0759 - Die Nacht der Höllenfürstin
hatten sie ja nicht mit einem dämonischen Angriff rechnen können.
»Wir schauen uns mal um«, sagte Nicole. »Unsichtbar machen kann er sich ja nicht. Pascal, du hältst die Tür geschlossen, und…«
»Welche Tür?«, seufzte Lafitte. »Die, die Calderone kaputtgeschossen und eingetreten hat?«
»Pardon«, sagte sie. »Halte dich trotzdem zurück! Und versteck deinen Kollegen notfalls im Keller. Ich schätze, Calderone ist immer noch hinter ihm her. Warum sonst sollte er zurückgekehrt sein?«
Bellaux sah aus wie ein Häufchen Elend. Er schien Angst zu haben, und die war sicher nicht unbegründet. Aber trotzdem war da diese seltsame Aggressivität, die er zu verheimlichen versuchte…
Zamorra, Nicole und Amos erhoben sich, verließen das Wohnzimmer und gingen zur Haustür.
Sekunden später löste sich auch Bellaux aus seinem Sessel.
»Bleib hier, Giscard«, sagte Lafitte. »Was hast du vor?«
»Ich will mich nicht umbringen lassen«, erwiderte Bellaux düster.
»Dann bleib hier, verdammt! Keiner von uns weiß, wo Calderone ist. Draußen bist du wie auf dem Präsentierteller!«
Bellaux antwortete nicht, sondern folgte den drei anderen.
Er holte Sid Amos ein, der gerade als Letzter das Haus verlassen wollte.
Giscard Bellaux war gleich hinter ihm - und trat ihm in die rechte Kniekehle!
Amos knickte ein, war für einen kurzen Moment hilflos.
Diesen Moment nutzte Bellaux. Er packte zu und bekam Amos’ Kopf mit beiden Händen zu fassen, um ihm mit einem heftigen Ruck das Genick zu brechen.
***
Stygia war vorsichtig und schirmte sich sorgfältig ab. Sie wollte mit Bellaux reden, dem Mann, den sie sich hörig gemacht hatte. Behutsam tastete sie mit ihren dämonischen Para-Sinnen nach seinem Geist, um herauszufinden, wo er sich in diesem Moment befand.
Sie erhielt ein sehr schwaches Echo. Sofort versetzte sie sich in die unmittelbare Nähe, vernachlässigte dabei aber ihre mentale Abschirmung nicht. Sie wollte nicht, dass irgendjemand sie entdeckte.
Schon Augenblicke später begriff sie, wie wichtig diese Vorsicht war. Denn in der Nähe ihres menschlichen Werkzeugs befanden sich - Zamorra! Duval!
Und Asmodis!
Der hatte ihr gerade noch gefehlt!
Was hatte er hier zu tun? Dieser Renegat, dieser Verräter, der der Hölle den Rücken gekehrt hatte.
Was natürlich von Vorteil für Stygia war, denn sonst wäre sie niemals Fürstin der Finsternis geworden. In einer direkten Auseinandersetzung mit Asmodis unterlag sie, das war ihr völlig klar.
Und gerade deshalb galt es für sie, jetzt besonders vorsichtig zu sein. Sie wollte es nicht auf einen Kampf gegen ihn ankommen lassen.
Als Nächstes bemerkte sie, dass auch Calderone in der Nähe war.
Sie spürte seine Aura. Er schirmte sich ebenfalls ab, jedoch nicht gut genug. Ein wenig kam noch durch. Es reichte, dass Stygia seine Position lokalisieren konnte.
Er war nur wenige Dutzend Meter von ihr entfernt!
Die Dämonin schloss die Augen.
Es waren zu viele Gegner zugleich. Zu viele, um sie zu besiegen, zu viele, um sie gegeneinander ausspielen zu können. Sie musste es zu einem anderen Zeitpunkt versuchen, an Bellaux heranzukommen und herauszufinden, warum er Calderone nicht mit dem Ju-Ju-Splitter getötet hätte; Jetzt war es zu riskant.
Sie überlegte, ob sie in die Hölle zurückkehren und dort abwarten sollte, oder ob es besser war, hier vor Ort zu verfolgen, was weiter geschah. Sie entschied sich für Letzteres, auch wenn es für sie möglicherweise gefährlich wurde. Doch sie war neugierig.
Und vielleicht gelangte sie so ja auch an weitere Informationen.
Also blieb sie als stille Beobachterin, sorgsam abgeschirmt, in der Nähe und harrte der Dinge, die da kommen würden.
***
»Bist du wahnsinnig?«, schrie Pascal Lafitte auf, der seinem ehemaligen Arbeitskollegen gefolgt war. »Hör auf, du bringst ihn ja um!« Er sah keine andere Möglichkeit, als die Fingerspitzen unter Bellaux’ Achseln zu stoßen.
Pascals ehemaliger Kollege schrie auf und ließ Sid Amos los.
Der taumelte vorwärts und stürzte wie ein gefällter Baum zu Boden.
Bellaux drehte sich um und sah Lafitte aus großen, schmerzerfüllten Augen an. Er konnte seine Arme jetzt nicht gebrauchen.
»Was tust du, Pascal?«, ächzte er.
Lafitte fragte sich, ob er wirklich richtig gehandelt hatte. Immerhin war Amos ein Dämon. Und es gab viele, die ihm nicht über den Weg trauten. Andererseits… Zamorra war davon überzeugt, dass Amos der Hölle tatsächlich den Rücken gekehrt hatte,
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