0750 - Ich bin dein Henker, Sinclair!
Antwort.«
»Klar. Wir werden in spätestens einer halben Stunde am Ziel sein.«
Ich lachte leise. »Wenn du das so sagst, kann es nur das Dorf da unten sein.«
»Gewonnen.«
»Und wo ist die Burg?«
Der Kommissar trat dicht an mich heran. »Du wirst sie kaum sehen können, aber sie liegt uns gegenüber. Praktisch eingebettet in den waldreichen Hang. Weil das Gemäuer dunkel ist, hebt sie sich so gut wie nicht ab. Man muss wirklich genau wissen, wo sie liegt, sonst suchst du vergebens.«
Der gute Harry Stahl hatte mir zwar die Richtung gewiesen, aber mehr als einen dunklen Fleck sah ich trotzdem nicht. Ein Schatten, der mit den Bäumen verschmolz.
»Keine Sorge, wir werden sie finden.«
»Das freut mich.«
»Im Ort können wir auch übernachten. Ich habe mich da bereits informiert.«
»Aber du weißt nichts über das Verhältnis der Bewohner zu ihrer Burg oder?«
»Nein, John.«
»Das würde ich gern erfahren. Mal sehen, vielleicht bekommen wir einige Hinweise. Hier muss man über die Maitlands Bescheid wissen. Bestimmt wird es genügend ältere Menschen geben, die sich für diese Geschichte interessiert haben.«
Harry trat einen Stein zur Seite. »Da stimme ich dir zu. Doch wie gesagt, offiziell habe ich nichts herausbekommen können. Da bin ich wirklich gegen Wände gelaufen. Auch wenn man etwas gewusst hat, musst du immer daran denken, dass es damals nach der Devise ging, was nicht in den Kram passte, das durfte auch nicht sein. Ein gewisses Weltbild musste bestehen bleiben.«
»Klar, ich vergesse es immer.«
Einen letzten Blick noch gönnte ich dieser beeindruckenden Landschaft. Dann stieg ich zu Harry Stahl in den Wagen, zog die Tür zu und schnallte mich an.
»Eine halbe Stunde, hast du gesagt?«
»So ungefähr. Wir müssen nur einige Serpentinen nach unten fahren, dann ist alles klar.«
»Das hoffe ich.«
Wir beide waren mit den Gedanken bei dem Bild. Ich würde sehr bald vor dem echten Motiv stehen und fragte mich, ob dann auch dieser Maitland auftauchte.
Immer wieder sah ich sein Gesicht vor meinem geistigen Auge erscheinen. Es war nicht schrecklich und auf eine gewisse Art und Weise sogar faszinierend, dazu sehr männlich geschnitten, und ich konnte mir vorstellen, dass manche Frauenknie bei seinem Anblick weich wurden. Wenn dieser Maitland dann tatsächlich noch ein Vampir war, gnade Gott denjenigen, die in seine Fänge gerieten.
Aber warum hatte er es gerade auf mich abgesehen? Weshalb lockte er mich nach Thüringen? Gehörte dies möglicherweise zu einem anderen Plan, den Dracula II ausgeheckt hatte? Es konnte sein, überzeugend war es für mich jedoch nicht, denn Mallmann wusste genau, dass ich mich durchaus gegen einen Vampir zur Wehr setzen konnte.
Deshalb wurde ich den Eindruck nicht los, dass mehr hinter dieser Sache steckte.
»Es hat keinen Sinn, John«, sagte Harry neben mir.
»Was hat keinen Sinn?« Ich schaute gegen das Blätterdach der Bäume, wo sich erste Schatten gebildet hatten.
»Dass du dir den Kopf über Dinge zerbrichst, die keine Tatsachen sind.«
»Sieht man mir das an?«
»Und ob.«
»Das gehört dazu, Harry. Ich will mich eben auf bestimmte Situationen einstellen, die eventuell eintreffen können.«
»Du denkst dabei an die Begegnung mit Maitland?«
»Genau, als Vampir natürlich.«
Der Kommissar lachte. Er lenkte den Opel vorsichtig in eine Kurve. »Ich bin davon überzeugt, dass Maitland es uns nicht leicht machen wird. Schließlich muss er damit rechnen, dass wir kommen, und da wird er die Falle bereits aufgebaut haben.«
»Das kann durchaus sein.«
»Willst du hineintappen?«
»Freiwillig immer.«
Der Kommissar schwieg. Später erklärte er mir, dass er sich noch immer nicht an gewisse Tatsachen hatte gewöhnen können. Es war ihm unmöglich, sie zu akzeptieren. Durch diese Vorsätze hatte sein Berufs- und auch sein Privatleben einen Knick bekommen, und manchmal erwachte er mitten in der Nacht durch Albträume.
»Das ist mir früher auch passiert, Harry.«
»Auch heute noch?«
»Manchmal. Man ist eben keine Maschine. Und dann kommen noch die Rückschläge.« Ich hatte ihm von Jessica Long berichtet, auf die ich so reingefallen war. Dabei waren natürlich auch die Urdämonen, die Kreaturen der Finsternis, zur Sprache gekommen, und Harry nahm diesen Faden wieder auf, bevor wir unser Ziel erreichten.
»Kannst du dir vorstellen, dass Maitland zu den Kreaturen der Finsternis gehört?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Ich will nicht sagen, dass
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