0772 - Das Gericht der Toten
vorstellen konnte, dass sich das Schicksal eines John Sinclair und jetzt eines Suko erfüllen und mit dem Tod enden würde.
Sie sah den Sessel. Sie sah auch Suko. Und sie sah auch die Skeletthände, die sich nach innen gedreht hatten und auf die Kehle des Inspektors zu gewandert waren.
Sie lagen darum.
Glenda hielt den Atem an. Der Mund stand offen, ein ächzender Laut drang über ihre Lippen. Die Augen weiteten sich. Sie mussten mit erleben, wie sich die Spitzen der beiden Knochenklauen in das Fleisch des Halses drückten und Wunden hinterließen, aus denen erste Blutstropfen wie Perlen quollen.
Für sie stand fest, dass sie Sukos Tod erlebte, ohne dagegen einschreiten zu können…
***
Ich war wieder da!
Ja, ich war aus meiner kurzen Bewusstlosigkeit erwacht, aber es ging mir nicht gut. Nicht allein wegen der dumpfen Schmerzen in Nacken und Hinterkopf, es gab auch noch einen anderen Grund, der mich dazu zwang.
Es war die Situation, die Lage…
Ich saß auf diesem Stuhl, auf dem zuvor die blonde Frau gesessen hatte. Es war ein halbrund gearbeiteter Stuhl aus mächtigen Hölzern, der vielleicht bequem hätte sein können, wären da nicht die Stricke gewesen, die meine Arme auf die Lehnen pressten. Aber die Beine hatte man mir zusammengebunden, sie aber nicht an den Stuhl gefesselt, sondern frei gelassen. Ich konnte sie strecken und anziehen. Das Netz sah ich auch. Es lag zusammengerollt nahe der Tür, und ich dachte daran, dass es von der Decke gefallen war.
Deshalb schaute ich hoch, sah die Decke schwach im Schein der Kerze und entdeckte gleichzeitig die viereckige Öffnung dort, eine Art Deckenfalltür oder Luke, an deren Rändern meine Feinde gelauert hatten, bevor sie das Netz geworfen hatten.
Einfach und doch wirksam.
Wer immer Waffen trägt, so wie ich, der merkt, wenn sie ihm weggenommen werden. Mir hatten sie den Dolch weggenommen. Mit der Pistole hatten meine Feinde wohl nichts anfangen können, aus welchen Gründen auch immer.
Der Druck im Kopf war nicht so stark, als dass er mein Denkvermögen beeinträchtigt hätte, und ich fragte mich, wie es wohl weitergehen würde. Was geschah jetzt?
Ich wusste es. Es gab einen Begriff, den ich bestimmt nicht vergessen hatte. Das Gericht der Toten!
Wer immer diese Gestalten auch waren, ob Lebende oder lebende Tote, sie würden über mich Gericht sitzen und mich auch verurteilen, das stand fest. Und als Urteil gab es eigentlich nur eines.
Den Tod!
Grund genug, mich zu vernichten, hatte die andere Seite immer. In den langen Jahren hatte ich ihnen schon verdammt viele Niederlagen bereitet. Zusammen mit meinen Freunden hatte ich dafür gesorgt, dass so einiges im Reich der Schwarzblüter durcheinander geraten war, und selbst dem Teufel war es nicht gelungen, mich zu vernichten, was ihn besonders wurmte. Deshalb stand ich auf seiner Liste ganz oben.
Gehörten diese Feinde zum Teufel?
Indirekt schon, aber ich wusste auch, dass es nicht nur den Teufel gab. Es gab Asmodis. Hinzu kamen die beiden Wesen Beelzebub und Baphomet. Und diese drei setzten sich zu dem absolut Bösen zusammen, dessen Oberbegriff Luzifer war.
Nun gab es Menschen, die einmal Asmodis zugetan waren, zum anderen auch Baphomet oder Beelzebub. Ich hatte es hier höchstwahrscheinlich mit den Templem zu tun, und zwar mit denjenigen von ihnen, die den falschen Weg gegangen waren und auf der Seite Baphomets standen.
So einfach war das.
Noch sah ich sie nicht. Ich konnte mich auf meine Umgebung konzentrieren, die nicht sehr hell war, denn das Kerzenlicht reichte einfach nicht aus. Über mir befand sich die Luke, und durch die Öffnung strömte mir die kühlere Luft entgegen, die auch die Flamme der Kerze traf, diese nach unten drückte und dafür sorgte, dass sie sich gleichzeitig bewegte und ein flackerndes Licht schuf.
Meine Gedanken kreisten auch um die blonde Frau. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass sie zu meinen Feinden gehörte. Ich glaubte vielmehr daran, dass sie unfreiwillig in die Lage geraten war, und bestimmt gehörte ihr der Wagen, den ich gesehen hatte.
Ich hätte gern mit ihr gesprochen, sah sie aber nicht, obwohl mir mein Gefühl sagte, dass sie sich ganz in meiner Nähe befinden musste. Dafür hatte ich keinen Beweis, es war einfach ein Gefühl.
Der Beweis war der Gestank!
Ein ekliger Aasgeruch. Uralt, nach verwesendem Fleisch stinkend und eigentlich typisch für Zombies oder Ghouls, die immer wieder nach fauligem Fleisch rochen.
Wäre die Öffnung an der Decke
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