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077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

Titel: 077 - Zu Gast bei Mr. Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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einholen, wenn er will. Aber sie läuft trotzdem weiter. Weiter, weiter!
    Ein Wagen überholt sie. Leggatts Cadillac sieht viel kleiner aus als früher! Der Wagen bleibt in einiger Entfernung vor ihr stehen, und eine Person steigt aus. Leggatt? Eine zweite Person? Vielleicht Greta Wyburg?
    Sie ist völlig erschöpft, aber sie läuft weiter. Dann plötzlich fühlt sie sich ganz klein, verloren in einem Meer von Schwäche. Sie fühlt, wie sich Arme um ihre Schultern legen, und Worte dringen an ihre Ohren. Fragen. Sind es die Fragen in ihrem Kopf oder Fragen, die man ihr stellt?
    „Was ist geschehen?“
    „Woher kommen Sie?“
    „Hatten Sie einen Unfall?“
    Aber es ist nicht Leggatt, der spricht, sondern eine Frau.
    „Lassen Sie mich“, keucht Jeannine. „Ich weiß … Ihr wollt mir weh tun! Sie sind Greta Wyburg! Aber ich muß den Pakt unterzeichnen … ich bin Lilith…“
     

     
    Es ist herrlich, das Bewußtsein zu verlieren oder zu sterben, und trotzdem alles verfolgen zu können, was rundum vorgeht. Man hat das Gefühl zu schweben, in einer gelatineartigen Masse zu treiben…
    Man hebt sie in einen Wagen. Mit geschlossenen Augen hört sie alles, was gesprochen wird, und sie versteht es sogar.
    „Wo finden wir jetzt einen Arzt?“
    „Sie muß wohl einen Unfall gehabt haben…“
    „Sie hat Greta Wyburg erwähnt.“
    „Man muß die Polizei verständigen.“
    Greta Wyburg. Jeannine hat ihren Namen in einer Zeitschrift gelesen, sie erinnert sich sogar an das Foto der jungen Tänzerin. Ein schönes Mädchen. Und man weiß nicht, weshalb sie verschwunden ist. Verschwunden? Lächerlich. Sie hat sich geweigert, den Pakt zu unterzeichnen, weil sie Angst gehabt hatte. Und Marcelle Bertal und Lucienne Lefevre auch. Auch diese beiden Namen kennt sie aus den Zeitschriften. Die Mädchen, die verschwunden sind.
     

     

Leggatt sieht Jeannine nach, wie sie flieht.
    Er versteht ihr Verhalten nicht. Sie war die erste, die ihm zugehört hat ohne sich zu ängstigen und ohne ihn zu verspotten. Also hat sie verstanden. Weshalb dann diese Flucht?
    Aber nun ist es zu spät, und er fühlt sich entmutigt.
    Durch seinen Willen ist sie zu Lilith geworden, und zweifellos wird sie sich als Feindin gegen ihn wenden. Oder hat sie doch nicht begriffen? Glaubt sie vielleicht, immer noch Jeannine Burtin zu sein? Aber sie ist Lilith. Das Erwachen wird schrecklich für sie sein.
    Er lacht nervös. Eine Unruhe überkommt ihn.
    Er schließt die Tür, die von der Villa ins Freie führt, und geht in den großen Salon.
    In der Mitte des Raumes sitzt eine junge Frau bewegungslos auf einem Sessel, festgebunden, wie vorher Jeannine. Sie ist völlig nackt, und ihre Haut ist fahl und schlaff. Ihr Kopf ist etwas zur Seite geneigt, und ihr Blick ist starr ins Leere gerichtet.
    Leggatt setzt sich in einen Fauteuil, den er herangezogen hat.
    „Du bist überflüssig geworden“, sagt er. „Ich werde mich von dir trennen müssen. Außerdem alterst du schrecklich schnell und wirst nie mehr dieselbe wie früher sein. Ich brauche dich nicht mehr.“
    Er schweigt.
    „Du antwortest mir nie“, sagt er vorwurfsvoll. „Aber dein Schweigen nützt dir nichts. Möchtest du nicht gern in die Stadt zurückkehren? Du könntest wieder tanzen … ich würde das bewerkstelligen, aber dazu mußt du antworten! Es würde mir genügen, wenn du mich nicht mehr verhöhntest!“
    Er schüttelt traurig den Kopf. „Also nimm meinen Vorschlag an. Auch die andere hat ihn angenommen, und sie ist draußen, frei. Aber du. Du willst nicht.“
    Seine Stimme wird zu einem drohenden Flüstern. „Dies ist das letzte Mal, daß ich zu dir spreche! Wenn du heute nicht nachgibst, dann bringe ich dich in die Gruft zu den anderen! Du sagst immer noch nichts?“
    Er nimmt ein kleines Messer aus seiner Jackentasche, tritt hinter den Sessel und durchschneidet die Schnüre, die den Körper auf dem Sessel festhalten.
    „Das ist deine letzte Chance, Greta Wyburg!“
    Der Körper schwankt, gleitet langsam die Sessellehne entlang und auf den Teppich, wo er seltsam verdreht liegenbleibt.
    Leggatt seufzt, bückt sich und zieht den Körper an den Schultern hinaus auf den Korridor.
    Wieder ein Fehlschlag. Ein Fehlschlag, den er nicht begreifen kann. Plötzlich entspringt tief in seinem Inneren eine unbestimmte Angst, er weiß, daß er sich beeilen muß. Er weiß nicht weshalb, aber er könnte von einem Augenblick zum nächsten ein anderer werden, und das wäre entsetzlich.
    Und wenn das geschieht,

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