075 - Die Schöne und der Höllenwolf
gestern nacht ist Sharon das einzige Mädchen in der Stadt, das zum Tier wird, wenn ein Mann zu ihr kommt. Hemmungslos, wild, leidenschaftlich, grausam…«
»Grausam?« Gless schüttelte den Kopf. »Das ist nichts für mich. Ich brauche es zart und sanft.«
»Du wirst über diese Dinge bald anders denken.«
Gless musterte den Freund verwundert. »Du kommst mir heute vor wie ein fanatischer Prediger. Mit welcher Absicht bist du zu mir gekommen?«
»Ich werde dich für etwas gewinnen, das dich zuerst erschrecken, dann aber begeistern wird, Robert«, stieß Vaughn aufgeregt hervor. »Auch ich war zunächst entsetzt, habe mich verzweifelt gewehrt, aber es hat nichts genützt. Man kann sich nicht dagegen wehren.«
»Langsam wirst du mir unheimlich«, sagte Gless unsicher. Er griff nach den rohen Steaks und wollte sie in die Bratpfanne legen.
»Nein!« stieß Vaughn heiser hervor. »Nicht! Willst du das gute, saftige Fleisch verderben?«
»He, David. Sag mal, spinnst du? Ich muß das Fleisch doch braten. Wir können es nicht roh essen.«
»Doch.«
Vaughn riß dem Freund die Fleischstücke aus den Händen und schlug in eines davon seine Zähne.
Was für Zähne!
Raubtierzähne!
***
Eine Faust stieß vor. Das Glas der Terrassentür splitterte. Die Gestalt, deren Schatten Tuvvana vorhin gesehen hatte, stürzte hinein. Ein Splitterregen begleitete den Auftritt des Mannes.
Es war Xarr, der schwarze Druide!
Tuvvanas entsetzter Schrei glich einem unglücklichen Schluchzen. Der Schock lähmte sie so sehr, daß sie nicht wußte, was sie tun sollte.
Wäre doch nur Cruv bei ihr gewesen. Cruv hatte mehr Mut als sie. Er hätte sich dem schwarzen Druiden entgegengeworfen. Aber wäre er in der Lage gewesen, Xarr zu besiegen? Mit Werwölfen kam Cruv bestimmt zurecht. Aber Xarr war nicht nur das. Er war darüber hinaus der schwarzen Magie fähig. Was hätte Cruv dieser Kraft entgegenzusetzen gehabt?
Was hatte sie, Tuvvana, dem schwarzen Druiden entgegenzusetzen?
Nichts. Absolut nichts.
Er kam langsam näher. Seine Augen funkelten grausam, und er grinste sie triumphierend an.
»Die Angst bringt dich fast um. Ich sehe es dir an«, sagte Xarr höhnisch. »So soll es sein. Wer meine Pläne durchkreuzt, hat mit einer schrecklichen Bestrafung zu rechnen. Ich erinnere mich an dich. Wir sind einander schon mal begegnet. Auf Coor. Damals wollte ich dich töten, aber du bist mir entwischt. Wie eine Ratte bist du blitzschnell in ein Loch geschlüpft, aber noch einmal entkommst du mir nicht.«
Tuvvana schaute sich verstört um. Sie hatte kurze Beine, aber auf kurzen Strecken war sie sehr schnell. Das hatte ihr damals das Leben gerettet. Heute konnte sie Xarr mit ihrer Schnelligkeit nicht mehr überraschen. Er rechnete bestimmt damit, daß sie auszurücken versuchte.
»Du bist verrückt!« knurrte der Wolfsmann. »Anstatt froh zu sein, mir entkommen zu sein, ziehst du dir meinen Haß zu, indem du mächtig Staub aufwirbelst.«
»Den Staub hast du aufgewirbelt, nicht ich«, wagte Tuvvana zu erwidern.
»Du hast hier gute Freunde. Dämonenjäger. Als du mich sahst, hattest du nichts Eiligeres zu tun, als sie mir hinterherzuhetzen. Sie konnten meine Spur noch nicht finden. Es gelang ihnen jedoch, einen meiner Wölfe zu vernichten. Das werden sie büßen. Und du mit ihnen!«
Die letzten Worte stieß Xarr so aggressiv hervor, daß Tuvvana vor Angst fast das Herz stehenblieb.
Der schwarze Druide schnellte vor, und sie war nicht in der Lage, zurückzuweichen. Als er sie packte, glaubte sie, mit ihrem Leben abschließen zu müssen.
***
Die schwarze Melone auf dem Kopf, den Ebenholzstock mit dem massiven Silberknauf in der Hand, eilte Cruv durch den strömenden Regen.
Er überquerte die Straße, war entschlossen, dieses Kapitel zu einem Ende zu bringen. Kein Mensch durfte der gefährlichen Wölfin mehr zum Opfer fallen.
Straff gespannt waren die Nerven des Gnoms, als er die Haustür erreichte. Tony Ballard und Roxane hatten einen Toten in das Schlafzimmer des Mädchen gelegt. Sharon Griffith konnte nicht annehmen, daß die beiden es dabei bewenden ließen. So dumm war sie nicht. Sie rechnete bestimmt damit, daß bald die Polizei an ihre Tür klopfen würde. Deshalb konnte es nicht falsch sein, wenn Cruv annahm, daß sie in diesem Augenblick Vorbereitungen traf, von hier fortzugehen.
Vielleicht hatte sie die Absicht, zu Xarr zu gehen und sich ihm anzuschließen. Das setzte allerdings voraus, daß sie wußte, wo sich Xarr
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