0758 - Mörder aus der Spiegelwelt
Gesichtspunkt.
»Warum hast du das Château Montagne hier nachgebildet? Für mich ergibt das keinen Sinn, so, wie es jetzt dasteht.«
Der Spiegelwelt-Magier sah überheblich auf ihn herunter.
»Gefällt es dir nicht? Es ist nur eine Spielerei, aber mit meiner Magie und meinem Können sicher perfekt gelungen. Oder siehst du irgendeinen Fehler daran? Stimmt irgend ein Detail vielleicht nicht?«
Zamorra nickte. »Ein entscheidendes sogar: Es ist tot. Nur eine steinerne Hülle ohne jedes Leben, ohne jede Wärme. Einfach nur ein sinnloses Ding. So sinnlos, wie der ganze Ort hier, der aber tatsächlich ausgezeichnet zu dir passt. Wer ihn auch immer geschaffen hat - wenn es tatsächlich nichts mit schwarzer Magie zu tun hatte, dann hätte er rechtzeitig einen sehr guten Psychiater aufsuchen sollen. Das sieht hier aus wie auf einem Dali-Gemälde, allerdings von einem Dali, der mindestens vierzig Jahre schlechte Laune hinter sich hat. Das ist krank und pervers.«
Der Spiegelwelt-Zamorra schien für einen Augenblick seine Kontrolle zu verlieren, als hätten ihn die Worte des Professors tatsächlich getroffen, doch dieser Moment dauerte nicht lange. Jedenfalls nicht lange genug, um ihn Erfolg versprechend anzugreifen. Womit auch - Zamorra verfluchte die Tatsache, seinen Dhyarra jetzt nicht bei sich zu haben. Er war hilflos wie ein Kind.
Zudem war er ja gezwungen, in alle denkbaren Aktionen Pierre Robin mit einzubeziehen. Der Dämonenjäger musste ihn vor dem Magier schützen und sich gleichzeitig vor ihm in Acht nehmen, denn jederzeit konnte sein Freund wieder unter die Kontrolle seines Gegners geraten.
»Tot? Tot und sinnlos also?« Der Magier hatte sich wieder gefangen. »Dann geben wir dem Wort Tot für diese Sphäre doch einen ganz besonderen und neuen Sinn, denn hier wird schon bald ein Grab zu finden sein. Genau hier, auf dem Vorplatz. Dein Grab, Zamorra! Und dein Amulett wird auf dem Grabhügel liegen, denn hier werde ich es für alle Zeit deponieren. Dann kann es mich nicht mehr in meiner und in deiner Welt stören. Endlich!«
Im Rausch der Vorfreude stieg der Spiegelwelt-Magier einen weiteren Meter in die Höhe. So sehr es ihm auch widerstrebte: Zamorra musste sich eingestehen, dass sein Gegner gute Chancen hatte, das eben Gesagte in die Tat umzusetzen.
***
Jacques Lahdous Zustand war nicht lebensbedrohlich, wie der gerufene Notarzt schnell bestätigte. Der Beamte der Sitte hatte einen verflixt harten Schädel, der ihm mit einiger Sicherheit das Leben gerettet hatte. Dennoch brachte man ihn mit Blaulicht ins Krankenhaus.
François Brunot und Joel Wisslaire saßen in Pierre Robins Büro und starrten die Frau mit der ruinierten Gesichtsschminke an, die mit Hand- und Fußfesseln ziemlich bewegungsunfähig gemacht, auf einem harten Holzstuhl saß und wütend mit den Zähnen knirschte. Die beiden Polizisten waren sich sicher, dass sie ihnen mit Vergnügen an die Kehle gesprungen wäre. Und wenn es stimmte, was Nicole Duval behauptete, dann war diese Dame dort ausgebildet in allen nur denkbaren Kampfsportarten und somit mit größter Vorsicht zu genießen.
Duval hatte sich wie selbstverständlich auf Robins Chef sessel niedergelassen.
Wisslaire räusperte sich laut. »Und nun? Ich gebe ja zu, sie hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Ihnen, aber auch wenn sie hier eingedrungen ist und einen Beamten schwer verletzt hat, mm, dennoch sind Sie die Hauptverdächtige im Mordfall Marie Voloh.«
»Gewisse Ähnlichkeit?« Nicole Duval runzelte die Stirn. Ihre Spiegelwelt-Dublette hatte sich tatsächlich mit der übertriebenen Schminke mächtig verändert, aber das konnte man ja rückgängig machen.
»Hast du gehört? Sie erkennen dein hübsches Gesicht nicht richtig! Schminkst du dich freiwillig ab oder muss ich deinen Kopf in die Toilette stecken?«
Die Beamten mischten sich nicht ein, denn Nicoles Temperament war ihnen durchaus bekannt. Das kleine Handwaschbecken in Robins Büro reichte aus, um binnen Minuten mit der Hilfe von Wasser und einer Reinigungscreme ein visuelles Wunder zu bewirken. Brunot und Wisslaire saßen sprachlos mit offenen Mündern vor den beiden Frauen, die sich so hundertprozentig glichen, wie es selbst bei eineiigen Zwillingen nur äußerst selten vorkam. Sie waren wirklich leibhaftige Spiegelbilder der jeweils anderen.
»Das… ist unglaublich!« Brunot war als Schnellsprecher unter den Kollegen bekannt, aber hier brachte auch er nur stockend seinen Unglauben hervor. Doch er fing sich rasch
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