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0772 - Das Gericht der Toten

0772 - Das Gericht der Toten

Titel: 0772 - Das Gericht der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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knochenlos zu sein, denn er wälzte sich voran. Eine widerliche Masse Speck oder altes Fleisch, das aufeinander gedrückt worden war und mich schon an einen Ghoul erinnerte, wozu auch der Leichengestank beitrug, der mir abermals ins Gesicht wehte.
    War das alles?
    Nein, denn von außerhalb des Verlieses drangen weitere schleichende Schritte an meine Ohren. Da kam noch jemand. Es konnte durchaus sein, dass dieses Wesen der Anführer war, der Richter, der mich verurteilen wollte.
    Ich schielte nach rechts. Die Düsternis schien sich zu bewegen, als der Schatten oder die Gestalt die Türschwelle erreichte und sie dann übertrat.
    Jetzt war er da!
    Ich hielt für einen Moment den Atem an, und das nicht nur wegen des penetranten Gestanks, denn dieser letzte war schlimm. Er kam mir vor wie der Tod persönlich, und so musste auch Rose Cargill denken, die bei seinem Anblick auf stöhnte.
    Wer war er?
    Zunächst sah ich keinen Oberkörper, weil dieser von einer dunklen Kutte verdeckt wurde. Aus dem Halsausschnitt aber schaute ein Schädel hervor, bei dem ich nicht wusste, ob er nun tatsächlich so aussah oder zur Hälfte von einer Maske verdeckt wurde. Er sah auch aus, als hätte jemand helle Farbe über ihn gekippt, die nicht bis überall hingelaufen war und Teile ausgelassen hatte. Zumindest die Partie um die Augen herum und die am Mund bis hin zum Kinn. Dafür war diese Stelle blutverschmiert, im Gegensatz zu den Augen, die in dunklen Schatteninseln lagen, wobei die Pupillen selbst in einem kalten Gelb schimmerten. Das war der Richter, das war für mich sofort klar.
    Noch etwas fiel bei ihm auf. Auf seiner bleichen Stirn malte sich ein blutrotes Zeichen ab, ein Kreuz. Kein normales, sondern das Kreuz der Templer, das bekanntlich die Form eines eckigen Kleeblatts hat.
    Er trug es zum Hohn und Spott, das war offensichtlich. Ohne die Frau oder mich auch nur eines Blickes zu würdigen, ging er an mir vorbei. Die Tür blieb offen, sodass etwas frischere Luft in das Verlies dringen konnte. Sie vermischte sich mit der aus der Deckenluke, es entstand Durchzug.
    Die Gestalt ging weiter. Sie bog ab und erreichte die Rückseite des Tresens oder der Kommode, wo sie stehen blieb. Meiner Ansicht nach stimmten die Proportionen nicht, dieser Tresen war zu hoch für den Blutig-Bleichen, denn sein Kopf sah aus, als würde er mit dem Kinn auf dem Holz liegen. Von seinem schwarzen Umhang war so gut wie nichts zu sehen.
    Seine Helfer hatten sich nicht verteilt. Sie standen an der rechten Seite des Tresens. Der Untote mit den Geschwüren hatte sich sogar auf die Kante gestützt, den Kopf nach vorn gedrückt und glotzte mich an. Dabei floss übel riechender Seiber aus seinem schiefen Maul.
    »John!«, hörte ich Rose flüstern. »Verdammt, John, sagen Sie, dass es nicht wahr ist! Dass ich dieses ganze Grauen einfach träume!«
    »Leider nicht.«
    Sie stöhnte auf, flüsterte vor sich hin und wurde plötzlich von einer rauen, dumpfen Stimme unterbrochen. Der Richter hatte die Worte hervorgepresst.
    Er sagte nur einen Satz. »Das Gericht der Toten ist eröffnet!«
    ***
    Die Worte verklangen, und damit waren auch zumindest meine letzten Zweifel beseitigt. Es konnte Einbildung sein, aber mir erschien es so, als hätte sich die Atmosphäre verändert. Sie kam mir noch unheilschwangerer und todbringender vor als sonst.
    Etwas Kaltes rann über meinen Rücken, als ich auf den Richter starrte. Seine Augen bewegten sich. Die gelben Punkte wanderten nach links und rechts, und sie konnten sich unabhängig voneinander in verschiedene Richtungen bewegen.
    Der Richter hob seinen rechten Arm. Dabei drückte er seinen Körper zur Seite, und als er sich wieder aufrichtete, da erschien auch seine Hand. Sie umklammerte einen mir selbst bekannten Gegenstand. Es war mein geweihter Silberdolch, den er hielt, ihn sich betrachtete und direkt neben die Kerze legte, wo das Licht Reflexe auf die Silberfläche warf und der eigentlich hätte geblendet werden müssen, weil sie durch sein Gesicht huschten. Dabei sahen seine Augen aus, als würden sie diese Lichtreflexe auffangen.
    Für mich war zwar nicht eine Welt zusammengebrochen, ich wunderte mich trotzdem darüber, dass er den Dolch mit seiner bleichen Hand hatte anfassen können. Er stand auf der anderen Seite. Normalerweise war die Waffe Gift für ihn.
    Warum jetzt nicht?
    Er starrte mich an. Ein Raubtier, wenn ich diesen kalten, gelben Blick richtig einstufte. Der Mund, diese frische Wunde inmitten der Bleichheit,

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