0767 - Der Wächter von Palatka
Kontrollstation war allein dieser Aufgabe vorbehalten: das sogenannte Medo-System, oder die Medo-Station.
Das Medo-System hatte nicht unmittelbar mit Menschen zu tun - wie überhaupt der Anblick eines Menschen im Innern einer Kontrollstation eine Seltenheit war. Vielmehr lieferten die Rechner des Medo-Systems die von den in der Region ansässigen Ärzten und sonstigen medizinischen Versorgungseinrichtungen angeforderten Daten, schlugen Heilmethoden vor, erstellten Diagnosen...und was es dergleichen sonst noch auf dem Gebiet der Heilkunde zu tun gab.
Das Medo-System einer Kontrollstation war also nicht für die unmittelbare Untersuchung und Behandlung von Kranken eingerichtet. Wer sich hier behandeln lassen wollte, der mußte zunächst eine Reihe von Umbauten vornehmen, die eine Menge medizinischen und technischen Sachverstand erforderten.
Weder Baldwin Tingmer, noch Walik Kauk - von Bluff Pollard schon gar nicht zu reden - besaßen derartigen Sachverstand.
Als der Pfortenrobot ihnen den Zutritt zur Station erlaubt hatte, da war es Baldwins Hoffnung gewesen - und er war nahezu sicher, daß Walik Kauk ebenso empfand - daß entweder Chara Shamanovo oder der Zentralrechner der Station, vielleicht sogar beide, ihnen zu Hilfe kommen würden, wenn es darum ging, das Medo-System so zu manipulieren, daß es ihnen in ihrer Not helfen konnte.
Nun hatte Chara Shamanovo sich aus dem Staub gemacht, und ob es Baldwin Tingmer gelingen würde, den Zentralrechner zur Kooperation zu veranlassen, war in diesem Augenblick zumindest fraglich.
Die Lage war also alles andere als hoffnungsvoll. Baldwin fragte sich, ob er nicht voreilig gewesen sei, als er seine Rettung vor dem Absturz im Antigravschacht dem zielbewußten Wollen einer fremden Kraft zuschrieb, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, für ihn zu sorgen. Vielleicht war alles nur Zufall gewesen.
Unter solchen Gedanken gelangte er schließlich auf einen kreisrunden Platz mit kuppeiförmiger Decke, auf den ein gutes Dutzend weiterer Gänge mündete.
Jede der Gangmündungen war mit einer Leuchtmarkierung versehen. Der Weg, dem Baldwin Tingmer während der letzten Stunde gefolgt war, hatte eine tiefgrüne Markierung getragen.
Auch die Leuchtfelder der übrigen Gänge waren von mehr oder weniger grüner Farbe - vom lichten Gelbgrün bis hinab zum fast schon blauen Türkis.
Baldwin machte eine Entdeckung. Auf diesen Platz mündeten vierzehn Gänge. Die Gangmündungen waren gleichmäßig über die Rundwand verteilt, aber es gab eine Ausnahme: drüben, auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes, gab es zwei Öffnungen, die weiter voneinander entfernt waren als jedes andere Paar von Gangmündungen.
Die Öffnung zur Rechten trug eine helle gelbgrüne Markierung, die zur Linken eine dunkle Türkisfarbene.
Baldwin blickte am Rund der Markierungen entlang und stellte fest, daß sie nach Wellenlängen geordnet waren. Nach rechts hin, von ihm aus gesehen, wurden die Wellenlängen immer größer - bis hin zu jener hellen, gelbgrünen Markierung, die ihm gegenüberlag. Nach links hin dagegen nahmen die Wellenlängen ab, und die geringste Wellenlänge wurde von der türkisfarbenen Markierung ausgestrahlt.
Baldwin schloß daraus - und war sich dabei im klaren, daß es sich um einen ziemlich kühnen, durch wenig Evidenz unterstützten Schluß handelte - daß die Roboter, die einstmals diese Station bevölkert hatten, bei der Auswahl der optischen Frequenzen für die Wegmarkierungen nicht wahllos vorgegangen waren. Es gab vielmehr eine Ordnung, und diese Ordnung entsprach der Reihenfolge der Wellenlänge. Ein Ort, zu dem eine gelbe Wegmarkierung führte, lag entweder logisch oder geographisch einem Ort mit grüner Markierung näher als einem solchen mit blauer.
Da rote Markierungen in Richtung des Medo-Systems führten, war es für Baldwin Tingmer - immer unter der Voraussetzung, daß seine Hypothese richtig war - geraten, sich in Richtung der längsten Wellenlängen zu wenden. Er betrat also den rechten der beiden Gänge, die ihm gegenüberlagen, denjenigen mit der gelbgrünen Markierung.
Es vergingen noch ein paar Stunden, bis es an der Richtigkeit seiner Theorie keinen Zweifel mehr gab. Wann immer er an eine Gangkreuzung kam, dann folgte er von dort aus dem Gang mit der Markierung, die die größere Wellenlänge hatte. Und schließlich gelangte er wiederum in einen großen Rundraum, auf den ebenfalls vierzehn Gänge mündeten.
Die Markierung der er zuletzt gefolgt war, hatte in
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