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0749 - Hort der Wölfe

0749 - Hort der Wölfe

Titel: 0749 - Hort der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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nadelspitze Dornen über die Haut darunter.
    Und dann biss der Wolf zu.
    Grub seine Zähne durch Jacke und Hemd in Royce Banes Schulter.
    Das war's!, durchfuhr es Bane. Das Vieh beißt mir den Arm ab!
    Er glaubte, Knochen knirschen zu hören, oder wartete darauf, dieses furchtbare Geräusch zu hören, wartete auf den höllischen Schmerz, der damit einhergehen würde. Aber beides blieb aus.
    Mehr noch, die Zähne lösten sich aus seinem Fleisch. Der Wolf ließ von ihm ab. So unvermittelt, als hätte er in etwas Verdorbenes gebissen.
    Und dann sprang der Wolf auf und schien das Interesse an seinem schon sicheren Opfer verlor zu haben.
    Mit zusammengebissenen Zähnen, weil die Schmerzen in seinem Handgelenk und seiner Schulter jetzt bereits hart an der Grenze des Erträglichen lagen, sah Bane auf, sah den Wolf an.
    Sah, wie das Tier einen grotesken Sprung vollführte.
    Hörte, wie etwas durch die Luft sirrte und mit einem dumpfen Laut in einen Baum schlug.
    Sah, wie der Wolf mit gewaltigen Sprüngen davonhetzte, bis das monströse Tier seinen Blicken entschwand.
    Hörte Schritte.
    Sah eine Gestalt, schemenhaft nur, ein tiefenloser Schatten unter Schatten, aber doch deutlich der eines Menschen.
    Dann vergingen Royce Bane Hören und Sehen. Buchstäblich.
    Worüber er sich noch zu wundern imstande war. Weil seine Verletzungen, wie er meinte, allen Schmerzen zum Trotz doch nicht so schwerwiegend waren, dass er ihretwegen ohnmächtig hätte werden müssen.
    Jedenfalls glaubte er das mit seinem letzten Fünkchen Bewusstsein, ehe auch das verlosch…
    ***
    Einen Moment lang war die Versuchung, dem fliehenden Wolf zu folgen, fast übermächtig. Doch dann siegte die Vernunft. Es war zu gefährlich, der Bestie im Dickicht dieser Wälder nachspüren zu wollen. Es würde ihr ein Leichtes sein, ihm irgendwo aufzulauern oder ihn in einen Hinterhalt zu locken und den Spieß umzudrehen und aus ihm, dem Jäger, den Gejagten zu machen.
    Es lohnte sich nicht, dieses Risiko einzugehen. Schließlich ging es hier nicht darum, einen Landstrich von einer Plage zu befreien. Hier ging es nur… ja, um die Erfüllung eines Paktes.
    Eines Paktes, der nicht der seine war, den er aus Loyalität seinem Herrn gegenüber aber zu seinem gemacht hatte.
    Wofür er sich in deñ vergangenen Wochen mehr als nur einmal verflucht hatte, ohne indes wirklich und ernsthaft daran zu denken, diesen Pakt zu brechen.
    Wer wusste schon, zu welch drakonischen Strafen sich die Gewalten, mit denen sie sich eingelassen hatten, hinreißen lassen würden? Was sie bereits angerichtet hatten, diese Mächte, war ja schon grausamer als alles, was er sich bis dahin hatte vorstellen können…
    Vorsichtshalber - vielleicht schlich sich das Ungeheuer ja noch einmal an -legte er einen neuen Bolzen in die handliche Armbrust und spannte die Sehne. Dann warf er einen weiteren sichernden Blick in die Runde, und schließlich ließ er sich neben dem Mann nieder, den der Wolf angefallen hatte.
    Wie tot lag er da, und das Mondlicht, das durchs Geäst auf sein Gesicht fiel, ließ ihn zudem noch leichenblass wirken.
    Aber er lebte.
    Der Jäger berührte ihn, wollte ihn wecken - und erschrak. Unter seiner Hand fühlte er feuchte Wärme.
    Blut.
    Der Mann war verletzt. Nicht schwer, wie es schien. Nicht so, dass er an der Verletzung sterben würde. Was vielmehr sein Pech als sein Glück war…
    Der Wolf hatte den Mann verletzt. Und damit war dieser verdammt. Verloren.
    Der Jäger hatte ihm helfen wollen und musste jetzt einsehen, dass er ihm nicht helfen konnte. Weil ihm nicht mehr zu helfen war.
    Kurz ging ihm der Gedanke durch den Kopf, den Mann zu erlösen, ehe der Fluch ihn wirklich packte und zu seiner Kreatur machte. Er bräuchte dem Mann nur einen Bolzen in die Stirn schießen. Das Opfer würde es, da es ohne Besinnung war, nicht einmal merken. Es wäre eine Gnade.
    Aber er tat es nicht.
    Denn noch war es ein Mensch, der da vor ihm lag.
    Und er selbst war kein Mörder.
    Er war ein… nein, er war jetzt der Jäger.
    Er erhob sich. Warf noch einen letzten Blick auf den Verletzten hinab, wie abschiednehmend.
    Vielleicht kreuzten sich ihre Wege ja irgendwann wieder. Und dann würden sie beide die ihnen von einer grausamen Laune des Schicksals zugedachten Rollen spielen, bis zum bitteren Ende: Er die des Jägers und dieser arme Tropf die des Gejagten.
    Damit machte er kehrt, ging und überließ den Fremden seinem Schicksal…
    ***
    Die zunehmende Kälte, Vorbote des nahenden Winters, biss ihn

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