0771 - Der Knochen-Sessel
Douglas gesehen, demnach stand er auf meiner Seite. »Wir lassen alles so laufen wie geplant.«
»Und warum?«
»Weil ich davon überzeugt bin, dass sich der Mörder noch in der Nähe auf hält und sich sogar unter die Interessenten mischen wird.«
»Was macht dich so sicher, John?«
»Nicht nur mein Gefühl. Es gibt eine Gruppe, die den Skelett-Sessel unbedingt an sich bringen will. Ich weiß nicht, wer sich dahinter verbirgt, aber wenn wir hier auf ein Templer-Rätsel gestoßen sind, kann es gefährlich werden. Dann spielt Magie eine Rolle. Dann wird die Vergangenheit möglicherweise wieder lebendig. Zudem habe ich den Eindruck, als hinge dieser Sessel auch eng mit meiner Vergangenheit zusammen.«
Abe lachte leise. »Das kann ich nicht nachvollziehen.«
»Ich ebenfalls nicht. Es nur so eine Ahnung.«
Der G-Man überlegte. Schließlich stimmte er mir zu. »Okay, John. Ich nehme es auf meine Kappe. Das heißt, ich werde die Kollegen nicht informieren. Zumindest vorerst nicht«, schränkte er ein.
»Das ist gut.«
Archie Donovan rang die Hände. »Ich komme da nicht mit. Es ist schon alles schrecklich genug. Aber was machen wir denn mit der Leiche? Wir können Sie doch nicht auf dem Sessel hocken lassen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, wir werden den Toten schon wegnehmen.«
Auch mir war der Anblick natürlich auf den Magen geschlagen, aber ich war Überraschungen dieser makabren Art gewohnt und konnte sie schneller wegstecken.
Abe Douglas ebenfalls. Er ging auf den Sessel zu, schaute sich die Leiche an, sprach von einem glatten Durchschnitt der Kehle und half mir dann, den steifen, aber immer noch warmen Körper des Toten aus dem Sessel zu heben. Dass er noch Temperatur hatte, wies darauf hin, dass der Taxator noch nicht lange tot war.
Der Killer hielt sich höchstwahrscheinlich noch in diesem Gebäude auf, in dem es zudem zahlreiche Versteckmöglichkeiten gab.
Wir legten den Toten an die Wand, weg von den zu versteigernden Antiquitäten, und breiteten die Decke darüber, die auch große Blutflecken zeigte. Ich holte noch das Kissen von der Sitzfläche weg und versteckte es ebenfalls unter der Decke.
»Wie lange soll Harriman denn hier liegen?«, flüsterte der Auktionator.
»Zumindest bis zum Ende der Versteigerung«, erwiderte ich.
»Können Sie aus Erfahrung sagen, wann sie beendet sein wird?«
»Bei der Menge rechne ich mit drei Stunden. Es können auch mehr werden.«
»Okay.«
Archie Donovan fuhr immer wieder über seine feuchte Stirn.
»Können Sie sich vorstellen, dass ich mich sehr unwohl fühle? Ich meine, wenn Sie mich nicht mehr brauchen, würde ich gern gehen und die letzten Vorbereitungen treffen.«
»Das wäre uns sehr recht«, sagte ich. »Außerdem sollten Sie Ihren Helfern sagen, dass sie sich nicht um die in der Ecke liegende Decke kümmern müssen.«
»Ja, werde ich machen.«
»Wir sehen uns dann gleich.«
Der Auktionator warf noch einen scheuen Blick auf das Bündel an der Wand und schlich wie ein geprügelter Hund davon. Für ihn war eine Welt zusammengebrochen.
Abe und ich blieben zurück. Erst als Donovan die Tür hinter sich geschlossen hatte, fand der G-Man seine Stimme wieder. »Ich denke, dass ich genau das Richtige getan habe, als ich dir Bescheid gab. Damit habe ich aber nicht rechnen können. Ich dachte nur, dass es dich interessiert, weil der Knochen-Sessel mit den Templern in einen unmittelbaren Zusammenhang gebracht worden ist.«
»Das denke ich auch.«
»Hättest du dir denn vorstellen können, dass es so schlimm kommt? Wer hat diesen Mann getötet?«
»Wenn ich das wüsste, ginge es mir besser.«
»Hast du keinen Verdacht?« Douglas schaute mich hoffnungsfroh an, und ich hob die Schultern.
»Was soll ich dazu sagen, Abe? Im Moment eigentlich nicht, und wenn, dann gehe ich von einer reinen Spekulation aus.«
»Die mir sogar hilft, John. Ich – ich bin so weit, dass ich nach jedem Strohhalm greife.«
»Kann ich mir denken. Gut, Abe, gehen wir mal von den Templern aus. Alles deutet darauf hin, dass der Knochen-Sessel aus ihren Kreisen stammt. Aber Templer sind nicht gleich Templer. Auch unter ihnen gibt es zwei Gruppen. Das heißt, damals gab es nur eine. Wenn ich damals sage, denke ich an die Zeiten der Kreuzzüge. Später kam es dann zur Trennung.«
»Meinst du den Versuch der Vernichtung durch die Kirche und den Papst?«
»Nein, das nicht. Schon vorher gab es die Abtrennung, denn einige Templer verließen den normalen Weg und wandten
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