um ihren Mörder…
***
Der Frau fiel ein Stein vom Herzen, als sie dieses Gespräch mit dem Geisterjäger hinter sich gebracht hatte. Es hätte auch anders ausgehen können, denn mit Sinclair war nicht zu spaßen, und er war ein Feind der finsteren Mächte.
Aber er hatte sich kooperativ gezeigt, auch wenn es ihm sichtlich schwergefallen war.
Sie und die anderen hatten keine Zimmer bewohnt, sondern die größte Suite in der zweiten Etage gemietet. Sie bestand aus mehreren Räumen, die miteinander verbunden waren, und als Dagmar sie aufschloß, überkam sie sofort das Gefühl der Furcht.
Hier stimmte etwas nicht…
Sie blieb stehen, drehte sich und schaute in verschiedene Richtungen, wobei nur zwei einsame Wandleuchten ihren dünnen Lichtschein abgaben.
Es war niemand da.
Zwar konnte Dagmar nicht alle Räume überblicken, sie verließ sich einfach auf ihr Gefühl, und das hatte sie so gut wie nie getrogen. Hier tat sich nichts.
Wo steckte Elohim?
Über ihren Rücken rann ein Frösteln. Sie wollte es trotzdem genau wissen, deshalb mußte sie auch die anderen Räume der Suite durchsuchen.
Elohim war nicht da.
Weder im Salon, in den beiden Schlafräumen noch im geräumigen Bad oder in der abgeteilten Toilette.
Seine Spur hatte sich verloren…
Das Licht brannte jetzt heller. Im Salon blieb die Frau nachdenklich stehen und schaute gegen die langen Stores, die beide Fenster verdeckten.
Warum war er nicht hier? Sie hatte ihm extra aufgetragen, wieder zurück in die Suite zu gehen und dort auf sie zu warten. Nun war Elohim nicht gekommen, und seine Gouvernante grübelte natürlich über die Gründe nach.
Bisher war es noch nicht vorgekommen, daß er ihren Anordnungen nicht Folge geleistet hatte. Er hatte auch nie Fragen gestellt oder sich verstockt gezeigt, sondern hatte immer das getan, was von ihm verlangt worden war. Deshalb verstand sie seine Reaktion nicht, und aus diesem Grunde kam nur eine Möglichkeit in Betracht.
Der Feind war schneller gewesen.
Nicht Sinclair, sondern die Kreatur der Finsternis, die sich auf ein raffiniertes Spiel eingelassen hatte und dessen Erfolg nun auf der Kippe stand.
Sie versuchte sicherlich zu retten, was noch zu retten war, und das ging eben nur, wenn sie bestimmte Zeugen gewaltsam beseitigte. Selbst Dagmar fröstelte, als sie daran dachte. Obwohl die kaum Angst kannte, fühlte sie sich plötzlich sehr bedrückt und von zahlreichen Feinden umzingelt.
Dabei war es nur einer…
Aber wo konnte sich Elohim verbergen? Sie mußte mit ihm Kontakt aufnehmen. Erst wenn sie wußte, wo er sich befand, hatte es Sinn, John Sinclair zu informieren.
Im Laufe der Jahre war zwischen den beiden ein besonderes Verhältnis entstanden. Es war zwar nicht so, daß der eine genau wußte, was der andere dachte, aber viel fehlte nicht. Beide hatten es öfter geprobt und auch geschafft, auf geistigem Wege miteinander Kontakt aufzunehmen.
Das konnte jetzt möglicherweise lebensrettend für den Jungen werden. Dagmar ging zum Schalter und löschte die Hauptleuchte der beiden Lampen. Sie ließ nur ein Licht brennen, setzte sich dabei auch so hin, daß sie nicht dagegen schaute, weil sie auf keinen Fall aus ihrer Konzentration gerissen werden wollte.
Der Sessel war weich und nur beim ersten Hinsetzen bequem. Später sehnte man sich dann nach einer härteren Unterlage, aber das machte ihr nichts aus.
Wichtig war, daß sie nicht gestört wurde.
Dagmar schloß die Augen.
Was ihr in der letzten Zeit leichtgefallen war, verursachte nun gewisse Schwierigkeiten, denn sie
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