0760 - Die Geisterfee
los und habe das Gefühl, ihm etwas schuldig zu sein.«
»Das verstehe ich.«
Tanner stand etwas verlegen vor mir. »Deshalb wirst du mich auch verstehen, wenn ich dich darum bitte, diesmal bei dir mitmischen zu können. Ich möchte kein Zuschauer mehr sein. Klar, es ist viel verlangt, aber in diesem Fall bin ich einfach zu persönlich engagiert. Wenn ihr eine Spur gefunden habt, laßt es mich wissen.«
»Du meinst von Alexa Santos?«
»Ja, nur von ihr.«
Ich nickte. »Es wird schwer sein, das weißt du selbst.« Ich hörte, wie Bill fluchte, weil er noch immer nichts gefunden hatte, was uns weitergeführt hätte. »Aber ich verspreche dir, daß ich es dich wissen lasse, Tanner.«
»Danke.« Er wußte auch, daß er uns bei unserer Arbeit störte, verließ die Wohnung und ging zu seinen Leuten.
Bill wunderte sich. »Du willst ihn wirklich dabeihaben, John?«
»Das bin ich ihm schuldig.«
»Also nichts gegen Tanner, das weißt du. Aber ist das nicht einfach zuviel für ihn.«
»Er ist ja nicht allein. Ich werde Suko dann verständigen. Er kann ja ein Auge auf ihn halten.«
»Dann sind wir zu viert.«
»Möglicherweise noch zu wenige.«
Bill winkte ab. »Laß es mal gut sein. Es kann ja noch andere Dinge geben, die uns in die Quere kommen. Jedenfalls habe ich hier im Wohnraum keine Hinweise gefunden.«
»Und in den anderen Zimmern?«
»Muß ich noch nachschauen.«
Die Arbeit teilten wir uns, und ich war derjenige, der im Schlafzimmer der Frau landete.
Es war ein Raum, in dem sie nicht nur schlief, sondern auch arbeitete. Ansonsten hätte der schräggestellte Schreibtisch in der Nähe des Fensters keinen Sinn gehabt.
Das Schlafzimmer bot auch Bücherregalen Platz. Sie waren in Weiß gehalten, ebenso wie der Schreibtisch und das Bett. Der rotschwarze Bezug allerdings bildete zu der neutralen Farbe einen scharfen Kontrast.
Bill streckte seinen Kopf durch die offene Tür. »Schaust du dich hier um?«
Ich saß schon am Schreibtisch. »Ja.«
»Gut, ich bin im Nebenraum.«
»Was ist da?«
»Sieht aus wie ein Archiv.«
Ich drehte mich zusammen mit dem Stuhl. »Das hörte sich irgendwie gut an, meine ich.«
»Das gleiche dachte ich auch. Ich sage dir Bescheid, wenn ich etwas entdeckt habe.«
»Okay.«
Bill verschwand, ich kümmerte mich um den Schreibtisch, der auf einem breiten und auf einem schmalen Bein stand, wobei sich das breite an der rechten Seite befand und noch durch zahlreiche schmale Schubladen unterteilt worden war.
Die interessierten mich besonders, und ich war auch froh, daß ich sie nicht verschlossen fand.
Ich zog sie der Reihe nach auf, fing unten an und arbeitete mich höher. Ich fand alles mögliche.
Papier, einen Rechner, ein Lineal, viele Bleistifte und Kulis. Einen leeren Kalender ebenso wie einen Stadtplan von London, und als ich schließlich die oberste Schublade erreichte, fiel mir auf, daß sie tiefer war als die übrigen.
Ich schaute hinein.
Im ersten Augenblick fiel mir nichts auf, doch durch den heftigen Ruck war etwas nach vorn gerutscht, das mich an eine Kladde oder auch an ein Tagebuch erinnerte.
Ich holte es hervor. Es war in Leder gebunden, auf der Oberseite nicht beschriftet, doch als ich es aufschlug, stockte mir der Atem, denn schon auf der ersten Seite stach mir der Hinweis ins Auge.
Eine Zeichnung.
Es war ein rotes Flammendreieck mit einem Teufelskopf in der Mitte.
Darüber stand - ebenfalls in roten Buchstaben und Zitterschrift - ein Begriff.
DER HEXENZIRKEL.
Meine Augenbrauen schnellten hoch. Ich spürte sehr deutlich, daß ich mich auf der richtigen Spur befand. Wenn das hier kein Hinweis war, dann wollte ich mich pensionieren lassen.
Ich legte die Kladde auf die Schreibtischplatte und fing an zu blättern.
Schon auf der nächsten Seite wurde ich fündig. Nicht nur, weil dort ein Hexengedicht lag, es war auch noch etwas hinzugefügt worden, was mich wie aus einem Schlaf riß.
Die Mitglieder, stand dort.
Wieder mußte ich weiterblättern, um die einzelnen Namen lesen zu können. Nicht nur sie waren dort aufgeführt worden, Alexa Santos hatte sogar buchhalterische Fähigkeiten entwickelt und die entsprechenden Fotos der Frauen dazugeklebt.
Ich schaute mir die Gesichter an.
Junge, ältere, schlanke, korpulente Frauen, also ein Querschnitt durch die Bevölkerung.
Sieben Hexen zählte ich und mußte lächeln, weil die Sieben eben eine magische Zahl ist.
Das Buch war zu groß, um es einstecken zu können, deshalb riß ich ein Blatt heraus und
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