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0763 - Strigen-Grauen

0763 - Strigen-Grauen

Titel: 0763 - Strigen-Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ihr der Begriff Samt ein.
    Ja, wie Samt war die Haut.
    Helen schüttelte sich. Einen Arm hob sie an und hielt ihn dicht vor ihre Augen. Jetzt erst fiel ihr auf, daß sie mit dem veränderten Auge gar nicht so gut sehen konnte, wenigstens nicht in helles Licht hinein, deshalb konzentrierte sie sich bei der Beobachtung auf das linke Auge.
    Erst aus der Nähe erkannte sie, was mit ihrer Haut geschehen war. Da hatte sich eine zweite gebildet, und sie war aus der ersten hervorgekrochen.
    Der dünne Flaum, leicht wie Watte oder wie eine Feder. Beim letzten Vergleich hakte sie ein.
    Feder?
    Ja, Federn waren auch aus ihrer Wangenwunde gekrochen, die noch immer von den beiden Pflastern verdeckt war.
    Helen Kern konnte nicht anders. Sie mußte das Zeug einfach abreißen, denn plötzlich störte es sie.
    Es war für sie wie ein Akt der Befreiung, als sie die beiden Stücke von ihrer Wange abfetzte. Sie schaute nicht mehr zu, wie sie zu Boden wirbelten, ihr Blick war nur auf die rechte Wange gerichtet.
    Da waren die Federn.
    Nicht nur drei oder vier, sondern ein Busch, der sich nicht allein auf die Wunde konzentrierte, sondern durch einen gewaltigen Druck im selben Augenblick die gesamte Wange von innen her ausriß und dem gräulichgelb schimmerndem Gefieder somit freie Bahn gab…
    ***
    Helen Kern lag auf dem Bett und atmete wie ein alter Mann, der völlig erschöpft war. Die keuchenden Geräusche füllten den Raum aus, sie schwangen wie Echos umher, sie wurden von Sekunde zu Sekunde lauter, weil sich Helen immer stärker bewegte, ihren Oberkörper hochschwang und wieder zurückdrückte.
    Ihr Gesicht »brannte«.
    Nein, nicht ihr gesamtes Gesicht, sondern nur die rechte Seite mit dem veränderten Auge und den zahlreichen aus der Haut gekrochenen Federn. Es war nicht das Brennen eines Feuers, sondern eher ein Gefühl, als wäre die Haut aufgescheuert worden. Als hätte jemand mit Schmirgelpapier ständig darüber gerieben, um sie bis zu den blanken Knochen hin aufzuschaben.
    Was war das nur?
    Ihre Gedanken jagten wild durch den Kopf. Sie stellte sich immer wieder die gleichen Fragen, obwohl dies einfach Unsinn war, denn die Antworten kannte sie im voraus.
    Alles hatte mit dem verdammten Biß des Vogels begonnen. Es war der Beginn gewesen, der Tropfen, der immer mehr Nahrung bekommen und sich zu einer Welle ausgebreitet hatte.
    Ich bin zu einer anderen Person geworden! dachte sie. Nein, nicht zu einer Person, sondern zu einer Mutation, möglicherweise schon zu einem Monster.
    Helen lag auf dem Rücken. Die Augen hielt sie offen, starrte gegen die Decke und stellte fest, daß sie mit dem nicht veränderten Auge besser und klarer schauen konnte als mit dem gelben.
    Dunkel war es noch nicht geworden, obwohl sich die Sonne schon verabschiedet hatte. Es sickerte wenig Licht durch das Fenster, und wenn, dann war es längst nicht mehr so hell.
    Aber sie konnte alles erkennen, obwohl manche Möbel schon erste Schatten warfen.
    Wie ging es weiter?
    Sie überlegte, aber die Gedanken wollten einfach nicht zur Ruhe kommen, denn da war noch etwas anderes, das sie sehr störte. Es hing nicht mit ihrem Gesicht zusammen, dafür mit dem Körper, denn dort breitete sich das Brennen und Jucken so stark aus, wie sie es zuvor noch nicht gespürt hatte.
    Etwas veränderte sich…
    Sie wußte noch nicht, was es war, aber es konzentrierte sich doch mehr auf die rechte, als auf die linke Seite. Und rechts hatte es auch im Gesicht angefangen.
    Helen sah sich als innerlich so gefestigt an, daß sie eine Hand heben und nachfühlen konnte.
    Pelz, Gefieder, aber keine Haut!
    Sie strich hindurch, sie merkte, wie sich das Fremde in die Lücken zwischen ihre Finger drängte, wie es sich anfühlte, als hätten sich Samt und Gefieder miteinander vermischt.
    Das gehörte nicht mehr zu einem Menschen. So fühlte es sich auch an, wenn sie über den Körper eines Vogels strich. Helen brauchte nicht zu einem Spiegel zu gehen, um es sich selbst zu beweisen.
    Sie wußte auch so, daß sich die rechte Gesichtshälfte verwandelt hatte und jetzt im Aussehen der eines Vogels glich.
    Ein großer Vogel hatte sie angegriffen und in ihre Wange hineingehackt. Mit einem Stück Fleisch war er wieder zurückgeflogen. Eine Beute, die sich im nachhinein für ihn bezahlt gemacht hatte, denn Helen war dabei, zu einer der ihren zu werden.
    Mit den in den Pelz und Federn vergrabenen Fingern ließ sie die Hand liegen. Allmählich beruhigte sie sich. Sie hatte das Gefühl, als würde es im

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