0750 - Ich bin dein Henker, Sinclair!
Hand gegen die Brust und sah erschreckt aus. »Ich kann Ihnen schwören, dass ich mit dieser – dieser Drohung nichts zu tun habe.«
»Ist schon okay, vergessen wir es.« Ich schaute gegen die Zweige eines Obstbaums im hinteren Teil des kleinen Gartens. Daran schloss sich eine Wiese an. Auf einer Leine hing bunte Wäsche. Eine Idylle. Kaum vorstellbar, dass hier ein Vampir oder ein anderer Dämon sein verfluchtes Unwesen trieb.
»Wissen Sie, Herr Petri, uns geht es einzig und allein um den Mann, für den Sie das Bild gemalt haben und wie sie dazu gekommen sind.«
»Ich bekam eintausend Mark.«
»Das ist viel Geld, aber nicht zu viel für dieses Werk.«
»Danke.«
»Das Geld gab Ihnen Maitland?«
»So ist es.«
»Sie kannten ihn auch?«
Bisher hatte ich auf meine Fragen immer prompte Antworten bekommen, das änderte sich nun, denn der Bürgermeister wiegte den Kopf und verneinte, was ich nicht nachvollziehen wollte und deshalb fragte: »Sie kannten ihn nicht?«
»Ja und nein.«
»Das müssen Sie mir genauer erklären.«
»Nun, ich hatte von ihm gehört. Jeder hier im Ort kennt die Maitlands, dieses Geschlecht, dem die Burg gehört hat. Aber es hat sie keiner gesehen. Seit mehr als fünfzig Jahren steht die Burg leer. Sie ist verwaist. Selbst zu Honeckers Zeiten ist sie von keiner staatlichen Stelle benutzt worden. In der letzten Woche erschien dann ein Mann, der sich als Viktor Maitland vorstellte und mich bat, ihn als auch sein Schloss zu malen.«
»Haben Sie ihm geglaubt?«
»Warum sollte ich nicht?«
»Sie kannten ihn doch nicht. Da hätte jeder kommen und sich als Viktor Maitland vorstellen können.«
Petri lächelte verlegen. Auf seinem Gesicht bildeten sich zahlreiche Falten. »Sie haben Recht, ich kannte ihn nicht. Aber es gab immerhin einige vage Spuren.«
»Gibt es eine Person, die ihn noch erlebt hat?« Ich war plötzlich wie elektrisiert.
»Nicht direkt«, gab Petri zu. Er sprach mit langsamer Stimme und malte mit der Fingerspitze Kreise auf den Tisch. Wahrscheinlich genoss er die Rolle des Informanten.
»Wie dann?«
»Nun ja, seit mehr als fünfzig Jahren hat man nichts mehr von Maitland gehört. Vielleicht sind es auch sechzig. Ich kann das nicht so genau sagen. Aber im Dorf lebt die alte Frau Möller. Sie hat ihn noch gekannt.«
Bevor der Kommissar etwas sagen konnte, hob ich den Arm. Petri folgte der Bewegung. Über meine Hand hinweg schauten wir uns an. »Jetzt mal von vorn. Es gibt bei Ihnen also eine Frau Möller, die sehr alt ist, vielleicht achtzig oder älter, die Maitland gekannt hat.«
»Richtig.«
»Und die hat ihn wiedererkannt?«
»Stimmt.«
»Haben Sie ihr das Bild gezeigt?«
Petri nickte. Auf seinem Gesicht allerdings bildete sich eine leichte Gänsehaut. Ich ahnte auch warum, stieß trotzdem langsam zum Ziel vor. »Wenn die alte Frau Möller ihn erkannt hat, dann aber nur, weil er noch so aussah wie vor fünfzig oder sechzig Jahren. Oder liege ich da falsch?«
Der Bürgermeister lehnte sich zurück, drehte den Kopf und schaute gegen die Zweige der Bäume. Es war plötzlich so still geworden, dass uns das Schreien der Vögel wie ein schrilles, disharmonisches Konzert vorkam und auch störend wirkte.
»Bitte, Herr Petri, ich warte auf eine Antwort.«
»Es stimmt!«, flüsterte er, stand auf und rannte in den Anbau. Er schmetterte die Tür hinter sich zu. Wir schwiegen, bis Harry fragte:
»Soll ich ihm nachlaufen?«
»Nein, lass es.«
Harry Stahl schlug die Beine übereinander und schaute zum Himmel. Die Luft hatte sich verändert. Sie war nicht mehr so warm.
Abendliche Kühle wehte von den Hängen der Berge in die Täler und streichelte auch unsere Haut. Es war so still, dass wir uns wieder auf das Summen der Insekten konzentrieren konnten. Ich hörte, wie Harry mit den Sohlen scharrte. Ihm lag eine Frage auf der Zunge, die er auch stellte. »Glaubst du Petri?«
»Ja, ich glaube ihm. Er hat keinen Grund, uns anzulügen.«
Harry schaute zur Tür. »Warum ist er dann so plötzlich von hier verschwunden?«
Ich hob die Schultern. »Einen genauen Grund kann ich dir auch nicht nennen. Dabei gehe ich davon aus, dass dieser Mann die Tatsache nicht verkraftet hat. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es so etwas gibt.«
»Ich früher auch nicht.«
»Jetzt müssen wir es akzeptieren.« Ich trank noch einen Schluck Apfelsaft. »Es ist auch nicht vorstellbar, wenn man sich mit Magie oder dämonischen Wesen beschäftigt. Aber wenn du weißt, dass es Vampire
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