0748 - Horror im Hexenhaus
rostrote Flecken hinterlassen.
Sheila wollte nicht daran denken, sie wollte sich etwas bestimmtes nicht vorstellen. Je mehr Knochen sie aus den Töpfen hervorholte, um so stärker sah sie sich gezwungen über einen bestimmten Punkt nachzudenken. Es war eine für sie nicht mehr zu leugnende Tatsache. Wessen Reste sie auch immer in diesem Gartenhaus gefunden hatte, eines jedenfalls stand fest.
Die Person war auf schreckliche Art und Weise umgebracht worden. In einem wahren Anfall von Haß hatte sich jemand auf sie gestürzt und sie regelrecht zerhackt.
Ihr Herz schlug schneller, als sie daran dachte. Schon allein deshalb, weil sie sich so etwas kaum vorstellen konnte, aber Sheila hielt durch. Sie konnte jetzt nicht aufhören, denn noch fehlte eigentlich das wichtigste Teil.
Der Schädel!
Nach ihren bisherigen Erfolgen mußte sie davon ausgehen, daß sie ihn noch irgendwo fand.
Nahezu hektisch suchte Sheila Conolly weiter. Die Angst war vergessen. So etwas wie eine wilde Lust hatte sie überkommen, Jagdfieber hielt sie gepackt, obwohl ihr klar war, wie schrecklich ein derartiger Schädel aussehen mußte.
Es machte ihr nichts aus.
Sheila hatte sich längst den dritten Topf vorgenommen, nur den oberen Teil der Erde mit Hilfe der Schaufel gelockert, damit sie mit den Händen den Inhalt durchwühlen konnte. Dabei ging sie behutsam zu Werke, denn sie wollte auf keinen Fall etwas zerstören. Wenn ein Schädel vorhanden war, dann sollte er ihr als Ganzes in die Hände fallen und nicht nur teilweise.
Plötzlich stoppten ihre Bewegungen.
Sie hatte etwas gefühlt.
Sheilas Zunge fuhr über die Lippen und feuchtete sie an. Der Mund war trocken wie altes Laub geworden.
In der Erde steckte etwas. Und sie konnte es bereits fühlen. Sie hatte sogar den richtigen Griff angesetzt, als wären ihre Hände dabei gelenkt worden.
Zwischen den Handflächen spürte Sheila etwas Glattes, das eine relativ runde Form besaß. Bis über die Gelenke hinweg waren ihre Arme im Erdreich verschwunden. So sehr die Zeit auch drängte, Sheila überhastete nichts und hob den Gegenstand behutsam an.
Ja, es klappte.
Zentimeter für Zentimeter zog sie ihn aus dem klumpigen Erdreich hervor und dachte daran, wie er nach all dieser Zeit wohl aussehen mochte. Einige Bilder zuckten vor ihren Augen auf, die schnell wieder verschwunden waren.
Sheila stellte sich einen alten Totenschädel vor, auf dem noch das Haar wie graue Putzwolle klebte, dessen eigentlich leere Augenhöhle mit feuchter Erde gefüllt waren, durch die Würmer, Maden und Spinnen krochen.
Dann endlich lag er frei.
Nichts von dem stimmte, was sie sich in ihrer Phantasie ausgemalt hatte.
Es war alles anders.
Und trotzdem schrecklich.
Sie hielt einen Schädel in der Hand, der einfach furchtbar aussah. Das Gebein zeigte eine schmutziggraue Farbe. Es war an der Oberfläche rissig, und in diese feinen Haarrisse hinein hatte sich Erde abgesetzt.
Das war es nicht, was sie erschreckte.
Auch nicht die leeren Augenhöhlen und nicht der irgendwie grinsend wirkende Gesichtsausdruck.
Eine andere Tatsache bereitete ihr Angst. Sie wußte jetzt, wie diese Person ums Leben gekommen war. Und ihre erste Annahme hatte sich bestätigt. Diese Person war tatsächlich zerhackt worden, was sich auch am Schädel zeigte.
Von der Stirn her bis zum lippenlosen Rand des Mauls klaffte ein Vförmiger Spalt.
Jemand hatte der Person mit einem scharfen Gegenstand - einem Beil oder einer Axt - den Kopf gespalten!
***
Sir James, unser Chef, kannte sich zwar aus, was den britischen Adel und dessen Derivate anging, doch wir benötigten einen Spezialisten, denn auf unsere Bitten hin hatte der Superintendent nur die Arme gehoben und aufgestöhnt.
»Das können Sie nicht von mir verlangen.«
»Wir müssen aber weiterkommen«, drängte ich.
»Sehe ich ein.«
»Können Sie uns da helfen, Sir?« erkundigte sich Suko.
»Lassen Sie mich nachdenken.« Sir James wanderte in seinem Büro auf und ab, was er eigentlich selten tat. In diesem Fall zeugte es wohl von seiner guten Laune. Manchmal huschte sogar ein Lächeln über sein Gesicht, hin und wieder rieb er seine Hände, so daß Suko und ich uns aus großen Augen verständnislos anschauten.
Schließlich kehrte er wieder an seinen Schreibtisch zurück und nahm dort Platz. »Ich denke schon, daß ich Ihnen auch hierbei behilflich sein kann.« Er hatte einen Klang in seine Stimme gelegt, als hätte er soeben Millionen gewonnen.
»Wie denn?«
»Es gibt da einen Mann,
Weitere Kostenlose Bücher