0756 - Tod über der Tunguska
Kameraden von den Beinen. Stöhnend blieben beide auf dem Boden liegen.
Da raste seitwärts ein Knüppel auf Zamorras Kopf zu!
Der Dämonenjäger konnte nicht mehr ausweichen. Obwohl er sich etwas zur Seite drehen konnte, wurde er von der Waffe zumindest gestreift. Für einen Moment sah er Sterne, konnte sich aber auf den Beinen halten.
Blindwütig schlug Zamorra nun um sich. Die Soldaten hatten ihn eingekreist und wollten ihn fertig machen. Die Schmach, dass Gefangene die Fäuste gegen sie erhoben hatten, lastete schwer auf ihnen.
Zamorra schickte mit seinen Fausthieben und Fußtritten noch zwei Mann zu Boden. Doch er merkte, wie seine Kräfte allmählich nachließen.
»Was ist hier los?«
Eine befehlsgewohnte Stimme übertönte den Kampflärm. Schlagartig wurde es still. Die Soldaten drehten Zamorra die Arme auf den Rücken. Er ließ es geschehen. Gegen die Übermacht hatte er ohnehin keine Chance. Trotzdem war er froh, zu Gunsten des mageren Jünglings eingegriffen zu haben. Dieser stand nun etwas abseits und schaute Zamorra mit einem undefinierbaren Blick an.
Doch die Befehlsstimme war von einem Mann gekommen, der gerade die Kommandantur verließ. Auf seiner Uniform war kein Stäubchen zu erkennen, die Stiefel hatte jemand auf Hochglanz poliert.
Für einen Moment musste Zamorra an Asha Devi denken, die Inspectorin bei der India Demon Police. Er war mit ihr befreundet, oder vielleicht befeindet. So genau wusste man das bei Asha nie. Die Inderin wirkte in ihrer Uniform jedenfalls auch immer wie aus dem Ei gepellt.
Doch während Asha Devi durch ihren Kampf gegen die Mächte des Bösen zumindest grundsätzlich auf der positiven Seite stand, war dieser russische Offizier offenbar ein Menschenquäler der schlimmsten Sorte.
Zamorra hatte solche Dreckskerle schon oft kennen gelernt, in allen Zeiten und allen Welten. Er besaß einen sechsten Sinn für solche Typen. Sie waren für das Böse und Dämonische immer besonders empfänglich. Um das beurteilen zu können, benötigte er Merlins Stern nicht. Zamorra war ohnehin froh, dass seine Gefährtin das Amulett gerufen hatte, bevor die Schergen des Zaren ihm das Kleinod abnehmen konnten. Es war schlimm genug, dass dieser Ochrana-Hauptmann Koljew sich Merlins Zeitring unter den Nagel gerissen hatte. Denn ohne dieses magische Werkzeug kamen weder Zamorra noch Nicole wieder in ihre Zeit zurück…
Der Offizier stolzierte vor Zamorra hin und her. Er ging so aufrecht, als ob er einen Stock verschluckt hätte. Seine Hände spielten mit einer Reitpeitsche.
»Meldung! Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!«
Einer der Soldaten salutierte. Seine Stimme zitterte vor Furcht, während er sprach.
»D… der Gefangene Petrow hat seine Hand gegen seinen Wächter erhoben, Herr Leutnant! Bevor der Sträfling zurechtgewiesen werden konnte, hat dieser Neuzugang rebelliert. Wir wollten ihn gerade wieder zur Räson bringen, Herr Leutnant!«
Obwohl der Soldat redete, richtete Leutnant Baldew seine gnadenlosen Augen auf Zamorra. Doch der Dämonenjäger ließ sich nicht einschüchtern und hielt dem Blick stand.
»Du musst dieser Zamorra sein. Ich habe schon viel von dir gehört. Du bist doch dieser anarchistische Dandy, nicht wahr?«
»Wenn du meinst…«
Zamorra hätte mit den Schultern gezuckt, wenn ihm die Soldaten die Arme nicht auf dem Rücken verdreht hätten. Die Uniformierten hielten den Atem an. Bisher hatte noch kein Gefangener den Leutnant geduzt. Jedenfalls keiner, der es überlebt hätte.
Der Offizier ergriff wieder das Wort.
»Zu deiner Information, du Ratte: Ich bin hier der Lagerchef. Ich heiße Leutnant Arkadi Baldew. Und ich werde entweder mit Herr Kommandant oder mit Herr Leutnant angeredet!«
Zamorra schwieg. Er hatte nicht vor, sich mit diesem aufgeblasenen Uniformträger auf eine Diskussion einzulassen. Der Dämonenjäger wollte nur eines, nämlich die schlimmsten Folgen der Tunguska-Katastrophe abmildern. Völlig verhindern wollte er das Ereignis nicht, selbst wenn er die Möglichkeit dazu hatte. Denn dadurch hätte Zamorra in das Raum-Zeit-Kontinuum eingegriffen. Fatale, nicht absehbare Verschiebungen wären die Folge gewesen. Gerade solche Gefahren machten Zeitreisen so riskant und unberechenbar.
Aber all das konnte er diesem Leutnant Baldew natürlich nicht erzählen.
Daher zog Zamorra es vor, für den Moment zu schweigen.
Doch auch das passte dem Offizier nicht.
»Mir scheint, du bist ein ganz besonders verstockter Anarcho, Zamorra! Na, ich werde dir
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