0755 - Blutnacht für Assunga
der Garten zwar ebenso gepflegt wie am Haupttrakt des Hauses, doch er wirkte weniger parkähnlich, sondern mehr natürlich. Man hatte ihn wachsen lassen und nur ab und zu helfend eingegriffen, was ich persönlich als gut ansah.
Der Garten war leer.
Zumindest konnte ich Mallmann nicht entdecken. Ich glaubte auch nicht, daß er sich in unmittelbarer Nähe aufhielt. Aufgegeben hatte er bestimmt nicht. Er würde in irgendeinem Versteck hocken und dabei seine Wunden lecken.
Ein Wesen wie er erholte sich schnell, und ich mußte auch damit rechnen, daß er zurückkehrte. Ihn aber vergaß ich zunächst einmal, denn da gab es noch eine Person, um die ich mich sorgen mußte.
Es war Assunga, die Hexe. Sie und Mallmann hatten sich gesucht und gefunden. Jetzt bildeten sie ein mörderisches Paar, das nicht nur gegen die Menschheit vorging, sondern sich auch nicht scheute, gegen die Kräfte der Hölle anzugehen und dem Teufel samt seiner Vasallen Paroli zu bieten.
Assunga war hier.
Irgendwo mußte sie sich herumtreiben, wobei sie den Vorteil des Zaubermantels besaß. Er war ein Kleidungsstück wie aus dem Märchen. Ich konnte es nicht fassen, für mich gab es da kaum eine Erklärung. Wir hatten ihr damaliges Erwachen nicht verhindern können und es auch nicht geschafft, sie von Mallmann fernzuhalten. Diese beiden ungleichen Partner mußten einen Weg gefunden haben, um gut zusammenzuarbeiten.
»John…«
Ich drehte mich um, als ich Carmens Stimme hörte. Sie hatte sehr leise und erstickt geklungen.
Die Frau saß auf dem Bett und schaute mich an. Sie versuchte zu lächeln, daraus wurde ein krampfhaftes Zucken ihrer Mundwinkel. Sie bewegte ihre Hände unruhig über das Laken, hob die Schultern und flüsterte: »Ich habe gedacht, es nicht mehr schaffen zu können. Es tut mir leid, John, aber ich bin einfach durchgedreht.«
»Nein, Sie haben sich gut gehalten.«
»Und sie haben mich gerettet.«
»Das mußte ich doch - oder?«
Carmen Cavallo nickte. »Selbst mein Schwert hätte mir in dieser Situation nicht geholfen.«
»Das finde ich auch.«
»Dabei hatte ich Sie und Suko treffen wollen. Aber es kam anders, ganz anders.« Sie schüttelte den Kopf und drückte ihre Finger wieder durch ihr Gesicht. »Es war auch alles vorbereitet, aber dann sah ich die Köpfe in meinem Zimmer. Jemand hat sie auf mein Bett gestellt. Ich traf auch die Frau mit dem schwarzgelben Mantel und wußte sofort, wie gefährlich sie war.«
»Ja, sie und Mallmann gehören zusammen.«
»Und Sie haben das gewußt?«
Ich nickte. »Leider wußte ich nicht, daß er sie mitgebracht hat. Als ich die beiden zum letzten Mal traf, war das in Rumänien, aber das ist eine andere Geschichte.«
»Glauben Sie denn, daß diese Assunga verschwunden ist?« fragte Carmen leise.
»Wenn wir sie nicht sehen, heißt das nicht, daß sie sich nicht in der Nähe aufhält. Wir müssen bei ihr schon auf einige Überraschungen gefaßt sein.«
Carmen nickte mir zu, suchte dann nach den richtigen Worten und flüsterte: »Sie ist so seltsam, finde ich. Sie… sie kommt mir übermenschlich vor.«
»Das kann ich leider nicht bestreiten.«
Carmen machte den Eindruck, als hätte sie diese Bestätigung nicht gewollt. Ihre Schultern zuckten, auch die dünne Haut auf der Stirn bewegte sich. »Das geben Sie so einfach zu, John?«
»Ja.«
Sie überlegte wieder und fuhr nervös durch ihre Haare. »Damit… damit nehmen Sie sich doch selbst die Chance, hier als großer Gewinner aufzutreten.«
»Nein, ganz und gar nicht.«
»Wie wollen Sie diese Person besiegen, John? Wie können Sie überhaupt gegen sie ankommen?«
Ich wollte ihr eine Antwort geben, aber ich schwieg, denn ich hatte Schritte gehört. Die Geräusche bewegten sich auf dem Gang. Einen Moment später wurde, ohne anzuklopfen, die Tür aufgezogen.
Carmen und ich erlebten eine sagenhafte Überraschung…
***
Suko hatte das alles entscheidende Wort gerufen. Für genau fünf Sekunden stand die Zeit still. Niemand, der das Wort Topar verstanden hatte, konnte sich bewegen, bis auf denjenigen, der den Stab trug, und das war nun mal Suko.
Vor ihm stand Assunga!
Er hatte keine Zeit, um sich die Hexe anzuschauen, trotzdem nahm er ihren Anblick auf und konnte ihn auch nicht vergessen, er war einfach zu überwältigend.
Da stand sie mit ihrem ausgebreiteten Mantel, das gelbe Futter schimmerte wie flüssiges Gold, und Suko war klar, daß er die Zeitspanne nutzen mußte. Er durfte nicht einen Bruchteil verlieren, denn jetzt
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