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0756 - Tod über der Tunguska

0756 - Tod über der Tunguska

Titel: 0756 - Tod über der Tunguska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Clement
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deinen Aufenthalt im Straflager 252 schon versüßen. - Sergeant Pratjakow!«
    Der angesprochene Soldat salutierte. »Jawohl, Herr Leutnant!«
    »Nehmen Sie diese beiden Gefangenen…« Er deutete mit Kinnbewegungen auf Zamorra und auf Oleg Petrow. »… und stecken Sie sie in den Fuchsbau. Halbe Rationen, bis ich etwas anderes befehle!«
    Sergeant Pratjakow grüßte erneut so zackig wie ein Kadett beim Offiziersgelöbnis. Dann schleiften unter seiner Leitung die anderen Soldaten Zamorra und Oleg davon.
    Leutnant Baldew schickte ihnen einen hasserfüllten Blick hinterher. Dieser Zamorra hatte seinen persönlichen Ehrgeiz gekitzelt. Baldew empfand es als Beleidigung für sich selbst, wenn ein einzelner Anarchist glaubte, die Gefangenen des Straflagers 252 aufwiegeln und die Gewaltherrschaft des Leutnants brechen zu können.
    Der wird noch meine Stiefel lecken, wenn ich mit ihm fertig bin!, schwor Baldew sich selbst. Er holte seine Zigarettenschachtel aus der Tasche und zündete sich eine Papyrossa an. Nachdem er die ersten tiefen Lungenzüge genommen hatte, kam ihm eine Idee, wie er es Zamorra richtig zeigen konnte.
    Der Leutnant beschloss, am nächsten Morgen ganz besonders früh aufzustehen…
    ***
    Der Fuchsbau war ein gemauerter Verschlag, der so eng und klein war, dass man nicht aufrecht darin stehen konnte. Der Platz reichte gerade eben aus, dass Zamorra und Oleg sich nacheinander hineinquetschen konnten. Die einzige Lichtquelle bestand aus einem schulheftgroßen, vergitterten Fenster in der Ecke. Fahles Sonnenlicht schien herein.
    »Fühlt euch wie zu Hause!«, spottete einer der Wachsoldaten. Dann wurde die schwere Tür von außen zugeworfen und ein Riegel vorgelegt.
    »Fahr doch zur Hölle!«, knurrte Zamorra in Richtung Tür.
    »Es gibt keine Hölle«, sagte Oleg Petrow altklug. »Alles nur Pfaffengeschwätz, um das einfache Volk mit Ammenmärchen gefügig zu machen.«
    Was ist das denn für ein Schlaumeier?, dachte Zamorra. Er selbst hatte die Hölle oft genug gesehen. Erst vor wenigen Wochen waren Nicole und er und auch der Jungdrache Fooly mittendrin gewesen. Sie war zwar nicht unbedingt das, was sich der Herr Pfarrer in seiner Sonntagspredigt vorstellte, aber sie war unbeschreiblich erschreckend und tödlich. Der Kampf gegen ihre Bewohner gehörte für Zamorra zum Alltag.
    Gleichzeitig wurde dem Dämonenjäger klar, dass er sich in einem Straflager für politische Gefangene aufhalten musste. Der Ochrana-Hauptmann hielt ihn, Zamorra, ja offenbar für einen Anarchisten. Also musste man davon ausgehen, dass dieser junge Mann eine ähnliche Gesinnung hatte. Zamorra erinnerte sich daran, dass die Anarchisten alle religiösen Ideen und Überzeugungen ablehnten. Und dazu gehörte natürlich auch die-Vorstellung von einer Hölle und von ihren teuflischen Bewohnern…
    »Ist nur so eine Redensart«, sagte Zamorra laut. Er wollte seine wahre Identität nicht aufdecken. Das führte nur zu Verwirrung. Wenn dieser Jüngling ihn, Zamorra, also für seinesgleichen halten wollte, dann sollte er das tun.
    »Eine Redensart, Genosse, natürlich. Ich weiß, was du sagen wolltest. Das Feuer der Revolution wird solche Marionetten des Zaren wegbrennen.«
    »Ja, genau. Wie heißt du eigentlich, Kump… äh… Genosse?«
    »Ich bin Oleg, Oleg Petrow aus St. Petersburg. Und du?«
    »Mein wahrer Name tut nichts zur Sache. Du kannst mich aber Zamorra nennen.«
    Oleg lachte.
    »Du benutzt einen falschen Namen? Ich dachte, das macht nur dieser Spinner Lenin.«
    »Wer?«, fragte Zamorra, obwohl er genau verstanden hatte.
    »Ach, in Wahrheit heißt er wohl Uljanow oder so. Ich weiß nicht, ob du von ihm gehört hast. Immerhin kämpfen er und seine Bolschewisten auch gegen den Zaren. Aber ich halte sie für eine Bande von Träumern. Wir Anarchisten werden es sein, die das russische Volk vom Joch des Tyrannen befreien.«
    Da irrte sich Oleg gewaltig, wie Zamorra wusste. Ungefähr zehn Jahre nach diesem Gespräch im Fuchsbau würde unter Lenins Führung das erste sozialistische Großreich der Welt entstehen. Und die Anarchisten verschwanden in der Bedeutungslosigkeit.
    Aber diese politischen Umwälzungen interessierten Zamorra momentan nicht. Er musste bei der-Tunguska-Katastrophe das Schlimmste verhindern.
    »Sicher, wir werden den Zaren in den Hintern treten. Oleg, ist dir in den letzten Tagen etwas aufgefallen? Ich meine, Veränderungen?«
    Der junge Anarchist horchte auf. »Wovon redest du, Zamorra?«
    »Ich meine das Klima,

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