0749 - Hort der Wölfe
selbst!
»Das ist…«, flüsterte Royce Bane, aber er fand kein treffendes Wort.
Er richtete sich ein wenig auf, schob sich etwas aus seiner Deckung, um beide Tiere so lange wie möglich in seinem Blickfeld zu halten, und verlor beide doch schon im nächsten Moment aus den Augen.
Weil etwas ihn ablenkte. Etwas, das von hinten auf ihn zukam - zujagte.
Bane sah es nicht, noch hörte er es. Er nahm es einfach nur wahr , wie mit einem Übersinn, der nur in Ausnahmesituationen funktionierte, in Augenblicken allerhöchster Gefahr. Und allein dieser Umstand ließ Bane schon reagieren.
Er wälzte sich zur Seite, packte dabei sein Gewehr mit beiden Händen, weil er wusste, dass er es im Liegen nicht schussbereit in den Griff bekommen würde, und stemmte es deshalb abwehrend über sich, kaum dass er auf dem Rücken zu liegen kam.
Ein scharfer Geruch schlug ihm entgegen, fuhr im beißend in die Nase.
Ein Schatten raste heran, fiel über ihn.
Der Schatten wurde kompakt, massiv. Stürzte auf ihn nieder.
Und das aufgerissene Maul eines Wolfes schoss auf sein Gesicht zu!
***
Royce Bane hielt das Gewehr mit beiden Händen über seine Brust. Im letzten Augenblick brachte er es etwas höher, über sein Gesicht - und die Kiefer des Wolfes schnappten zu.
Mit einem hässlichen, Gänsehaut erzeugenden Geräusch schlugen die mörderischen Fänge auf Metall und Holz, schlossen sich beinahe um das Gewehr, rissen daran, als glaubte das Tier, Beute zwischen den Zähnen zu halten.
Bane stöhnte vor Schmerz und Schrecken gleichermaßen auf, als das scheinbare Tonnengewicht des Wolfes auf ihn niederdrückte.
In der Drehung zuvor hatte er aber auch seine Beine angezogen, sodass der Wolf nun nicht direkt auf ihm zu liegen kam. In einem Kraftakt, der ihm sämtliche Muskeln explodieren lassen wollte, stemmte Bane jetzt die Knie nach oben, riss das Gewehr, an dem der Wolf immer noch hing, weiter nach hinten, und irgendwie schaffte er es, das Biest über sich hinwegzukatapultieren.
Womit er jedoch nur eine Sekunde, höchstens zwei gewann…
Die Zähne des Wolfes hatten sich von der Waffe gelöst, sie Bane aber auch aus den Fäusten gerissen. Mit einem nur wütenden, keineswegs aber schmerzvollen Knurren prallte das Tier hinter Banes Kopf zu Boden, mit solcher Wucht, dass der Boden vibrierte. Doch es kam sofort wieder auf alle viere.
Bane nutzte die winzige Zeitspanne und sprang ebenfalls hoch. Sein Gewehr lag drei, vier Schritte entfernt. Unerreichbar. Und womöglich war es sowieso nutzlos, denn die kräftigen Kiefer des Wolfes mochten das Schloss beschädigt haben. Angehört hatte es sich jedenfalls so.
Der Wolf sprang mit einem mächtigen Satz auf Bane zu, das Maul wieder weit aufgerissen und riesengroß.
Dieses Tier musste annähernd so gewaltig sein wie der mähnige Wolf draußen auf der Lichtung. Aber abgesehen davon hatten beide Tiere nichts gemein. Die beiden Wölfe, die Bane bei der Jagd beobachtet hatte, waren ihm friedlich, fast zivilisiert erschienen. Der hier aber war ein Ungeheuer. Eine mordlüsterne Bestie - und auf dem besten Wege, diese Mordlust zu befriedigen.
Aber Royce Bane war entschlossen, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen.
Im letzten Moment wich er dem springenden Wolf aus, und in dieser Bewegung riss er sein Jagdmesser aus der Gürtelscheide. Die Klinge maß drei Fingerbreiten und war fast unterarmlang. Jetzt schien sie sich in einen silbernen Blitz zu verwandeln, der dem Wolf hinterdrein fuhr und ihn am Rücken erwischte.
Das Tier knurrte, und wieder klang es vor allem wütend.
Bane wich mit ein paar schnellen Schritten zurück, bis er einen Baum im Rücken spürte.
Der Wolf kam jetzt nicht mehr so ungestüm wie eben noch, sondern tappte auf ihn zu, verharrte einige Schritte entfernt, musterte Bane, belauerte ihn - und erstarrte plötzlich, richtete die Ohren auf und den Blick an Bane vorbei ins Dunkel des Waldes.
Bane folgte dem Blick des Wolfes, ganz reflexhaft und aus dem Augenwinkel nur - doch diese klitzekleine Ablenkung genügte dem Wolf.
Ehe Bane den Gedanken an Abwehr umsetzen konnte, war das Tier schon heran, rammte ihn mit eingezogenem Schädel so hart gegen den Baum in seinem Rücken, dass es ihm die Luft aus den Lungen presste.
Ein scharfer Schmerz in seinem Handgelenk zwang ihn, die Faust zu öffnen und das Messer fallenzulassen.
Das Gewicht und die Gewalt des Wolfes drängten ihn zu Boden.
Krallen zerrissen das Leder seiner Jacke und den Stoff seines Hemdes, fuhren wie
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