0762 - Die Prinzessin aus der Urzeit
Wagen. Den erworbenen Gegenstand legte er auf den Beifahrersitz und schützte ihn mit einer Decke vor neugierigen Blicken.
Dann fuhr er los und rollte auf der Küstenstraße in die einbrechende Dunkelheit.
Weder am Morgen noch am Nachmittag herrschte auf der Insel so viel Betrieb wie am Abend oder in der Nacht, wo anscheinend jeder unterwegs sein wollte.
Besonders die jungen Leute mit ihren Motorrädern oder Autos, die damit imponieren wollten und sich auf die Suche nach willigen Urlauberinnen machten, von denen es jedes Jahr genug gab.
Darum kümmerte sich Kiriakis nicht. Sein Gesicht zeigte einen verbissenen Ausdruck. Er wollte noch nicht so recht an eine Niederlage glauben, konnte sie aber nicht ganz in Abrede stellen. Wenn es denn so sein mußte, wollte er auch seinen Feinden den Spaß verderben, das stand fest. Keiner sollte gewinnen. Für Conolly und Sinclair mußte die Auseinandersetzung einer Niederlage gleichkommen, für ihn jedoch nicht, denn er besaß mit den vier Augen noch einen Trumpf. Sie waren so gut versteckt, daß sie von Fremden nicht gefunden werden konnten.
In ziemlich engen Kurven führte die Straße zum Strand. Kiriakis fuhr langsam. Es machte ihm nichts aus, daß ihn andere Fahrer mit ihren halsbrecherischen Manövern überholten, ihn anhupten oder mit der Lichthupe traktierten. So mancher hatte sich auf diesen Straßen schon zu Tode gerast.
Kiriakis wollte leben und seine Pläne ausbauen.
Aristoteles Kiriakis wußte genau, wo er hin mußte. Es war für ihn schon prickelnd, etwas selbst in die Hände zu nehmen. Lange Zeit über hatte er das nicht mehr getan. Durch sein Geld und seine Macht konnte er andere beschäftigen, die seine Befehle ausführten. Wenn es hart auf hart kam, verließ er sich lieber auf sich selbst. Und in dieser Nacht würde die Entscheidung fallen.
Noch eine letzte Kurve, dann rollte er auf die Straße, die parallel zum Hafen und damit zum Ufer führte. Sie war am meisten befahren, denn hier traf sich alles, was Rang und Namen hatte oder sich zumindest dazu zählte.
Lokale reihten sich aneinander. Menschen saßen davor und genossen den Trubel. Viele »Paparazzis« waren unterwegs, suchten was junges Blondes, und die Mädchen fühlten sich geschmeichelt, wenn sie neben ihren Tischen hielten, sie anmachten und mit falschen Komplimenten überschütteten, die so lange anhielten, bis sie im Bett der Knaben gelandet waren. Danach schmolzen die Treueschwüre der Männer wie Eis in der Sonne.
Kiriakis interessierte das alles nicht. Er fuhr im Schrittempo. Nur keinen Unfall verursachen und auch nicht in einen verwickelt werden. Etwa in Hafenhöhe spielten die Leute besonders verrückt.
Da wurde keine Rücksicht mehr auf den Verkehr genommen. Sie tanzten nicht nur auf den Gehsteigen, sondern sprangen hin und wieder auf die Fahrbahn und bewegten sich im Licht der blassen Scheinwerfer wie Idioten.
Kiriakis kam durch.
Einige Male mußte er hupen. Zweimal trat ihm jemand gegen den Wagen. Dann zersplitterte eine leere Flasche auf der Kühlerhaube. Der junge Mann, der dies getan hatte, wollte sich ausschütten vor Lachen und reckte den Mittelfinger sichtbar in die Höhe.
Kiriakis beachtete ihn nicht.
Nach einigen Minuten lag die große Vergnügungszone endlich hinter ihm. Er kam seinem Ziel näher, das nicht an einer breiten Straße lag, sondern mehr in einer der zahlreichen Gassen, die den Ort durchschnitten und sich immer irgendwo wieder trafen.
Da aus der Gasse eine Einbahnstraße gemacht worden war und er nur von einer Seite in sie hineinfahren konnte, mußte Kiriakis einen Umweg in Kauf nehmen.
Er fuhr über einen kleinen Platz, wo es auch Lokale gab, in denen es jedoch ruhiger zuging, rollte an einem überfüllten Parkplatz vorbei und zog das Lenkrad nach rechts.
Vor ihm erschien die Einmündung der Gasse.
Auf dem kantigen Gesicht des Griechen zeichnete sich ein Lächeln ab. Er lenkte den Wagen hinein, dessen Reifen manchmal in einige Schlaglöcher einsanken, dann wieder herausfederten, aber nie so recht aus der Spur gerieten.
Das Geschäft lag an der rechten Seite. Es diente nur als Tarnung. Tatsächlich aber war es die Hochburg der Psychonauten auf der Insel. Kiriakis hatte es durch die Beuteaugen erfahren und seine vertrauenswürdigen Leute schon vorgeschickt.
Er würde sie irgendwo sehen, das hoffte er wenigstens. Bisher hatte er keine schlechte Nachrichten erhalten.
War die Küstenstraße mit Autos überfüllt gewesen, so drängelten sich hier die
Weitere Kostenlose Bücher