0755 - Blutnacht für Assunga
bestand die Chance, Assungas Macht zu nehmen.
Er bewegte sich schnell, er glich einem Tänzer, es war auch ein Teil Routine bei ihm, denn Suko kannte Situationen wie diese. Er hatte sie immer gut überstanden.
Seinen Gegner durfte er nicht töten, nur kampfunfähig machen. Hätte er anders reagiert, dann wäre die Kraft des Stabs gebrochen worden. Er hätte Buddhas Erbe ad absurdum geführt.
Assunga brauchte er nicht zu entwaffnen. Sie trug keine Pistole, kein Schwert, aber sie besaß den Mantel.
Den wollte Suko haben.
Deshalb huschte er um die Gestalt der Hexe herum, weil er in ihren Rücken gelangen wollte.
Der Mantel war unter dem Hals und vor der Brust durch eine Spange befestigt. Sie hielt die beiden Hälften zusammen. Die Spange zu lösen, war ein Kinderspiel.
Der Mantel rutschte von den Schultern herab, er fiel zusammen, und bevor er auf dem Boden seinen Platz finden konnte, fing Suko ihn auf. Jetzt stand Assunga ohne ihr wertvollstes Stück vor ihm und sah so fremd und anders aus.
Von einer Hexenkleidung, wie sie oft in Märchen beschrieben wurde, konnte bei ihr keine Rede sein. Sie trug schwarze trikotähnliche Kleidung, heute hätte man Leggins dazu gesagt, und dunkle, weiche Schuhe mit flachen Absätzen.
Das Haar umrahmte als braunrötliche Flut ihr Gesicht. Es endete auf den Schultern.
Suko huschte mit wenigen Schritten um die Gestalt herum und blieb vor ihr stehen.
Er hatte sich unwahrscheinlich beeilt. In den fünf Sekunden hatte er eine Menge geschafft und selbstverständlich auch zahlreiche Eindrücke aufgenommen, die aber drängte er zurück, denn die Reaktion der Hexe war ihm wichtiger.
Fünf Sekunden waren vorbei und damit auch die Starre.
Jetzt bewegte sie sich wieder, aber sie wirkte dabei wie eine Karikatur ihrer selbst.
Sie wollte den Mantel herumschwingen, auf Suko zugehen, aber schon im Ansatz stockte sie.
Sie fühlte sich nackt!
Suko schaute ihr genau zu. Assunga blieb nicht stehen, sie ging einen Schritt nach vorn, stoppte aber wieder, und jetzt erst schien ihr richtig aufzugehen, was da in den letzten Sekunden mit ihr geschehen war. Assunga schaute zu Boden, als wollte sie die Fliesen mit ihren Blicken in Eis verwandeln.
Erst nach einer Weile hatte sie sich dazu überwunden, den Kopf wieder anzuheben.
Suko stand vor ihr.
Er sah aus wie ein großer Sieger. Den Mantel hielt er in der rechten Hand und den Arm dabei etwas vorgestreckt. Seine Finger hatten sich derartig fest in den Stoff verkrallt, als wollten sie ihn nie mehr wieder loslassen.
Suko fühlte auch, daß dieser Mantel aus einem besonderen Stoff bestand. Er glaubte zwar nicht, daß es Seide oder Wolle war, das Material erinnerte ihn mehr an dünne Haut.
»Suchst du ihn?« fragte er leise.
Die Hexe sagte nichts. Allein die Tatsache, daß sie den Mantel nicht mehr trug, hatte ihr die Sprache verschlagen, und Suko konnte ein triumphierendes Lächeln nicht unterdrücken. »Es war deine Waffe«, flüsterte er ihr zu, »aber jetzt habe ich sie.«
Assunga dachte über die Worte nach. Dabei blieb ihr Gesicht noch unbeweglich. In ihrem Innern allerdings mußte eine Hölle toben, ein Sturm der Gefühle, denn sie hatte sich immer voll und ganz auf diesen Zaubermantel verlassen und hatte sich wohl auch nie vorstellen können, daß er ihr abgenommen werden könnte.
Suko ließ seinen Arm sinken.
Der Stoff berührte den Boden, als wollte er ihn reinigen. Assunga schaute ihm dabei zu, und irgendwann öffnete sie ruckartig ihren Mund, ohne allerdings sofort etwas sagen zu können. Sie brauchte eine Weile, bis sie die Frage hervorgequetscht hatte.
»Wie… wie hast du es geschafft?«
»Das bleibt mein Geheimnis«, erklärte Suko, »aber ich habe ihn, wie du siehst. Und wenn ich einmal etwas habe, werde ich es freiwillig nicht mehr aus der Hand geben.«
»Er gehört mir!«
»Nicht mehr«, erwiderte Suko gelassen. »Ich habe mich entschlossen, ihn für dich in Verwahrung zu nehmen. Und ich bin auch gespannt, ob Dracula II dich noch immer akzeptiert. Vielleicht ist er dann scharf auf dein Blut. Er wird dich beißen, er wird dein Hexenblut trinken wollen, und du bleibst nur mehr als eine Hülle zurück. Das ist alles.«
»Hör auf!« keuchte sie.
Suko lachte. »Ich weiß, daß es dir nicht gefällt. Dafür habe ich sogar Verständnis, aber darum geht es nicht. Ich will nicht, daß man euch auf die Menschen losläßt, und ohne deinen Mantel bist du wehrlos. Wir haben also einen Schritt in die richtige Richtung schon
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