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0756 - Tod über der Tunguska

0756 - Tod über der Tunguska

Titel: 0756 - Tod über der Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Clement
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nach deinen Worten flehen die Menschen dich um Hilfe an. Du selbst brauchst aber deinerseits ebenfalls Beistand. Was bedroht euch alle hier so sehr?«
    »Das weißt du nicht, Nicole?«
    »Wenn ich es wüsste, würde ich nicht fragen.«
    »Und ich nahm an, dass du aus den fernen westlichen Ländern gekommen seist, um das Böse zu bekämpfen.«
    »Das Böse hat viele Gesichter, Thaagu.«
    »Dein Schmuckstück dort wird dir gewiss dabei helfen können, das Böse zu entlarven. Kann ich es einmal halten?«
    »Das geht nicht«, behauptete Nicole. »Wenn du es berührst, würden deine Hände sofort schwarz werden, verdorren und abfallen.«
    Thaagu riss die Augen auf. Es war nicht klar, ob er Nicole glaubte. Aber immerhin machte er keine Anstalten, sich den siebten Stern von Myrrian-ey-Llyrana greifen zu wollen.
    Für einen Moment herrschte Stille, wenn man von den Klängen absah, die der Alte mit seinem Instrument verursachte. Es war eine Rahmentrommel mit daran befestigten Metallstücken. Sie gab eine seltsame, hypnotisierende Melodie von sich. Aber Nicole blieb davon unbeeindruckt.
    »Du wolltest mir mehr von der Bedrohung durch das Böse erzählen, Thaagu.«
    »Ja, ich habe so etwas in den neunzig Sommern, die ich auf dieser schönen Welt bin, noch nicht erlebt. Von alten Schamanen wurde ich einst in ihre Künste eingeweiht. Sie haben mir die Götterträume gezeigt. Und ich habe gelernt, jederzeit in das Khergu überzuwechseln. Aber noch nie habe ich eine Drohung wie die jetzige gesehen.«
    »Was sind Götterträume ? Was ist das Khergu?«
    »Götterträume, Nicole, sind-Visionen von der Zukunft. Sie sind bruchstückhaft, und auf die Gestaltung hat man als Träumender keinen Einfluss. Noch nicht einmal als Schamane. Trotzdem helfen die Götterträume natürlich dabei, zukünftige Gefahren zu erkennen und abzumildern. Und das Khergu ist die Unterwelt oder Geisterwelt, wie sie von den Tungusen genannt wird. Das ist übrigens die Sphäre, in der wir uns gerade befinden.«
    »Kannst du mir Einzelheiten über die jetzige Bedrohung nennen?«, fragte Nicole. Sie war sich inzwischen unsicher darüber, was sie von diesem Schamanen halten sollte. Hatte er sie wirklich aus dem Zug geholt, weil er eine Hilfe im Kampf gegen das Böse brauchte? Oder stand er vielleicht auf der anderen Seite?
    »Also gut, Nicole. Die Bedrohung ist ein Himmelskörper, der mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf die Erde zurast. Er wird unsere Welt schon in kurzer Zeit rammen. Und zwar hier, an den Ufern der Steinigen Tunguska.«
    Nicole schluckte trocken.
    Wenn Thaagu Recht behielt und wirklich ein größerer Himmelskörper mit der Erde kollidieren würde, dann bedeutete das ein Ende jeder menschlichen Zivilisation.
    ***
    Eiskaltes Wasser klatschte Zamorra ins Gesicht.
    Derart unsanft aus seiner Ohnmacht geweckt, prustete der Dämonenjäger und schüttelte sich. Sibirische Frühlingstage boten nicht gerade das beste Klima, um sich mit kaltem Wasser übergießen zu lassen.
    Doch den Geheimagenten war es vermutlich egal, ob Zamorra einen Schnupfen bekam oder nicht. Abgesehen davon konnten sie ja nicht einmal ahnen, dass Zamorra von der Quelle des Lebens getrunken hatte und ohnehin nicht mehr krank werden konnte.
    Der Dämonenjäger versuchte, sich zu orientieren. Er blinzelte das Wasser weg, das er in die Augen bekommen hatte. Seine Hände konnte er nicht verwenden, um sich über das Gesicht zu wischen. Sie waren nämlich auf dem Rücken gefesselt.
    Man hatte Zamorra auf einen Stuhl gebunden. Er befand sich ganz offensichtlich nicht mehr an Bord der Transsibirischen Eisenbahn. Die Wände links und rechts und vor ihm waren jedenfalls gemauert, und das monotone Fahrgeräusch des Zuges war auch nicht mehr zu vernehmen.
    »Ah, der Anarchist ist aus seinen schwarzen Träumen erwacht!«
    Die Stimme gehörte eindeutig zu Hauptmann Koljew. Der Anführer des Geheimdienst-Trupps aus dem Zug hockte hinter einem breiten Schreibtisch. Er tunkte einen Federhalter in ein Tintenfass und funkelte Zamorra Unheil verkündend an.
    Der Dämonenjäger blieb trotzdem bei seiner Rolle.
    »Ich protestiere gegen diese Behandlung! Ich bin französischer Staatsbürger!«
    »Da sind wir ganz großzügig, Zamorra! Wir von der Ochrana verarzten jeden, der unserem geliebten Zaren schaden will. Da unterscheiden wir nicht nach Nationalität oder Gesellschaftsschicht. In deinem Anzug siehst du aus wie ein respektabler Bürger, Zamorra! Ich dachte, ihr Anarchisten lehnt Eigentum ab und

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