0760 - Chaos in der Koboldwelt
das viereckige Drachenei und die gerade Spirale.
Keiner jedoch durfte einen Künstlerkobold kritisieren oder gar tadeln, sonst zog er sich dessen größten und ewigen Zorn zu. Auch Koboldromane, die von vorn nach hinten geschrieben, jedoch umgekehrt gelesen wurden, waren in Mode. Und Malereien, prinzipiell von abstrakter Art.
Dieses neckische Völkchen lebte unter dem Schutz von Asmodis, der aus unerfindlichen Gründen einen Narren an ihnen gefressen hatte. Er kümmerte sich nur noch wenig um sie. Der Dämon Baal aus der Spiegelwelt hatte vor etwa einem Jahr das Koboldland übernommen, viele Kobolde getötet und sich mit Zamorra und Asmodis einen Aufsehen erregenden Kampf geliefert. [15]
Mit Mühe war es gelungen, ihn wegzubannen. Jetzt griff wieder eine dämonische Gefahr nach dem Koboldvolk. Im Allgemeinen ließen die Schwarzblütigen die Kobolde in Ruhe, weil sie der Meinung waren, diese wären für keinen vernünftigen Zweck zu gebrauchen.
Doch es gab Ausnahmen. An dem Tag, an dem der neue dämonische Übergriff begann, wanderte Ixi mit ihrer Schwester Nixi durch die Berge. Klex hatte sie eingeladen und sehr geheimnisvoll getan.
Die Sonne schien, dennoch war es recht kühl, wie eigentlich meistens auf der Koboldwell. Ixi und Nixi stiegen zu dem Hochtal, in dem Klex seine Höhle hatte. Er galt als ein großer Künstler.
Eine Hornschrexe sägte sich unter den beiden Koboldinnen durch das Gestein, von dem sie sich ernährte. Das schrille Geräusch und die Bodenvibrationen waren unverkennbar.
»Diese Hornschrexen werden immer schlimmer«, sagte Nixi. »Sie fressen uns noch den ganzen Planeten auf.«
Ein Schwarm Brummsummseln, libellenartige Insekten, die sich pfeilschnell bewegten, schwirrte vorbei. Die blauhäutigen, hübschen und spitzohrigen Koboldinnen schützten sich durch Magie vor ihnen. Der Stich einer Brummsummsel rief ein hohes Fieber hervor. Wer gar ungeschützt in einen Schwarm geriet, konnte zu Tode gestochen werden.
Ixi pfiff schrill auf zwei Fingern. Ihr Pschrtritzel, den sie zu dem Ausflug mitgenommen hatte, war zurückgeblieben. Er schnüffelte irgendwo zwischen den Felsen herum.
Jetzt erhob er sich in die Luft, eine Kreuzung von Bassett-Hound und Krokodil, äußerst plump, sozusagen ungestalt. Der Pschrtritzel war ockerfarben mit rosa Flecken. Er hatte rudimentäre Stummelflügel, die jedoch keinem praktischen Zweck mehr dienten.
Nur durch schwache magische Fähigkeiten, die er instinktiv einsetzte, vermochte er die Schwerkraft so zu vermindern, dass er durch flügelschlagähnliche Bewegungen seiner großen Schlappohren kürze Strecken zu fliegen vermochte. Das Tier hatte ein faltiges Gesicht, Triefaugen und war Ixis Liebling.
»Gonzo, komm her!«, rief sie.
Der Pschrtritzel landete gehorsam bei dem Koboldmädchen und leckte ihr die Hand.
Das Trio stieg nun weiter ins Hochtal hinauf, bis es sein Ziel erreichte.
Dort hatten sich an die fünfzig Kobolde versammelt. Sie erwarteten den Besuch schon sehnsüchtig. Klex hatte sich zur Feier des Tages einen Faltenkragen umgebunden. Klex war sehr hager. Von seinem Eierkopf mit den Glubschaugen standen die gelben Haare ab wie von einer grotesken Klosettbürste.
Drei große Fässer Wurzelbier standen bereit. Über einem Feuer brodelten Kräuter und ein paar Mäuse, die Klex extra von der Erde hatte holen lassen, in einem Kessel als Festtagsschmaus. Im Hintergrund befanden sich vor den Höhlenöffnungen in der Felswand pilzförmige Hütten. Dekorativ standen ein paar Sitzgelegenheiten und Liegen herum, die allesamt irgendwelche Schäden hatten und grotesk geformt waren.
»Glaubt ihr, sie wird meine Werbung annehmen?«, fragte Klex zum x-ten mal seine Freunde Broxo und Garax.
»Klar doch«, erwiderten beide. »Wenn sie das Bild sieht, das du von ihr gemalt hast, wird sie hingerissen sein.«
Broxo strich sich über den grauweißen Bart. Er näherte sich seinem fexigsten Geburtstag. Bald würde er diese Welt verlassen.
Die Kobolde jubelten, als Ixi und Nixi eintrafen, von dem Pschrtritzel begleitet, der kläffte und grunzte. Es gab einen kleinen Zwist, als Gonzo, der Pschrtritzel, ausgerechnet bei dem Kessel sein Bein hob und sich erleichtern wollte.
»Er verdirbt unser Essen!«, rief Klex und warf einen Stein nach ihm.
Der vierbeinige Krokodilhund oder das Hundekrokodil lief jaulend weg.
Ixi war empört. »Wie kannst du dich nur an meinem Schoßtierchen vergreifen, Klex?«
Voller Zorn heftete sie dem Malerkobold eine Brummsummsel, die
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