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0771 - Der Knochen-Sessel

0771 - Der Knochen-Sessel

Titel: 0771 - Der Knochen-Sessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schon geordnet waren. Das glich mehr einer Beschäftigungstherapie, mit der eine Verlegenheit vertuscht werden sollte.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte ich.
    »Wieso? Was sollte denn nicht stimmen?«
    »Sie sind so nervös.«
    »Ach ja?«
    »Das hat sicherlich einen Grund«, sagte Abe.
    Donovan nickte. »Ja, es hat einen Grund«, gab er zu. »Sogar einen triftigen. Ich habe zwar keine schriftlichen Anfragen erhalten«, er wischte mit einem Tuch Schweiß von Stirn und Wangen, »dafür telefonische Warnungen.«
    »Welcher Art?«
    »Ich könnte den Knochen-Sessel zwar versteigern, aber er sollte auf keinen Fall in fremde Hände gelangen. Jemand würde schon kommen und ihn ersteigern, und ich würde diese entsprechende Person auch erkennen, sagte man mir.«
    »Wer denn?«
    »Da muss ich Sie enttäuschen, Mr. Douglas. Der Anrufer hat seinen Namen nicht genannt. Er hat mich eben nur indirekt gewarnt.«
    Archie zupfte an seiner schwarzen Fliege, die ein Muster aus dunkelroten Punkten zeigten.
    »Gab er Ihnen auch Verhaltensregeln?«
    »Indirekt.«
    »Welche denn?«, fragte Abe.
    »Ich solle auf die Person achten, die sich öfter meldet. Sie würde mir schon auffallen.«
    »War der Anrufer ein Mann?«
    Er nickte. »Seine Stimme kannte ich auch nicht, wenn Sie das wissen wollen. Sie klang neutral, hatte keine Modulation.«
    »Da kann man nichts machen«, sagte ich. »Das meine ich auch, Mr. Sinclair.«
    »Aber der Knochen-Sessel ist hier?«
    »Ja.«
    »Die Expertise auch?«
    Er runzelte die Stirn. »Sicher, nur muss ich Sie enttäuschen.« Er schlug einen Hefter auf, in dem sich zahlreiche Papiere befanden. Er blätterte sie durch und sprach weiter. »Wenn Sie gute Expertisen gewohnt sind, dann werden Sie mit dieser möglicherweise nicht viel anfangen können, weil sie zu ungenau ist.«
    »Inwiefern?«
    Er schaltete die Leuchte auf seinem Schreibtisch an. »Hier steht, dass der Sessel aus Europa, aus Frankreich, stammt und sehr alt ist. Einige Hundert Jahre, das hat unser Experte festgestellt. Er heißt Carlos Harriman und ist hier in New York ein anerkannter Fachmann. Man kann sich auf ihn verlassen. Verlassen können wir uns wohl auch auf das Herkunftsland, doch der genaue Ort ist natürlich nicht angegeben. Ich kann nicht sagen, ob er aus dem Süden oder Norden stammt. Mit dieser Art von Expertise muss sich der Käufer zufrieden geben. Der Sessel ist jedenfalls älter als vierhundert Jahre.«
    »Und dann noch völlig heil?«, wunderte ich mich. »Oder gibt es irgendwelche Macken?«
    »Nein, überhaupt nicht. Das hat mich ja auch so verwundert. Ich – ich kann es ebenfalls nicht fassen, und ich habe Erfahrung, das müssen Sie mir glauben. Wenn ich mir ansehe, wie manche Stücke aussehen, die gerade mal hundert Jahre alt sind, und sie mit dem Sessel vergleiche, dann…«
    »Bitte, Mr. Donovan«, unterbrach ich ihn, »keine Theorie mehr. Wir sind gekommen, um uns Ihr Prunkstück vor der Auktion anzusehen.«
    »Das sagten Sie ja.«
    »Und wir möchten mit dem Experten Carlos Harriman reden. Er kann uns möglicherweise weitere Informationen geben. Ist er hier?«
    »Kann sein. Er hat jedenfalls ein Büro in diesem Gebäude. Das ist ja das Schöne.« Er stand auf und zupfte die Fliege zurecht. »Wir haben hier alles unter einem Dach. Wenn Sie wollen, können Sie das Museum besuchen. Die Ausstellungen wechseln monatlich.« Vom Haken holte er einen Schlüssel. »Im Moment stellen wir hier amerikanische Naive aus. Sie glauben nicht, welch tolle Bilder da gemalt worden sind. Und alle sind käuflich zu erwerben. Natürlich erst nach der Ausstellung. Schauen Sie sie an.«
    Er redete und redete. Abe und ich tauschten Blicke.
    Auch draußen im Flur redete Donovan noch. Er hörte erst auf, als er vor einer breiten Tür stehen blieb und dann sagte: »Dort ist es.«
    »Der Sessel?«
    »Auch, Mr. Sinclair. Er ist nicht zu übersehen, wie Sie gleich merken werden, aber es ist noch mehr da. Alle Stücke, die heute zur Auktion kommen.«
    »Da sind wir gespannt.« Abe grinste ihn an.
    Donovan nickte, fuhr durch seine weißgraue Mähne. Er bückte sich. Mit dem Schlüssel stocherte er im Schloss herum, lehnte sich gegen die Tür. Dann drehte er den Schlüssel zweimal. »Es klemmt etwas«, sagte er, »aber das ist bei alten Schlössern nun mal so.«
    Wir ließen ihn vorgehen und betraten jetzt einen hallenartigen Raum mit noch höherer Decke. Die Wände bestanden aus schmalen, roten Steinen. Die Decke wirkte wie eine Kuppel. Von ihrem höchsten

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