0754 - Als Carmen sich die Köpfe holte
können.
Nur schaffte ich das nicht.
Ein ungutes Gefühl der Beklemmung blieb zurück…
***
Man spricht oft von einem feurigen Spanier oder einer feurigen Spanierin. Dieser Vergleich traf bei Carmen Cavallo vollends zu. Kaum hatte sie den Hörer aufgelegt, da stand sie dicht vor einer Explosion. Sie hielt auch nicht mehr an sich, tobte wie eine Furie durch den Raum und bedachte den Geisterjäger mit Schimpfworten, die in ihrer vornehmen Familie nicht einmal gedacht werden durften.
»Dieser Macho!« rief sie schließlich, als sie sich wieder etwas beruhigt hatte. »Was bildet sich der Kerl eigentlich ein, mich derartig abfahren zu lassen? Das ist ein Gehabe wie aus dem letzten Jahrhundert. Arrogant und überheblich.« Wobei sie sich eingestehen mußte, daß es viele Männer in Spanien gab, die ähnlich reagierten.
Was tun?
Sie hatte Sinclair versprochen, daß er noch von ihr hören würde. Und dieses Versprechen würde sie einhalten, aber nicht so, wie er es sich vielleicht vorstellte.
Sehr zum Ärger ihrer Eltern war Carmen schon immer für eine Überraschung jeglicher Art gut gewesen, und so würde sie auch in diesem Fall wieder handeln. Sie würde einen Weg finden, wie sie Sinclair hier nach Spanien bekam. Mit ihm zusammen würde sie auch in die Kavernen einsteigen und die Brut dort aufsuchen, um sie vernichten zu können. Das alles stellte sie sich jetzt schon plastisch vor.
Wütend drehte sie sich herum. Sie brauchte Luft, sie brauchte Bewegung, trat ans offene Fenster, beugte sich hinaus. Ihr Blick fiel wieder auf den Pool.
Die Stille im Innenhof tat ihr gut. Der Wind brachte den Geruch von Salbei und Thymian mit hoch, auch den Duft von frischem Jasmin. An einer Fassade wuchsen Ranken entlang wie dunkle Schlangenkörper. Weiße Blüten schimmerten dazwischen wie kleine Inseln aus Schnee.
Allmählich beruhigte sie sich, aber ihr Plan blieb auch weiterhin bestehen.
Die Aufregung hatte sie ins Schwitzen gebracht. Wenn sie auf den Pool schaute, wurde das Bedürfnis, ins Wasser zu springen, übermächtig. Sie wollte diesem Gefühl nachkommen, denn sie liebte es, in der Nacht hüllenlos zu baden.
Carmen war eine Frau der schnellen Entschlüsse, deshalb überlegte sie nicht länger, verließ das Zimmer und nahm die schmalere Steintreppe, die sie direkt ins Freie brachte und damit auch in die laue, von Blütenduft erfüllte Sommernacht hinein, über der ein herrlicher Sternenhimmel stand wie ein großes Tuch.
Die Steine und Mauern gaben einen hellen Glanz ab. Ansonsten brachten die Büsche auch Schatten.
Sie wurden von Carmen auf dem Weg zum Pool durchschritten.
Die Nacht war nicht totenstill. Sie steckte voller Geräusche, die auch aus der Stadt zu ihr hochdrangen. Aber sie hörten sich so weit entfernt an, als wären sie gar nicht wahr.
Die beiden Liegen waren noch nicht weggeräumt worden. Sie standen dicht nebeneinander, nur die Bezüge hatte der Gärtner abgenommen und ins Haus gebracht.
Der weiße Lack des Holzes schimmerte ihr entgegen wie ein frisch angestrichenes Gebein.
Carmen zog sich aus.
Die Hose fiel, die Bluse flatterte nach. Die Schuhe schleuderte sie ebenfalls weg, dann trug sie nur noch ihren dünnen Slip und drehte sich dem Wind zu, der streichelnd über die nackte Haut hinwegstrich, als wollte er jede Stelle ihres Körpers liebkosen.
Sie stieg aus dem Slip und kickte ihn mit einer anmutigen Bewegung auf die übrigen Kleidungsstücke.
Eine leichte Gänsehaut überzog ihren nahtlos braunen Körper, und die beiden dunklen Warzen an den nicht zu üppigen Brüsten richteten sich auf. Normalerweise hechtete sie in den Pool, diesmal war sie vorsichtiger und nahm die schmale Treppe an der linken Seite.
Das Wasser kam ihr zuerst kalt vor. Carmen schauderte zusammen, ging tiefer, schauderte noch mehr und sprang dann in die Flut.
Sie tauchte unter und hatte plötzlich den Wunsch, nur immer schwimmen zu wollen. Hineintauchen in das Wasser, in den Fluß, den Strom, der sie irgendwann ans Meer brachte.
Aber sie war kein Fisch, sondern ein Mensch, und sie brauchte auch die Luft, deshalb tauchte sie in der Mitte des Pools auf, wie jemand, der einem gläsernen Gefängnis entwichen war.
Sie schleuderte ihr schwarzes Haar zurück, strich es dann nach hinten, und es blieb auf ihrem Kopf liegen wie eine dünne, pechschwarze Schicht aus Teer.
Der Sprung ins Wasser hatte ihr sehr gut getan und nicht nur den Körper abgekühlt, sondern auch ihre Gedanken. Während Carmen die Runden durch den Pool
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