0753 - TV-Dämonen
Welt ist ein Schlachthaus. Das Grauen ist allgegenwärtig, auch wenn Leute wie Sie das gerne leugnen würden. Wir machen diese Welt nur sichtbar, wenn auch vielleicht in einer etwas drastischen Form. Aber die ist manchmal nötig, um die Menschen aufzurütteln, und zu zeigen, dass niemand von uns sicher ist.«
»Ich bin bei meinem letzten Einkauf jedenfalls keinen Zombies begegnet.«
»Da haben Sie vielleicht nur Glück gehabt«, entgegnete Jean bissig. »Das, was wir in unserer Sendung zeigen, hat mit der Realität mehr zu tun, als die meisten auch nur ahnen.«
Jean grinste innerlich, als er an Didier dachte, der bei diesem Satz vermutlich vor Schreck seinen teuren Rotwein auf den Couchtisch gespuckt hatte.
»Sie haben bei Jugendschützern inzwischen einen schlimmeren Ruf als Adolf Hitler, und der hat immerhin einen Weltkrieg angezettelt. Glauben Sie, dass Ihre Mutter stolz auf Sie ist?«, fragte Toulon. In seinen Augen loderte ein dunkles Feuer, doch Jean ließ sich davon nicht beeindrucken.
»Meine Mutter ist tot«, sagte er mit Nachdruck. »Und sie wäre stolz auf mich.«
Er wusste es. Denn er war bei ihrem Tod dabei gewesen. In der Nacht, in der aus einem kleinen Jungen der Jäger wurde.
***
17 Jahre vorher
Der Junge schlief, als die Dämonen kamen. Er hatte schlecht geträumt, von schrecklichen, namenlosen Monstern. Doch er war nicht aufgewacht. Die Nachtgespinste hielten ihn fest umklammert, wollten ihn nicht loslassen.
Und dann wachte er doch auf.
Aber der Albtraum hatte gerade erst begonnen!
Seine Mutter schrie! Es war ein schrecklicher, nicht enden wollender Schrei, ausgestoßen in tiefster Todesangst.
Mit einem Knall flog die Kinderzimmertür auf. Der achtjährige Junge war starr vor Angst, doch es war nur seine Mutter, die hereingestürzt kam. Ihr sonst immer so adrett frisiertes Haar hing ihr wirr ins Gesicht. Aus ihren Augen sprach pures Entsetzen.
Aus dem Flur hörte Jean seinen Vater rufen. »Bring Jean in Sicherheit, Julie! Rettet euch! Ich versuche, sie aufzu…«
Die Stimme erstarb mit einem lauten Gurgeln. Etwas Schweres fiel zu Boden, und Stille trat ein. Eine schreckliche, bedrohliche Stille.
»Pierre!« Jeans Mutter schluchzte, doch sie verlor keine Zeit. Sie griff sich ihren Sohn, drückte ihn an ihre Brust und trug ihn in die Mitte des Zimmers, in dem Jean den größten Teil seiner wohl behüteten Kindheit verbracht hatte. Einer Kindheit, die genau in diesen Sekunden endete.
»Was ist los, Mami?«, fragte Jean. Angsterfüllt klammerte sich der Junge an seine Mutter. Er verstand nichts von dem, was um ihn herum vorging, aber instinktiv spürte er die Gefahr.
»Nichts, mein Kleiner«, antwortete Julie Fournier mit zittriger Stimme. »Nichts. Es wird alles wieder gut.«
Aber Jean wusste, dass sie log.
Seine Mutter setzte ihn auf dem Boden ab, holte ein Stück Kreide aus ihrer Hosentasche und zeichnete hektisch einen Kreis um ihren Sohn, den sie mit fremdartigen Zeichen verzierte.
»Was auch immer geschieht, verlass diesen Kreis nicht, bis ich wieder da bin«, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme. Sie drückte Jean einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. »Ich liebe dich, mein Kleiner.«
Dann rannte sie los. Sie stürmte aus dem Zimmer und wandte sich nach rechts, wo das verbotene Zimmer lag. Der Raum, den niemand außer seinen Eltern betreten durfte. Einmal hatte Jean es gewagt, durch das Schlüsselloch zu gucken, aber er hatte nicht das Geringste erkennen können. Kein einziger Lichtstrahl war in das Zimmer gefallen, in das sich seine Eltern jeden Tag für ein paar Stunden zurückzogen, um Dinge zu tun, die zu geheim waren, um darüber zu sprechen.
Der verbotene Raum war nicht weit von Jeans Zimmer entfernt. Doch es war viel zu weit für seine Mutter. Im selben Moment, in dem sie über die Schwelle des Kinderzimmer trat, schoss ein großer, dunkler Körper auf sie zu und warf sie zu Boden.
Ein Hund, ein riesiger Hund, dachte Jean.
Doch was sich da auf seine Mutter stürzte, war kein Tier. Die Kreatur war schrecklicher als alles, was er in seinen schlimmsten Albträumen gesehen hatte. Sie war etwa zwei Meter groß. Die Haut war pechschwarz und schuppig. Hände und Füße endeten in mörderischen Klauen. Das Gebiss in dem kantigen, zackenüberwucherten Schädel sah aus wie das eines Hais.
»Nein!«, schrie Jean.
Doch das Biest grub seine Zähne in den Hals seiner Mutter und riss ihr die Kehle auf. Blut schoss aus der Wunde und bedeckte den Flur und die tollwütige
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