0769 - Das Rätsel der schwarzen Madonna
sich vor, sie spürte den Anprall in ihrem Kopf und konnte ihn nirgendwo zuordnen.
Sie suchte nach einem Vergleich, und es kam ihr vor wie ein geistiger Hammerschlag.
Sie wandte sich ab.
Die Gedanken verschwanden. Fremde Gedanken, die ihr nicht wohlgesonnen waren.
Jane ging einige Schritte zur Seite, blieb stehen und atmete tief durch. Sie merkte, daß sie zitterte.
Und sie war plötzlich der festen Meinung, daß die andere Person sehr gut über sie Bescheid wußte.
Nicht nur das erschreckte sie. Jane dachte sehr wohl über die Boshaftigkeit der fremden Gedanken nach, die sie erwischt hatten. Sie waren gnadenlos gewesen, haßerfüllt und gleichzeitig wissend.
Auch Jane Collins wußte nun, daß Elenor Hopkins und sie bestimmt keine Freundinnen werden konnten. Dazu waren sie nicht nur zu verschieden, es war noch viel mehr, was sie trennte.
Sie waren Feindinnen! Zwei Personen, die in verschiedenen Lagern standen und die sich haßten.
Doch Jane Collins wußte eines sehr genau.
Sie würde nicht zurückschrecken. Sie würde den Kampf gegen diese Person aufnehmen.
Sie atmete tief durch und schüttelte den Kopf, als wollte sie die Erinnerung vertreiben. Sie spürte einen hämmernden Druck im Kopf, der sich überall verteilte, gegen ihre Schläfen pochte und sich auch im Hinterkopf ausbreitete.
Ich muß etwas essen, dachte sie, auch was trinken. Sie versuchte, sich bewußt abzulenken, um dieser geistigen Verfolgung zu entwischen. Was sie an diesem Abend erlebte, war mehr ein Vorspiel.
Die eigentliche Auseinandersetzung würde erst noch kommen. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.
Sie überlegte, ob sie sich davor fürchten mußte. Ja, es würde ein harter Kampf werden, und sie stand ziemlich allein. Jane lenkte ihre Schritte dorthin, wo sie einen Lichtstreifen sah, der in breiter Front aus einem Pubfenster fiel.
Jane betrat den Laden, und eine Mischung aus Rauch und Bierdunst schlug ihr entgegen.
Die Menschen, die sich hier aufhielten, sahen nicht eben wie Einheimische aus. Sie erinnerten sie an Reporter, und das wiederum ließ sie an Hal Contni denken. Er hatte den richtigen Riecher gehabt und sie auf die Spur gebracht.
Auch Reporterinnen befanden sich unter den Gästen. Natürlich gab es nur ein Thema an der Theke: Elenor Hopkins. Ein jeder versuchte seinen Nachbarn zu übertrumpfen, so wurden Vergleiche gezogen und dabei himmelhoch übertrieben.
Man sprach bereits von einem englischen Lourdes. Von neuen Hotels und Landkäufen, von einer zweiten Stadt, die errichtet werden mußte, um die Massen der Pilger aufzunehmen, die das Mädchen mit den Wunderkräften sehen wollten.
Jane hatte sich kaltes Roastbeef bestellt. Dazu trank sie ein Bier. Sie saß an einem Tisch in der Ecke und hörte den Gesprächen zu. Sie drehten sich ausschließlich um Elenor, doch so intensiv sie sich auch mit ihr beschäftigten, eines bekamen sie nicht in die Reihe: Sie waren nicht in der Lage, nach den Hintergründen zu forschen. Die Unterhaltungen bewegten sich im Kreis. Es ging immer nur um die Vorgänge, die offensichtlich waren, nicht aber um das was dahinterstecken könnte: die schwarze Madonna und die Kapelle.
Davon wußte keiner der Reporter etwas, und Jane konnte nur hoffen, daß sie die einzige blieb.
Wenn sie sich vorstellte, daß die Meute die Kapelle stürmte, wurde ihr ganz anders. Dazu durfte es nicht kommen. Der Wirt brachte ihr das Bestellte. Es gab eine Remouladensoße zu dem Fleisch und einige halbe Kartoffeln.
»Guten Appetit.«
»Danke.«
Das Fleisch schmeckte ihr gut. Das war schon etwas anderes als die Happen im Hotel.
Jane aß und trank langsam, wurde hin und wieder von der Theke her nachdenklich und auch mißtrauisch angeschaut. Sie machte den Eindruck einer Fremden, die sich allerdings nicht an der allgemeinen Unterhaltung beteiligte. Aus den Gesprächen hatte sie herausgefunden, daß auch Reporter aus Frankreich und Irland anwesend waren. Sie hatten das Gras wachsen gehört.
Jane wollte auch nicht in die Diskussion mit einbezogen werden, deshalb leerte sie Teller und Glas auch so schnell wie möglich. Sie zahlte, bevor sie sich noch die Lippen abgewischt hatte.
»Wollen Sie schon gehen?« fragte der Wirt, als er das Geld entgegennahm.
»Ja, ich bin müde.«
Der Mann grinste. »Morgen ist ein großer Tag. Ich hätte anbauen können. Alle Plätze sind bereits reserviert. Auch an der Theke werden sie keinen Platz finden.« Er blickte Jane an. »Aber wenn Sie wollen, kann ich für Sie eine
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