0760 - Chaos in der Koboldwelt
Nicole zur Gasthaustür schauen konnten. Es roch schweflig in dem Lokal. Die Blasterschüsse hatten die Luft aufgeheizt und den typischen Geruch erzeugt, der auch nach elektrischen Entladungen entstand.
Eine nur mit einem Schlangenhautslip bekleidete Schönheit mit einem Hörnerhelm wie ein Wikinger und einem Stab, der von einem Totenkopf gekrönt war, stand in der Tür. Ihr langer Echsenschwanz allerdings störte für Menschen den hübschen Anblick erheblich.
Ihre Augen waren schräg und geheimnisvoll. Kleine Punkte flimmerten darin wie glitzernde Staubkörnchen.
Die Dorfbewohner schrien erschreckt auf.
»Das ist noch eine Dämonin!«, rief jemand.
»Stygia!«, entsetzte sich Mostache.
Während die anderen noch zögerten oder sich duckten und zurückwichen, trat die stämmige Wirtsfrau dem Wesen entgegen, deren mit Zacken versehener Echsenschwanz zuckte. Madame Mostache, einhundertneunzig Pfund Lebendgewicht, stemmte die Fäuste in die Seiten.
»Wagen Sie nicht, mein Lokal so zu betreten, Mademoiselle, wer immer Sie sein mögen!«, rief sie. »Der Teufel ist ein anständiges Lokal.«
Es war eine absurde Situation. Die Wirtin hatte in dem Moment keine anderen Sorgen, als auf den Ruf ihres Lokals zu achten. Nun ja, immerhin gehörten ja auch Asmodis, der einmal Fürst der Finsternis gewesen war, und Zamorra zu ihren Gästen…
»Wisst ihr nicht, wer ich bin?«, fragte die freizügige Schöne. Sie wiegte sich verführerisch in den Hüften. Sie musste noch sehr jung sein, sechzehn, siebzehn vielleicht, mädchenhaft und verlockend. »Kennt ihr mich nicht?«
»Aus dem Dorf sind Sie nicht«, sage die Krämerladenbesitzerin. »Zu meiner Kundschaft gehören Sie nicht.«
»Ich bin über den Regenbogen gekommen.«
Das Amulett hatte zwar geflimmert, jedoch nicht die Ausstrahlung eines schwarzmagischen Dämons angezeigt. Nicole war diesbezüglich beruhigt, obwohl die Fremde durchaus gefährlich wirkte, so wie sie sich ausstaffierte.
»Bedecken Sie sich!«, verlangte Madame Mostache kategorisch.
Im nächsten Moment saß der Wikingerhelm auf ihrem Kopf, und sie konnte ihn absolut nicht abnehmen.
Mit einem Entsetzensschrei floh sie hinter den Tresen. Vergeblich zerrte sie an dem Helm.
Die Fremde wollte sich ausschütten vor Lachen. Jetzt bemerkte Nicole, dass sie spitze Ohren hatte, die das lange dunkle Haar meist verdeckte. Nicole zählte Zwei und Zwei zusammen. Der Schabernack, dieser Auftritt.
Der Regenbogen…
»Bist du das, Ixi?«, fragte sie.
»Ja, du hast es erfasst.« Ixi verwandelte sich, ihre Haut wurde blau, die Haare grasgrün. Den Schlangenslip trug sie immer noch, aber der Totenkopfstab verschwand genauso wie der Echsenschwanz.
Sie fegte mit einem weiten Sprung durchs Lokal, umklammerte Nicole mit den Beinen, hing an ihr wie eine Klette und juchzte: »Ich bin wieder dadada! Ich bin über den Regenbogen von der Koboldwelt gekommen. Ixi-Nixi-Trixi-Bixi! Die tumben Kobolde haben es nicht geschafft, hierher zu gelangen. Aber meinen Schwestern und mir ist es gelungen.«
Nicole traf fast der Schlag, als drei weitere Koboldmädchen, die Ixi glichen wie ein Ei dem anderen, durchs Fenster hüpften und zur Tür hereinspazierten. Alle blau, alle grünhaarig und fast nackt.
Es war unfassbar. Die Koboldinnen wirbelten durch die Kneipe, schaukelten an den Kupferlampen, warfen ein paar Flaschen am Regal hinterm Tresen um. Es klirrte und schepperte.
»Ich glaub’s nicht«, stöhnte Lefty.
»Das darf doch nicht wahr sein«, stimmte ihm Righty zu.
Zuvor hatten sie sich schweigend verhalten, weil sie spürten, dass es Zamorra sehr schlecht ging.
Die tolle Koboldinnenschar stellte den »Teufel« glatt auf den Kopf. Sie sangen und kreischten, zupften die Männer und Frauen im Lokal, rückten die Tische und stürzten Stühle um.
Eine Koboldin trank Absinth aus einem Glas - und spuckte ihn wieder aus.
»Bäh, was für ein Gesöff ist denn das? Scheu-eu-meu-teu-beußlich. Eu-eußlich.«
»Das ist Trixi«, sagte Ixi. »Sie hat einen Sprachfehler. Leider.«
Eine andere schaukelte an der Lampe, hexte sich eine Ritterrüstung an und riss die Lampe aus der Verankerung, weil sie zu schwer wurde.
»Nixi«, stellte Ixi sie vor. »Etwas ungeschickt. Richtet leicht Schäden an.«
Eine andere Koboldin, hübsch waren sie alle, knutschte mit dem jungen Bertrand.
»Bixi«, bemerkte Ixi zu Nicole und schrie dann: »Benimm dich!« Ruhig wandte sie sich wieder der Dämonenjägerin zu. »Sie ist sehr freizügig und mannstoll.
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