0759 - Die Nacht der Höllenfürstin
ganz außen vor. Dass er hineingezogen wurde, ist sicherlich unbeabsichtigt. Frage: Warum will Calderone Bellaux töten? Weil er weiß, dass Stygia ihn beauftragt hat? Wenn ja, woher weiß er davon?«
»Und wer ist Stewish? Calderone wollte einen Mann namens Stewish töten, keinen Bellaux«, warf Nicole ein.
»Ein Doppelgänger vielleicht.«
»Oder Stygia intrigiert in beide Richtungen«, schlug Nicole vor. »Sie setzt Bellaux auf Calderone an und Calderone auf Bellaux alias Stewish.«
»Ich kenne niemanden, der Stewish heißt!«, beteuerte Bellaux erneut.
»An der Idee ist trotzdem was dran«, sagte Zamorra.
»Das alles«, verkündete Sid Amos laut, »interessiert mich nicht mal zur Hälfte. Für mich ist interessant, dass ich angegriffen wurde. Und ich werde das nicht auf mir sitzen lassen.« Er hob seinen rechten Arm, dem die Hand fehlte.
Bellaux zuckte zusammen.
»Du bist nur ein Werkzeug, Freundchen«, sagte Amos in seine Richtung. »Das rettet dich. Ich will den Drahtzieher, den Anstifter. Und das ist Stygia.«
»Du bist noch nicht wieder stark genug, dich mit ihr anzulegen«, wandte Zamorra leise ein.
»Wir werden sehen«, blaffte der Ex-Teufel. »Wenn ich sie erwische, drehe ich ihr den Hals um.«
»Dazu wirst du aber zwei Hände brauchen«, sagte Zamorra.
»Vielleicht«, knurrte Amos, »nehme ich deine zweite Hand dafür.«
***
Fehlgeschlagen!
Calderone war dem Anschlag entgangen. Er war wieder in die Hölle zurückgekehrt. Er war unverletzt und wütend, wie Stygias Spione ihr berichteten.
Sie fragte sich, was schief gegangen war. Sie hatte doch alles perfekt eingefädelt! Wieso hatte es nicht funktioniert?
Hatten sich Bellaux und Calderone verfehlt?
Ein Hilfsgeist näherte sich. Er verhielt sich sehr unterwürfig und bat, der Fürstin der Finsternis eine Botschaft überbringen zu dürfen.
»Sprich!«, sagte sie.
»Fürstin, es wurde mir aufgetragen, dir mitzuteilen, dass der Herr der Hölle deine Anwesenheit vor seinem Antlitz wünscht, und dies unverzüglich. Sollte dir das, Fürstin, nicht genehm sein, strafe nicht mich, denn ich bin nur der Überbringer dieser Nachricht.«
Stygia runzelte die Stirn. Sekundenlang sah es so aus, als würde sie den niederen Höllengeist dennoch erschlagen.
»So teile ihm mit, dass du mich nicht angetroffen hast«, erwiderte sie schließlich.
»Aber… Herrin… ich habe…«
»Du hast mich nicht angetroffen«, fauchte Stygia. »Du hast die Botschaft des Herrn der Hölle nicht an mich ausrichten können. Weil ich nicht hier anwesend bin. Hast du das verstanden?«
»Ja, Fürstin, aber ich sehe dich doch vor mir und…«
»Du siehst mich nicht vor dir, weil ich nicht hier bin. Hast du ein Problem damit, das dem Herrn der Hölle zu sagen?«
»Er wird mir nicht glauben!«, wimmerte der Geist.
»Und ich werde dich töten, wenn du es ihm nicht mitteilst.«
»Ich höre und gehorche«, stöhnte der hilflose Bote und verschwand so, wie er gekommen war.
Vermutlich würde Calderone ihm nicht glauben und ihn vielleicht sogar erschlagen. Aber das interessierte Stygia nicht. Sie wollte nur nicht gerade jetzt mit Calderone reden. Sie hasste ihn, weil er sie überrundet hatte. Und sie fürchtete ihn, weil sie annahm, dass er ihr all das heimzahlen würde, wozu sie ihn einst gezwungen hatte.
Sie nahm es nicht zu Unrecht an.
Bevor sie ihm nun Rede und Antwort stand, wollte und musste sie zunächst herausfinden, was wirklich geschehen war, warum Bellaux versagt hatte.
Sie begab sich ein weiteres Mal in die Welt der Menschen…
***
Das mit der zweiten Hand, dachte Zamorra, war sicher nicht das Problem. Auch ihm war daran gelegen, Stygia unschädlich zu machen. Andererseits konnte sie ihm recht nützlich sein. Das war etwas, das auch ein Sid Amos trotz seiner vielfältigen Informationsquellen nicht unbedingt wissen konnte. Zamorra war in der Lage, Stygia zu erpressen. Er konnte sie dazu zwingen, für ihn zu arbeiten. Sie hatte einen Fehler gemacht, und er war gewillt, diesen Fehler eiskalt auszunutzen, wenn es nötig wurde.
Sicher war es nicht das, was andere unter »fairplay« verstanden. Doch Zamorra empfand da keine Gewissensbisse. Stygia war ein hinterhältiges Rabenaas, und sie, die höllische Intrigantin, mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, war schon ganz unterhaltsam.
Und vielleicht auch von Nutzen.
Wichtiger allerdings erschien es ihm, Calderone unschädlich zu machen.
Er hatte selbst einige Male die Chance dazu gehabt. Aber damals war Calderone
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