0744 - Die Verwandlung
schaffte es einfach nicht sofort, die Verbindung zu Elohim aufzubauen.
Es gab zu viele Störungen.
Möglich, daß es auch an ihr lag, weil ihr einfach die innere Ruhe fehlte.
Dagmar nahm einen erneuten Anlauf. Sie tat das, was sie als ein Absacken bezeichnete. Sie versank in Trance, und sie hielt die Augen dabei halb geschlossen. Sie konzentrierte sich einzig und allein auf Elohim und versuchte, dank ihrer eigenen Kräfte, seine Strahlung aufzufangen.
Gelang es?
Dagmars Atem flachte ab. Dabei schien sich auch die Haut zu verändern, weil sich das Blut verlagerte. Ihr Gesicht wirkte weich, obwohl sie all ihre telepathischen Kräfte mobilisierte, denn nie war der Kontakt so wichtig gewesen wie an diesem späten Abend.
Sie kam nicht durch.
Die Qual darüber zeichnete ihr Gesicht. Die Haut zuckte, Falten entstanden und hinterließen im Fleisch sogar tiefe Gruben. Aus ihrem halb geöffneten Mund strömte der Atem, und plötzlich zuckte der Körper zusammen, bevor er sich aufbäumte.
Es war Dagmar gelungen, einen Kontakt herzustellen.
Sie hatte ihn jetzt!
Ruhig, nur ruhig bleiben, hämmerte sie sich ein, gleichzeitig ärgerlich darüber, daß sie der tiefen Trance wieder entwichen war. Noch einmal das gleiche von vorn. Wieder die heftige Konzentration, das Lauern auf die Gedanken des anderen, damit er es schaffte, ihr entgegenzukommen und sich artikulieren konnte.
Einen Hinweis brauchte sie nur.
Einen winzigen Tip…
War es möglich?
Wieder zuckte sie zusammen, und plötzlich wußte sie, daß der Kontakt hergestellt worden war.
Elohim »meldete« sich.
Wenn überhaupt, dann war es nur eine sehr schwache Botschaft, die Dagmar übermittelt bekam.
Zunächst jedenfalls konnte sie nichts von dem verstehen, und sie stöhnte aus Enttäuschung auf.
Sie war so nahe am Ziel, so verdammt nahe. Nur noch ein winziges Stück, dann hatte sie es geschafft.
Oder…?
Sie versuchte es weiter und hatte sich dabei nicht aus der Konzentration herausreißen lassen. Es hatte immer geklappt. Ihre Verbindung zu Elohim war sehr intensiv gewesen, und mehr als einmal hatten sie sich auf geistiger Ebene getroffen.
Klappte es diesmal nicht?
Hatte der Killer, dieses mächtige Wesen der Finsternis, eine zu starke Mauer aufgebaut?
Dagmar konzentrierte sich noch einmal. Sie stöhnte dabei auf. Das Gesicht zuckte. Manchmal wirkte die Haut so, als hätte sie sich in eine Maske aus Gummi verwandelt.
Dann spürte sie ihn.
Auch Elohim tastete sich gedanklich in ihre Richtung, leider wieder so schwach, daß sie nichts »verstehen« konnte. Aber sie mußte den Kontakt einfach halten, sie durfte ihn um nichts in der Welt unterbrechen.
War dies möglich?
»Elohim - wo bist du?«
Dagmar kam es vor, den Gedanken hinauszuschreien, damit er alle Hindernisse überwinden konnte, die sich vor ihm aufgebaut hatten. Er mußte ihn einfach erreichen.
»So… kalt… Tod…«
Das war er! Himmel, er hatte sich gemeldet, aber seine Antwort jagte ihr Furcht ein.
Wieso Tod?
Und sie »fragte« ihn noch einmal. Bat um eine Antwort. Wollte sie haben, um ihm helfen zu können und um letztendlich stärker zu sein als der endgültige Tod.
Und sie bekam die Nachricht. Diesmal so deutlich, daß sie diese auch verstehen konnte.
»Keller…«
Das war die Lösung. Sie wollte mehr wissen, denn der Keller des Hotels war sehr groß. Er unterteilte sich in verschiedene Räume und war zudem berühmt für sein Weinlager. Es sollte das größte im Kanton Graubünden sein.
Plötzlich war die Verbindung weg. Einfach gestört, als wäre der Blitz in eine Leitung gefahren.
Nichts mehr konnte sie erfahren. Es war bei dieser einen konkreten Antwort geblieben.
Der Keller also!
Dagmar richtete sich auf. Erst jetzt spürte sie, daß der Schweiß ihren gesamten Körper bedeckte. Er lag auf der Haut wie eine kalte Schicht aus Leim.
Sie mußte zunächst zu Atem kommen und sich dann an John Sinclair wenden. Dagmar konnte nicht sagen, wieviel Zeit vergangen war, denn dieses Gefühl hatte sie verloren.
Mit wackligen Knien stand sie auf. Das Zimmer drehte sich vor ihren Augen, trotzdem sah sie genau, wo eines der Telefone stand. Das nächste befand sich nahe eines Zweisitzers und stand auf einer Kommode, die leicht glänzte.
Sie ließ sich nieder. Neben dem Telefon lag ein kleiner Block. Dazu der Kugelschreiber. Dagmar wußte selbst nicht, weshalb sie die Antwort auf den Zettel schrieb, sie erkannte jedoch an ihrer Schrift, daß die Hand stark gezittert hatte.
Die Finger
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