0755 - Blutnacht für Assunga
Schrei hatte Carmen Cavallo ausgestoßen. Sie mußte sich einfach Luft verschaffen, denn ihr Vorhaben war verdammt schlimm. Auch sie konnte einen Mord nicht so einfach wegstecken, obwohl es sich dabei um eine Person handelte, die sie haßte.
Sie rannte auf Assunga zu.
Und sie erlebte die folgenden Sekunden zehnmal so lang. Ihr gesamtes Handeln lief in einem Zeitlupentempo ab. Die Funktionen des Gehirns hatten sich erweitert, um nur jedes Detail genau mitzubekommen und es zu speichern.
Assunga stand vor ihr.
Sie tat nichts, um der Klinge zu entwischen, das wiederum wunderte Carmen, machte sie aber nicht mißtrauisch, und sie dachte auch nicht mehr daran, daß es sich bei ihrer Feindin um eine Hexe handelte.
Ein Wesen mit besonderen Kräften.
Das bekam Carmen zu spüren.
Sie hatte sie noch nicht erreicht, als sich Assunga veränderte. Sie schnellte plötzlich geräuschlos in die Höhe. Dabei sah sie so aus, als würde sie mit dem Rücken an der Wand entlanggleiten. Sie spreizte dabei die Beine, so daß diese ein X bildeten und der Angreiferin ein völlig anderes Ziel präsentiert wurde.
Eigentlich gar keines mehr.
Die Klinge hackte gegen die Wand.
Carmen brüllte auf. Sie hatte viel Schwung, sie merkte, wie die Klinge nach vorn hin wegrutschte, aber noch hielt und nicht auseinanderbrach. Dennoch geschah etwas mit ihr, was sie sich nicht erklären konnte. Sie warf dabei keinen Blick in die Höhe, wo die Hexe an der Wand hing und auf sie niederstarrte.
Gelb leuchteten ihre Augen.
Brutal war die geistige Kraft, die sich des Schwertes bemächtigte und es zur Seite drückte.
Nicht nur das, die Kraft kantete es auch nach vorn, genau in die Gegenrichtung.
Carmen reagierte zu spät. Sie hätte möglicherweise noch etwas retten können, wenn sie den Griff losgelassen hätte. Aber sie hielt ihn fest, sie vertraute auf ihr Schwert.
Dies genau wurde ihr zum Verhängnis.
So mußte sie zuschauen, wie die Waffe in ihren eigenen Körper hineindrang, und wie das erste Blut herausquoll und sich wie ein dünner Faden auf das Metall legte.
»Nein…«, ächzte sie. »Nein… nein… ich…«
Dann brach sie zusammen.
***
Und ich kam ebenso zu spät wie Suko. Wir hatten beide nicht aufgepaßt und uns zu sicher gefühlt.
Aber Assunga war nicht umsonst eine Hexe, und sie war eine Person, die sich nicht nur auf ihren Mantel verließ, die sich auch anders zu helfen wußte.
Ich war zu weit vom eigentlichen Schauplatz des Geschehens entfernt, Suko ebenfalls. Nur wenige Sekunden hatten ausgereicht, um alles kippen zu lassen.
Diesmal gewannen nicht wir!
Die Hölle siegte!
Die verfluchte Magie, die mit Menschen spielen und sie manipulieren konnte, wie dieses verdammte Schwert, das sich Carmen Cavallo selbst in den Leib stieß, ohne es zu wollen.
Sie brach zusammen.
Ich sah das Blut, und sie fiel gegen mich, so daß sie mich von der Hexe fernhielt.
Suko war durch den Mantel ebenfalls behindert. Er schleuderte ihn nicht weg, behielt ihn in einer Hand und zerrte mit der anderen seine Waffe hervor.
Am Fenster entstand ein Brüllen!
Ich riß den Kopf herum.
Dort stand Mallmann!
Halb Mensch, halb Fledermaus. Sadismus und Grausamkeit strahlten von seinem Gesicht ab. Die Augen leuchteten wie brennendes Blut, und er schrie den Namen der Hexe.
Assunga reagierte.
Suko schoß.
Sie war schon weg.
In meinem Schoß lag Carmens Kopf. Ich konnte ihn nicht zur Seite stoßen, ich hörte die junge Frau so schrecklich röcheln und leise wimmern. Dennoch wurde ich abgelenkt und schaute zu, wie Assunga von ihrem Freund Mallmann geholt wurde.
»Das ist meine Blutnacht!« brüllte sie. Und dann huschte sie wie ein Gespenst auf das offene Fenster zu, wo Dracula II auf sie wartete. Assunga war nur mehr ein Schatten, ein Schemen, sie war unheimlich schnell, viel schneller, als ein Mensch überhaupt reagieren konnte.
Suko und ich waren Menschen.
Zudem fühlte ich mich noch behindert. So rasch kam ich an die Waffen nicht heran, aber Suko schoß.
Zweimal krachte seine Beretta.
Den Stab hatte er nicht einsetzen können, er mußte leider länger warten, bis dieser sich wieder mit seiner ungewöhnlichen Kraft aufgeladen hatte.
Was waren Kugeln gegen die geballte Stärke eines Will Mallmann und einer Hexe Assunga?
Nichts, gar nichts.
Eine Kugel jagte durch das offene Fenster nach draußen, die andere klatschte in die Wand.
Dann waren beide verschwunden.
Daran konnte auch Suko nichts mehr ändern, als er mit Riesensätzen auf das Fenster
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