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0748 - Maori-Zauber

0748 - Maori-Zauber

Titel: 0748 - Maori-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Austin Osman
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Huysmans drückte ächzend seine Finger hinein, tastete nach einem Verschluss. Weiter unten fühlte er so etwas wie einen Riegel. Er schob und zerrte, vergaß die Schmerzen und spannte die Muskeln mit aller Macht.
    Plötzlich sprang eine schmale Tür auf.
    Joris Huysmans zog den Kopf ein und zwängte sich durch den engen Durchgang.
    Schwer atmend richtete er sich auf.
    Der Raum, in dem er nun stand, hatte etwa dieselben Ausmaße wie der angrenzende Saal, aus dem Huysmans gekommen war. Durch die schmutzigen Scheiben fiel das graue Winterlicht, in den Ecken hingen verstaubte Spinnweben.
    Eine erste Enttäuschung befiel Joris Huysmans. Der Raum war beinahe leer. Nur in der Mitte stand ein großer Tisch.
    Während der-Wissenschaftler darauf zuschritt, registrierte er drei Gegenstände, die wie die Eckpunkte eines gleichseitigen Dreiecks auf dem Tisch lagen.
    Leise und vorsichtig, als befürchtete er, jemanden auf sich aufmerksam machen zu können, trat Huysmans näher und betrachtete die Gegenstände. Es handelte sich um einen Stab, den er schnell als Häuptlingsstab identifizierte. Er lag knapp an der Tischkante und markierte den obersten Punkt des Dreiecks. Unter ihm lagen ein Holzdolch und ein eiförmiger, etwa doppelt faustgroßer Gegenstand.
    Man hatte sich bei den anderen Kunstwerken der Sammlung wenig Mühe mit der Konservierung gegeben, doch diese drei Dinge waren in bestem Zustand. Sogar der Staub schien sie zu verschonen.
    Nach einiger Zeit fiel Huysmans noch etwas auf: So wie diese Gegenstände auf dem Tisch platziert waren, blieb noch Platz für einen vierten.
    Wie lange er dort so gestanden und die Dinge betrachtet hatte, konnte Huysmans später nicht sagen.
    Irgendwann wurde ihm die Stille wieder bewusst, es schien keine Außengeräusche zu geben. In seinen Ohren rauschte das Blut, er konnte den eigenen Herzschlag vernehmen. Und da war wieder dieses Pochen, dieser hastige Trommelschlag, von dem er in der Nacht geglaubt hatte, er käme von der Wasserleitung. Jetzt hielt Huysmans es für möglich, dass das Geräusch aus diesen drei Maori-Kunstwerken kam.
    Er berührte den ovalen Gegenstand - und zuckte sofort wieder zurück. Da war kein Schmerz, aber für eine Sekunde entstand in seinem Geist ein Bild, das in seiner Lebendigkeit erschreckend war.
    Langsam schmolz Huysmans Enttäuschung und wandelte sich in Triumph. Doch das Siegesgefühl kam nicht aus seinem Inneren, sondern wurde durch eine Kraft von außen hervorgerufen, die ihn zu ihrem Werkzeug machte.
    Ein Geräusch hinter ihm ließ Huysmans herumfahren.
    »Respekt«, sagte der Graf Florace des Esseintes und schürzte mit übertriebener Mimik die Lippen. »Sie haben das geschafft, Huysmans, was mir seit meiner Kindheit nicht vergönnt war. Sie haben das Kabinett meiner Ahnen geöffnet.«
    Der Graf stand neben dem schmalen Durchlass, durch den gerade Antun in den Raum glitt.
    »Es war nicht allzu schwer.« Huysmans Stimme war fest und klar und schien eine Spur tiefer und rauer geworden zu sein.
    Des Esseintes, der diese Veränderung nicht bemerkt hatte, blickte zu seinem Diener Antun.
    »Diese Bescheidenheit«, flötete der Graf ironisch. »Mein lieber Huysmans, ich sprach nicht über einen blöden Geheimraum und eine lächerliche Geheimtür. Ich sprach über Magie. Sie waren der Erste, der diesen Raum überhaupt entdecken konnte, verstehen Sie? Wir anderen hätten ihn nicht bemerkt, selbst wenn wir die Wände gesprengt hätten und mitten hindurchgelaufen wären.«
    »Wenn dem so ist, bin ich stark beeindruckt von mir«, antwortete Joris Huysmans.
    »Zu Recht«, bestätigte des Esseintes näher tretend.
    Huysmans wich unwillkürlich einen Schritt zurück, stieß an die Tischkante und lehnte nun halb nach hinten gebeugt über der Platte.
    Der Graf reckte den Hals, um die Gegenstände auf dem Tisch betrachten zu können.
    »Schau an, es ist also kein Märchen«, stellte er fest, als er sie erkannt hatte. »Die drei heiligen Gegenstände. Und das Beste ist«, des Esseintes zog aus der Innentasche seines Jacketts einen geschnitzten Stab hervor, »…ich habe genau jenes Stück, das sie zur vollkommenen Vierheit ergänzt.«
    Des Esseintes blieb vor Huysmans stehen und musterte ihn mit seinen entzündeten wasserblauen Augen.
    »Ich schlage Ihnen ein Geschäft vor«, sagte er.
    »Ein Geschäft? Um was geht es, Herr Graf?«
    »Um diese vier Gegenstände. Und um Ihren Bekannten, diesen Professor Zamorra.«
    »Lassen Sie Zamorra aus dem Spiel!«
    »Bitte, Huysmans,

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