0772 - Das Gespenst von Vrinos
Vrinos zu starten, halfen nichts. Die energetischen Felder und der Ring der Schwerkraft waren vorhanden, aber kein lebender Morker hatte ihre Auswirkung auf die Raumfahrt je selbst erlebt.
Schweigend sammelten sich die Rebellen. Wachen wurden aufgestellt, dann begann Krong: „Bald ist es soweit, daß wir mit dem Bau des Schiffes beginnen können. Unsere Leute haben genügend Material zusammengetragen, um die Hülle herzustellen. Der Starttunnel ist fertig. Die geheime Werft tief unter der Oberfläche ist mit allen notwendigen Maschinen ausgerüstet. Nun kann uns niemand mehr daran hindern, den Versuch zu unternehmen."
Er sprach mit der etwas pfeifenden Stimme der Morker, die in dem unterirdischen Stollen weit trug, aber die installierten Schotte waren hermetisch geschlossen, so daß kein' Laut in die anderen Tunnels dringen konnte. Eine Entdeckung des Planes würde zumindest Strafarbeit bedeuten.
Die einzelnen Untergruppen meldeten sich zu Wort und machten ihre Vorschläge. Schließlich wurde dem Chefastronomen Reng das Wort erteilt.
Die Morker hatten nur wenig Zeit, sich mit Astronomie zu beschäftigen, denn ihre Hauptaufgabe war das eigentliche Überleben.
Im Grunde schien das widersinnig, denn von den astronomischen Gegebenheiten hing ihr Leben genauso ab wie von der Erzeugung der Gebrauchsgüter und Lebensmittel. Die Regierung erlaubte jedem Morker die freizeitliche Beschäftigung mit allen Sparten der Wissenschaft, so daß Reng nichts Verbotenes tat, als er sich ein Teleskop baute und Berechnungen anstellte.
„Es kann kein Zweifel daran bestehen", sagte Reng, „daß wir uns einer gefährlichen Zone mit energetischen Wirbelfeldern nähern. Meiner Ansicht nach trennen sich in jener Richtung, in die wir eilen, zwei Galaxien, viele Lichtjahre entfernt. Aber die Ausläufer der Energiewirbel reichen weit in den Raum hinaus und werden uns früher oder später erreichen."
Eine Frage unterbrach ihn: „Welche Folgen kann das für uns haben?"
„Verheerende! Es ist möglich, daß die Strahlung so hart und intensiv wird, daß sie alles Leben auf der Oberfläche vernichtet und das Kraftfeld, das unsere Atmosphäre hält, zusammenbrechen läßt. Das, wäre weiter nicht schlimm, denn wir halten uns meist unter der Oberfläche auf, aber ich befürchte, daß die Strahlung auch unsere massiven Felsdecken durchdringt, was unweigerlich unser Ende bedeuten müßte."
Er schwieg und wartete auf Einwände. Als keiner kam, setzte er seine Ausführungen fort: „Ich sehe keinen anderen Ausweg als die Flucht von Vrinos."
Er hob die Hand, als Krong etwas sagen wollte. „Warte, Krong, ich weiß, was du bemerken möchtest. Du meinst, wir müßten uns mit dem Bau des Schiffes beeilen. Das ist richtig und wieder nicht richtig. Selbst wenn die alten Geschichten nicht stimmen und uns der Start gelänge, so ließen wir alle unsere Schwestern und Brüder zurück - zum sicheren Tod verurteilt. Dürfen wir das?"
Krong rief ärgerlich: „Sie wollen es ja nicht anders, und ein so großes Schiff, daß alle mitkommen, können wir niemals bauen. Was also bleibt uns übrig?"
„Die anderen warnen, Sorka warnen, sie auf die drohende Gefahr aufmerksam machen. Es wäre unsere Pflicht."
„Wir würden uns selbst verraten, Reng!" rief jemand dazwischen.
„Das allerdings", gab Reng unumwunden zu. „Aber das wäre ein Risiko, das wir auf uns nehmen müßten. Auf der anderen Seite ist es gar nicht notwendig, daß Sorka von unseren Plänen erfährt.
Ich werde zu ihm als Astronom sprechen und seine Meinung hören."
„Er wird seine Ansichten nicht ändern", prophezeite Krong bitter. „Er wartet auf das große Wunder."
„Welches Wunder?"
„Ein Schiff! Ein anderes Schiff, das zufällig unsere Flugbahn kreuzt. Wenn es groß genug ist, kann es uns aufnehmen."
„So große Schiffe kann es nicht geben!"
„Wer sagt das?" Krong geriet in Erregung. „Ich habe darüber gelesen, Reng. Unsere Vorfahren sind Fremden begegnet, die riesige Schiffe hatten. Warum sollten wir nicht einem solchen Schiff begegnen?" Er beruhigte sich wieder. „Nein, ich hoffe nicht darauf, das ist ja auch der Grund, warum wir unser eigenes Schiff bauen wollen. Aber wir können die anderen nicht mitnehmen.
Das haben wir beschlossen."
Reng sagte: „Ich werde trotzdem mit Sorka reden. Vielleicht sieht er ein, daß unsere Zeit auf Vrinos bald vorbei ist."
Er ging, ohne daß ihn jemand daran zu hindern versucht hätte.
Sie wußten, daß er sie nicht verraten
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