0767 - Der Wächter von Palatka
Hovercraft schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Er war spurlos verschwunden. Eine unbekannte Macht hatte ihn entführt.
Irgendwie war Chara beruhigt darüber, daß sein ursprünglicher Verdacht, Kauk, Tingmer und Pollard seien ihm zuvorgekommen, sich nicht bewahrheitet hatte. Jemand anders war für die Entführung des Hovercraft verantwortlich. Andererseits jedoch bestand nach wie vor die Tatsache, daß er nun kein Fahrzeug mehr besaß, mit dem er nach Kamenskoje zurückkehren und die überirdischen Fremden, mit deren Landung er zu jeder Stunde rechnete, beeindrucken konnte.
Es kam ihm in den Sinn, daß eine so mächtige Kontrollstation wie die von Palatka, obwohl sie nur von Robotern bemannt gewesen war, auch über einen Fahrzeugpark verfügen müßte.
Dabei konnte es sich nicht um Fahrzeuge normaler Bauart gehandelt haben, sondern um Spezialfahrzeuge, die womöglich nicht auf die Steuernden Impulse des Funkleitsystems angewiesen waren. Denn Normalfahrzeuge waren eben wegen ihrer Abhängigkeit vom Funkleitsystem, das mit dem Ausfall NA-THANs zusammengebrochen war, nicht mehr in Bewegung zu setzen.
Also würde er sich ein zweites Mal auf die Suche machen.
Er blickte zu der schimmernden Energiewand hinüber und vergewisserte sich, daß die Öffnung nach wie vor existierte.
Der Zugang war also noch frei. Er überlegte, was mit den Waffen zu tun sei, die er dem Ka-zwo aufgebürdet hatte, und erteilte schließlich dem Roboter den Befehl, sie im Schnee zu verscharren - und zwar so, daß die Stelle, an der sie lagen, nur von einem Eingeweihten ohne Mühe wiedergefunden werden konnte. Augustus entledigte sich dieser Aufgabe mit großer Sorgfalt und einigem Geschick.
Dann sagte Chara: „Du hörst ebensogut wie ich die neuen Anweisungen des Kontrollorgans. Wir haben nach einem Fahrzeug Ausschau zu halten, da das unsere abhanden gekommen ist."
„Ich höre", bestätigte Augustus.
Sie schritten auf die Öffnung in der Energiewand zu. Dabei kamen sie an der Rufsäule vorbei. Als sie sie erreichten, hielt Augustus plötzlich an.
„Komm weiter!" herrschte Chara Shamanovo ihn an.
Aber der Roboter reagierte nicht. Starr, mit weit in die Ferne gerichtetem Blick stand er da; und vor Cha-ras Ohren wickelte sich zum zweitenmal das unglaubliche Schauspiel ab, daß der Ka-zwo und die Rufsäule summend und tönend eine melodische Unterhaltung führten. Zwar fuhr Chara mehrmals mit energischen Worten dazwischen. Aber es war, als nehme der Ka-zwo seine Anwesenheit überhaupt nicht mehr wahr.
Die tönende Konversation dauerte, wie beim erstenmal, einige Minuten. Dann verstummten die Summtöne, und Augustus' weltentrückter Blick kehrte aus weiter „Ferne zurück.
„Was war das?" wollte Chara Shamanovo wissen.
„Die Frage ist unzureichend formuliert", erwiderte der Ka-zwo.
Da gab Chara auf. Er wußte, daß er diesmal ebensowenig eine Antwort erhalten würde wie Walik Kauk beim vorigen Mal.
Wortlos schritten der Mensch und der Roboter nebeneinander her. Sie passierten die Öffnung in der energetischen Mauer und warteten, bis die Tür des niedrigen, langgestreckten Gebäudes sich vor ihnen öffnete.
Als er gerade über die Schwelle treten wollte, hörte Chara Shamanovo das leise, geheimnisvolle Kichern zum zweitenmal.
Wie zuvor wirbelte er herum, um zu sehen, woher das Geräusch kam und wer es verursachte.
Aber hinter ihm - dort, woher das Kichern gekommen war - lag nur die schimmernde Energiewand mit ihrer drei Meter breiten Öffnung, und jenseits die schneebedeckte Ebene mit den tief eingeschnittenen Spuren des Hovercraft.
„Hast du etwas gehört?" wandte sich Chara an den Roboter.
„Ich höre ständig die üblichen Hintergrundgeräusche", antwortete Augustus würdevoll. „Bezog sich deine Frage darauf?"
„Nein. Hörtest du nicht ein leises Kichern?"
Augustus schüttelte nach menschlicher Manier den Kopf.
„Nein. Dergleichen hörte ich nicht", erklärte er.
Char'a trat durch die offene Tür. Mit einemmal hatte er einen Teil seiner Zuversicht verloren. Der verschwundene Hovercraft und das geheimnisvolle Kichern ... das waren zwei Dinge, die er sich nicht erklären konnte.
Hier waren geheime Kräfte am Werk, von denen er nicht wußte, ob sie ihm freundlich gesinnt waren.
Kulliak Jon war mit der Entwicklung der Dinge zufrieden. Nach Jahrzehnten zermürbender Einsamkeit gab es endlich wieder einmal Abwechslung. Er hatte seinen Spaß und vernachlässigte trotzdem seine Aufgabe nicht, die darin bestand, die
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