0763 - Strigen-Grauen
Klinik herum zu tun gehabt haben?«
»Ich kenne keine Vorgänge.«
»Nehmen wir mal an, es gäbe sie.«
»Das ist möglich. Sanders hat sich meiner Ansicht nach einfach übernommen.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Er war mir nie sympathisch. Er war wie ein Chamäleon, er konnte sich hervorragend anpassen und gewissen Leuten nach dem Mund reden.«
»Wer für zwei Seiten arbeitet, muß sich eben etwas einfallen lassen«, bemerkte Suko.
»Stimmt.«
»Sie nehmen es so einfach hin. War es Ihnen bekannt?«
»Es gab Gerüchte«, wich sie aus. Rasch warf sie einen Blick auf ihre Uhr. »Ich denke, daß ich mich jetzt von Ihnen verabschieden muß, Suko. Meine Pause ist vorbei.« Sie wollte dem Kellner zuwinken, aber Suko übernahm die Rechnung.
Zusammen mit Valery erhob er sich, bedankte sich für die Auskünfte und das Essen und reichte ihr über den Tisch weg die Hand. »Vielleicht sehen wir uns noch einmal.«
»Würde mich freuen.« Sie rückte den Stuhl an den Tisch und ging winkend davon.
Suko nahm wieder Platz. Er schaute auf die Flasche. Sie war noch zur Hälfte gefüllt. Dann ließ er seinen Blick gegen die Bäume gleiten. Er wollte noch einmal über gewisse Probleme nachdenken, bei denen Sanders im Mittelpunkt stand.
Suko wurde den Eindruck nicht los, daß er in ein Wespennest gestochen hatte, aus dem sich die Wespen leider schon zurückgezogen hatten. Sie jetzt wieder einzufangen, um ihren Weg rückwärts zu verfolgen, das würde verdammt schwierig werden.
Er hoffte nur, daß sein Freund John Sinclair mehr Erfolg gehabt hatte. Am Nebentisch wurde Eis serviert. Es sah wunderbar aus, und Suko gönnte sich auch eine Portion. Den zu Dekorationszwecken in einer Kugel steckenden Regenschirm zog er hervor und schenkte ihn einem kleinen Mädchen, das zusammen mit seinen Eltern ebenfalls eine Pause eingelegt hatte. Die Kleine freute sich darüber.
Suko aß und dachte nach. Er mußte auf der Spur dieses Mannes bleiben. Er würde sich auch die Klinik noch einmal ansehen, obwohl er schon jetzt an einem Erfolg zweifelte, weil man sie geschlossen hatte.
Wie sollte er sonst weiterkommen?
Als er auf die Uhr schaute, stellte er fest, daß er länger als eine Stunde in dem Garten gesessen hatte.
Die Zeit hatte ihm gutgetan, denn er fühlte sich entspannt. Er hätte es hier auch noch länger aushalten können, aber die Pflicht rief.
Deshalb zahlte er ungern und ging zu seinem Wagen zurück, der nahe der Bücherei parkte.
Es war noch wärmer geworden. Die Sonne knallte wieder vom Himmel, als wollte sie alles verbrennen. Suko war froh, daß sein BMW mit einer Klimaanlage ausgerüstet war. Sie brachte doch sehr schnell eine gewisse Kühle.
Vom Wagen aus rief er im Büro an. Sir James konnte er nicht erreichen, dafür aber Glenda.
»Hast du etwas von John gehört?«
»Nein, ich nicht«, erwiderte sie spitz. »Anscheinend gefällt es ihm bei dieser Dame sehr gut.«
Suko mußte lachen. »Immer noch eifersüchtig?«
»Hör auf, Mann!«
»Okay, ich komme zurück ins Büro. Kannst du mir sagen, wo sich Sir James aufhält.«
»In einer Besprechung. Bitte nur stören, wenn es sehr drängt. Das hat er mir gesagt.«
»So sehr eilt es nicht. Ich sehe dich dann im Büro und bin schon unterwegs.«
Suko ließ den Motor an. Er warf der seltsamen Bücherei noch einen Blick zu. Kein Uneingeweihter konnte vermuten, daß sich hinter dieser Fassade ein Stützpunkt des Geheimdienstes verbarg. Es gefiel Suko nicht, daß die Spuren auch dort zusammenliefen, denn mit diesen Leuten hatte er wenig gute Erfahrungen gemacht.
So war das Leben nun mal. Man konnte es sich leider nicht aussuchen. Er schaute auf die Uhr und stellte fest, daß er ziemlich viel Zeit vertrödelt hatte. Jetzt noch den Rückweg zur Hauptverkehrszeit, das machte so richtig Spaß.
Suko knirschte mit den Zähnen…
***
Ich hatte versucht, Helen Kern aufzuheitern, es war mir leider nicht gelungen. Immer wieder verfiel sie in lange Minuten des Schweigens, in denen sie die Umwelt vergessen hatte. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich dabei. Sie schien sich nach innen zurückzuziehen, als gäbe es dort eine Welt, in der sie sich wohl fühlte. Ihre Augen wurden dunkler und zogen sich tiefer in die Höhlen zurück.
Manchmal schienen Schatten ihr Gesicht älter zu machen, hin und wieder zuckte auch der Mund, ohne daß sie jedoch ein Wort sagte. Sie hatte sich kleiner gemacht und die Arme eng an den Körper angelegt.
Ich dachte daran, daß sich diese Frau immer weiter
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