0755 - Blutnacht für Assunga
ihn und bog sich unter seinem Gewicht nach hinten, dann fiel er in ein Gebüsch hinein und konnte sich nur mühsam dort abstemmen, ohne daß er auf den Boden gefallen wäre.
Er kam wieder hoch.
Seine Arme mußte er ausstrecken, um so das Gleichgewicht finden zu können. Dabei sah er aus, als stünde er auf einer Wippe, die ständig in Betrieb war.
Manuel fiel nicht.
Einmal lief er einige Male in einem Kreis, und er brauchte die Schritte, um sich zu erholen.
Es ging ihm besser.
Bisher hatte er sich nur um sich gekümmert, nun machte er sich daran, zum erstenmal die Umgebung wahrzunehmen. Sie war ihm so vertraut, doch in diesen Augenblicken kam sie ihm so fremd vor. Das hohe Haus, der Garten, die vereinzelt stehenden Lampen, deren Lichter ihn störten. Dann die wunderbaren Schatten, die ihm, dem Geschöpf der Nacht, Deckung geben konnten, für die er sich seltsamerweise nicht interessierte, weil sie seinem Trieb nicht entsprachen.
Der sah anders aus…
Der Vampir wollte überleben, und dazu brauchte er den Saft der Menschen. Er wollte Blut!
Seine Augen blinkten. Als sie sich weit öffneten, verfing sich für einen Moment das Licht des Mondes in den dunklen Pupillen und gab ihnen das Aussehen von ungewöhnlich eingefärbtem Glas.
Er ging weiter.
Kälte kroch in ihm hoch. Er schüttelte sich. Die Kraft wollte ihn verlassen. Schnell ging er einen Schritt nach vorn und stützte sich an der Hausmauer ab.
Er röchelte. Den Kopf hielt er gesenkt, schaute zu Boden, sein Mund stand dabei offen. Aus ihm hervor drang ein heller Schleim. Er tropfte zu Boden und sonderte dabei einen eitrigen Geruch ab.
Manuel wartete noch. Er war noch nicht soweit, um sich in seine Rolle völlig eingewöhnt zu haben.
Immer wieder schwankte er vor und zurück, und er war froh, die Hauswand als Stütze zu haben, sonst hätte er längst am Boden gelegen.
Noch etwas war anders geworden.
In seinem Oberkiefer spürte er einen bestimmten Druck, als hätte sich dieser nach vorn hin ausgedehnt. Den Druck empfand er zwar als nicht angenehm, doch er wußte gleichzeitig, daß es ihn einfach geben mußte und daß er mit seinem neuen Zustand in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen mußte.
Er löste eine Hand von der Hauswand und führte den Finger bis an seine Oberlippe.
Stand sie vor?
Er öffnete den Mund.
Sein Finger rutschte dabei ab, und einen Moment später wußte er Bescheid, da nämlich hatte er die beiden nach unten spitz zulaufenden Vampirzähne gespürt, denn sie allein waren sein neuestes Merkmal. Sie wiesen ihm den Weg, den er zu gehen hatte.
Mit der Fingerkuppe streifte er an der Spitze entlang. Er kostete den leichten Druck gegen sein Fleisch, aus, das von den Spitzen eingedrückt wurde.
Die Haut federte leicht, aber es bohrte sich kein Loch hinein. Dazu war sie einfach zu dick. Das Lochwürde er woanders hineinbeißen, und zwar in die straff gespannte Haut eines Halses, wenn er den Kopf eines Opfers zur Seite drückte.
Es war seltsam, plötzlich jedoch kam ihm dies alles so herrlich normal vor. Als wäre er nie Mensch gewesen, immer nur Vampir, der sich stets nur durch Blut ernährt hatte.
Ein Wunder…
Er drehte sich um.
Diesmal mit einer wesentlich kräftigeren Bewegung. Auch als er die ersten Schritte setzte, waren diese nicht mehr so schlapp und schwankend, sondern fest, beinahe federnd.
Auch der Ausdruck in seinen Augen hatte sich verändert. Er war längst nicht mehr so leblos, sondern hatte eine bedrohliche Düsternis und Kälte angenommen.
Manuel war zu einem Sendboten des Todes geworden. Zu einer Person, die nichts anderes wollte, als zu überleben, und dazu brauchte er eine bestimmte Nahrung.
Menschen hatten sie, nur Menschen. Mit dem Blut der Tiere konnte er nichts anfangen.
Er mußte sie nur finden!
Allmählich kehrte auch die Erinnerung zurück. Er dachte daran, daß Carmen Cavallo den Besuch von zwei Männern bekommen hatte. Auch in deren Adern floß das Blut ebenso wie im Körper des Gärtners oder der Köchin. Er konnte es sich aussuchen, und er würde seine beiden Zähne genußvoll in die Hälse der Opfer schlagen.
In seiner Vorfreude ließ er seine Zunge tanzen und aus dem Mund hervorschnellen. Sie huschte um die Lippen herum, zeichnete sie nach, als wollte er fühlen, ob alles noch vorhanden war. Wie ein Fremder bewegte er sich durch den Garten. Leicht geduckt, aber zielstrebig, denn Manuel wußte genau, wohin ihn der Weg noch führen würde.
Sein Ziel stand fest.
Obwohl die Fenster nicht
Weitere Kostenlose Bücher