0755 - Blutnacht für Assunga
Zimmer. Bisher hatte sich Carmen Cavallo zurückgehalten, plötzlich aber brachen der Zorn und die Wut voll aus ihr hervor. »Ich will ihn vernichten. Ich werde mein Schwert holen und ihn damit zerstückeln. Ich werde dir die Reste des Mantels um die Ohren schlagen, verfluchte Hexe!«
Keiner konnte sie zurückhalten. Sie drückte Lorna zur Seite und war verschwunden.
Mir gefiel das nicht. Carmen war allein gegangen, und ich wußte sehr genau, daß Will Mallmann auf seine Chance lauerte, wenn er sich erholt hatte.
»Halte Assunga im Auge!« rief ich Suko zu und lief hinter der Spanierin her.
Sie war schnell gegangen, so dauerte es eine Weile, bis ich sie eingeholt hatte.
»Auch wenn Sie mein Leben gerettet haben, John, Sie werden mich von meinem Vorhaben nicht abbringen«, sagte sie und beschleunigte ihre Schritte.
»Das hatte ich nicht vor.«
Sie drehte kurz den Kopf nach links. »Warum sind Sie mir dann gefolgt?«
»Um Sie notfalls zu beschützen.«
»Danke, das akzeptiere ich.«
Ich übernahm die Führung und stieß auch zuerst die Tür zu ihrer Wohnung auf.
Dort hatte sich nichts verändert. Nach wie vor glotzten uns die blicklosen Augen der Köpfe an, und das Schwert lag ebenfalls noch auf seinem Platz.
Von Mallmann sahen wir nichts. Auch vor dem Fenster bewegte sich kein Schatten in der Dunkelheit. »Hat es Sinn, wenn wir bis Sonnenaufgang warten?« fragte Carmen mich.
»Nicht bei Mallmann.«
Sie griff nach dem Schwert, drehte sich um. »Wieso?«
»Er ist zu mächtig. Ich will damit nicht sagen, daß er das Sonnenlicht liebt, er hält sich lieber in der Dunkelheit auf, aber es tötet ihn auch nicht.«
Carmen hielt das Schwert schräg und betrachtete die Klinge. »Dann reagiert er nicht so wie der Schauspieler Christopher Lee am Ende des Dracula-Klassikers.«
»So sicherlich nicht.«
»Haben sich die Vampire denn neu formiert?«
Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung. Oder sagen wir so: Einige haben versucht, sich der modernen Zeit anzupassen, erlitten aber Schiffbruch und dachten wieder um.«
Sie schlug mit dem Schwert und hinterließ ein leises Pfeifen in der Luft. »Also zurück zu den alten Burgen, Schlössern und Gemäuern.«
»So ähnlich.«
Carmen steckte die Klinge nicht weg, behielt sie in der Hand und nickte mir zu. »Gehen wir?«
»Gern.«
Nach wie vor dachte ich an Mallmann und verhielt mich entsprechend vorsichtig. Er schaffte es immer wieder, seine Feinde zu überraschen, aber es blieb ruhig.
Nur unsere Schritte waren in der bedrückenden Stille zu hören, doch ich traute dem Braten nicht.
Mallmann war manchmal wie ein Blitz, der ohne den begleitenden Donner erschien.
Wir erreichten Lornas Schlafzimmer, wo sich nichts verändert hatte. Assunga lehnte nach wie vor an der Wand, Suko stand in ihrer Nähe, hielt den Mantel und ließ die Hexe nicht aus den Augen. Er atmete trotzdem leicht auf, als ich wieder da war.
Assunga richtete ihre Augen auf Carmen.
Und natürlich auf das Schwert, dessen Griff sie mit beiden Händen umklammerte.
Sie fixierte die Hexe. Erst nach einer Weile sagte sie mit leiser, aber dennoch sehr verständlicher Stimme: »Sie hat den Tod verdient! Sie hat ihn voll und ganz verdient. Sie ist nicht besser als die verfluchten, halb verfaulten Vampire in den Kavernen. Oder sind Sie anderer Meinung als ich, John?«
»Im Prinzip nicht.«
»Wie schön!« Carmen atmete tief ein. »Dann haben Sie also nichts dagegen, wenn ich sie töte?«
»Jetzt?«
»Hier und jetzt!« bestätigte sie.
Suko räusperte sich. Er wollte auf sich aufmerksam machen, und ich sah ihn an. Kaum sichtbar schüttelte er den Kopf. Auch ich war im Prinzip dagegen, daß Assunga vor unseren Augen kurzerhand umgebracht wurde. Es wäre Mord gewesen, und wir hätten als Polizeibeamte dabei zugeschaut.
Ja, wir hatten beide Skrupel. Ein Dämon hätte darüber gelacht. Aber das unterschied uns eben von den Wesen der Finsternis, und ich versuchte, einen gewissen Dreh zu finden, der Carmen von ihrer Tat abhalten konnte.
Suko kam mir zuvor. »Hören Sie, Carmen, wir beide können Sie verstehen, aber Sie müssen auch für uns Verständnis haben.«
»Inwiefern?«
»Assunga ist eigentlich nicht ihr Problem. Sie gehört zu uns. Wir hatten mit ihr zu tun!«
»Moment mal. Sie ist mein Problem geworden. Sie hat mich entführt, sie nahm mich mit. Sie sorgte dafür, daß ich in Mallmanns Klauen geriet, in die verfluchten Fänge eines Blutsaugers. Da habe ich mir geschworen, daß ich, wenn ich
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