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077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

077 - Zu Gast bei Mr. Vampir

Titel: 077 - Zu Gast bei Mr. Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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für ihn eine gefährliche Zeugin!“
    „Daran denkt er nicht. Außerdem kann er sie – nach seiner eigenen Logik und seinen Gesetzen – nicht töten.“
    „Würden Sie mir das, bitte, erklären?“
    Der Arzt lächelt. „Vermutlich wollte er sie, nachdem er sie entführt hatte, genauso schnell wie die anderen umbringen, nachdem er ihr seine kleine Komödie vorgespielt hat. Aber unglücklicherweise hat Jeannine anders reagiert. Er tötet aber nur, wenn seine Opfer Angst haben oder ihn verspotten. Also hat er mit Jeannine seinen Handel abgeschlossen. Als sie floh, hat sie diesen Pakt nicht gebrochen, denn in seinen Augen ist sie doch etwas wie eine Komplizin.“
    „Das heißt, es besteht keine Gefahr für sie?“
    „Nicht unbedingt. Solange sie ihm keinen Anlaß gibt zu glauben, der Pakt sei gebrochen, ist sie sicher.“
    „Und was könnte ihm diesen Eindruck geben?“ fragt der Kommissar interessiert.
    „Nun … ich nehme an, wenn er sie eine Kirche betreten sieht, ist alles aus! Verstehen Sie? Und es gibt tausend andere Beispiele.“
    „Ich fasse also zusammen: Jeannine ist solange sicher, solange sie ihm nicht ein neues Motiv liefert, das ihn dazu zwingt, sie als Feindin zu betrachten.“
    „Genau.“
    „Und er wird nie aufhören sie zu verfolgen?“
    „Er wird vermutlich immer wie ein Schatten für sie sein, wenn Sie, Kommissar, ihn nicht überführen!“
    Der Kommissar lächelt. „Wir sollten ihm also teuflische Fallen stellen?“
    Morestier gibt das Lächeln zurück; der Kommissar hat verstanden. Wenn man es mit Geisteskranken zu tun hat, muß man die eigenen Handlungen mit einem Körnchen Irrsinn würzen.
     

     

Jeannine schläft nicht mehr; mit offenen Augen liegt sie unbeweglich in ihrem Bett und blickt durch das Fenster. Es regnet immer noch, und sie hat nicht den Eindruck, ihrem Alptraum für immer entronnen zu sein. Sie hat sogar das Gefühl, daß er gerade erst beginnt.
    Vielleicht wäre es anders, wenn die Sonne geschienen hätte, als sie erwachte, und die Natur draußen heiter und freundlich anzusehen wäre. Aber so? Dieses weiße, saubere, aber sterile Klinikzimmer, und draußen der graue Regentag.
    Sie hat den Eindruck, nur ganz kurz geschlafen zu haben. Schon in dem Wagen hatte sie ihre Erlebnisse erzählt, und in dem Wagen ist ihr bereits zu Bewußtsein gekommen, daß ihre Erzählung unglaubwürdig und phantastisch klingt. Und an den skeptischen Mienen der beiden jungen Leute wurde ihr blitzartig klar, daß sie für lange Zeit mit der Wahrheit allein sein würde.
    Denn es ist doch alles wahr! Unheimlich, unglaublich, aber wahr! Aber würde sie es glauben, wenn sie es aus dem Mund eines anderen hörte? Ganz sicher nicht.
    Es war Leggatt, der sie entführt hat. Oder? Gibt es tief in ihrem Inneren nicht doch etwas wie einen Zweifel? Er war doch so anders als sonst … Gäbe es nicht bereits hier Zweifel für Jeannine, so wäre alles ganz einfach.
    Und bereits an diesem Punkt beginnt das Furchtbare: Wenn es nicht Leggatt war, dann liegt über ihrem Erlebnis von Anfang an ein geheimnisvoller Schleier, den sie nie wird durchdringen können. Und das macht ihr Angst. Ist sie abnormal?
    Wenn es Leggatt war, dann ist er ein sadistischer Narr, dessen Spielzeug sie war. Wenn er es nicht war – wo hat dann das Wahngebilde begonnen? Wann hat sie geglaubt ihn wiederzuerkennen? Satan … Satan existiert nicht, zumindest nicht in Menschengestalt. Und doch, wenn man einerseits an Gott glaubt, dann muß man doch andererseits…
    Aber, wie gesagt, nicht in Menschengestalt.
    Es fröstelt sie. Die Polizei wird Leggatt verhören, und von einem Moment zum anderen wird sie wissen, wo die Lösung liegt. Und wenn sich die Sache nicht logisch aufklärt, kann sie nicht weiterleben. Seltsam, in dem dunklen Zimmer hat sie an all diese Dummheiten nicht geglaubt, aber nun, rückblickend, nimmt alles andere Züge an.
    Niemand scheint ihr zu glauben; das ist nicht mehr verständlich, denn gewisse Beweise bieten sich von selbst an. Zum Beispiel hat der Doktor zugeben müssen, daß die Wunden an ihren Knöcheln und Handgelenken einwandfrei von festgezurrten Fesseln stammen. Außerdem ist da die seltsame Verletzung an ihrem Hals, und sie hat seit zwei Tagen nichts gegessen.
    Das sind Fakten. Aber man begegnet ihr mit Skepsis. Und das macht Jeannine Angst. Man möchte glauben, daß eine böse Macht verhindert, daß man ihr glaubt. Nur der Kommissar scheint verständnisvoll zu sein. Scheint! Denn alles hängt davon ab,

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