0762 - Aufstand der Cyborgs
weiter darüber nachdenken konnte, wurde sie von der Stimme Entron Laakulais, des Piloten der LYCKOLA, abgelenkt.
„Robotschiffe geben den Weg frei!" brüllte Laakulai.
„Warum müssen Sie immer brüllen, Entron?" fuhr Betty den Mann an. „Denken Sie vielleicht, in meinen Ohren würden Radieschen wachsen?"
„Radieschen?" fragte Laakulai, und seine Miene verriet, daß er sich darunter absolut nichts vorstellen konnte.
Betty seufzte.
„Vergessen Sie es. Aber vergessen Sie nicht, daß Sie künftig in Zimmerlautstärke zu sprechen haben, sonst merke ich Sie für eine Disziplinarstrafe vor!"
„Jawohl!" erwiderte Entron Laakulai kleinlaut. „Ich fliege jetzt den Raumhafen Ersten Grades Setalmino auf Taatlon an. Wir werden in einer Stunde landen."
„In Ordnung", sagte Betty. Dann mußte sie lächeln. „Sie können ja ganz manierlich sprechen, Entron, wenn Sie nur wollen."
„Tut mir leid, Betty", meinte der Pilot. „Aber ich war nach einer Zievra-Infektion auf Kattos taub gewesen - oder doch so gut wie taub - und bin erst vor einer Woche durch eine Operation wiederhergestellt worden. Es fällt mir immer noch schwer, mir das Schreien wieder abzugewöhnen, das ich mir während meiner Taubheit angewöhnt hatte."
Als Betty Toufry nicht darauf reagierte, blickte er sie verwundert an. Die Mutantin schien geistesabwesend zu sein. Laakulai fand dieses Verhalten unhöflich, aber seine Achtung vor der Altmutantin war zu groß, als daß er auch nur im Traum daran gedacht hätte, ihr einen Vorwurf zu machen.
Betty aber war keineswegs geistesabwesend. Das konnte sie gar nicht sein, da ja ausschließlich ihr Geist anwesend war. Sie konnte nur entweder anwesend oder abwesend sein, und das total.
Und genau diese Überlegung war es, die sie voll beanspruchte, seitdem sie von einem Augenblick zum anderen festgestellt hatte, daß die Rückkopplung zwischen dem Körper des Multi-Cyborgs und ihr schlagartig an Intensität verloren hatte.
Eben noch war sie praktisch überall in ihrem Trägerkörper manifest gewesen - und im nächsten Moment hatte sie das Gefühl, als wollte sich ein betäubender Nebel zwischen sie und das Nervensystem des Mucys schieben.
Betty Toufry war darüber so erschrocken, daß sie die aufsteigende Panik nur mit äußerster Willensanstrengung niederkämpfen konnte. Aber die Furcht und die Unsicherheit blieben.
Sie kannte die Symptome. Sie pflegten immer dann aufzutreten, wenn der Bewußtseinsinhalt eines Altmutanten länger in einem Trägerkörper blieb, als es die Wirkungsdauer der PEW-Injektion eigentlich zuließ. Aber in ihrem Fall war nicht einmal ein Zehntel der Zeit verstrichen, die die gesteuerte Zellkernmitosestrahlung, die von dem injizierten flussigen PEW-Metall verursacht wurde, anhielt.
Oder anhalten sollte!
Betty fragte sich, ob den Medotechnikern, die ihr auf Gäa die entsprechende Injektion verabfolgt hatten, ein Fehler unterlaufen sein könnte, ob sie die Dosis zu gering bemessen hatten.
Sie konnte es sich nicht vorstellen. Die Teams, die alle wichtigen Einsätze vorbereiten halfen, bestanden aus erfahrenen und erprobten Frauen und Männern, die sich überdies von Computern kontrollieren ließen, damit ihnen keine Fehler unterliefen. Diese Einsatzvorbereitungen waren perfekt.
Folglich mußte es andere Gründe dafür geben, daß sie das ganz bestimmte Gefühl hatte, allmählich die Kontrolle über ihren Trägerkörper zu verlieren.
Sie kam nach Abwägen des Für und Wider zu dem Entschluß, vorläufig nicht über die rätselhafte Störung zu sprechen, um die Besatzung des Schiffes nicht zu beunruhigen.
Statt dessen konzentrierte sie sich mit Hilfe einer kurzen T'athein-Übung. Der imaginäre Nebel verflüchtigte sich, und aufatmend stellte Betty fest, daß die Rückkopplung zwischen ihrem und Imps' Nervensystem wiederhergestellt war. Zwar blieb eine gewisse Schwäche, aber damit wollte sie sich abfinden.
Als sie sich durch Imps' Augen umschaute, bemerkte sie, daß Entron Laakulai und andere Raumfahrer sie besorgt musterten.
Sie zwang sich zu einem Lächeln.
„Alles in Ordnung", erklärte sie.
6.
Die SOL war wieder einmal unterwegs. Sie hatte ihre Position in der Nähe des Solsystems verlassen und war in die erste Linearflugetappe eingetreten.
Das Leben an Bord ging jedoch fast unverändert weiter.
Lediglich einige Reserve-Stationsbesatzungen mußten sich in ihren Quartieren in Bereitschaft halten, damit sie das Personal, das derzeit auf den Stationen Dienst tat,
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