0773 - Die Macht der Templer
sagen. Ich verstehe deine Ungeduld. Ich weiß ja, dass du es schaffst, gewissen Geheimnissen auf die Spur zu kommen, aber hier müssen wir zunächst einmal kapitulieren.«
»Was ich nicht will!« Er hatte entschlossen gesprochen, und Suko befürchtete, dass er ihm irgendwelche Taten nicht würde ausreden können.
Der Abbé fühlte sich persönlich beleidigt, dass unter seinem Dach Dinge geschahen, auf die er keinen Einfluss hatte.
»Dann musst du etwas tun!« Suko versuchte, ihn aus der Reserve zu locken, und der Abbé nickte. »Ja, ich habe den Würfel, und ich habe ihn nicht grundlos mitgenommen.«
»Willst du ihn auf den Sessel legen?«
»Ja.«
Suko wusste, dass er ihn nicht daran hindern konnte. Wenn der Abbé sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, führte er es auch durch.
Zudem war er hier der Hausherr.
Suko hatte nur beschlossen, auf den Mann Acht zu geben. Sollte irgendetwas schief gehen, musste jemand bei ihm sein. Und darum bat ihn Bloch auch mit leiser Stimme.
»Das geht schon in Ordnung.«
Bloch hatte den Würfel noch nicht hervorgeholt. Er umrundete den Sessel sicher wie ein Sehender. Seine Lippen bewegten sich dabei, aber er hütete sich davor, seine Hände über Teile des blutverschmierten Gerippes gleiten zu lassen. Er zuckte davor zurück und blieb stehen, als er wieder die Sitzfläche erreicht hatte.
Erst jetzt holte er den Würfel hervor.
Suko, der dicht neben ihm stand und ihn beinahe berührte, schaute ebenfalls auf den Würfel. Er wollte sehen, ob der geheimnisvolle Gegenstand schon reagierte, aber die hellen Schlieren innerhalb der violetten Wände bewegten sich nicht.
»Sie sind ruhig«, sagte Suko.
Bloch nickte. »Ich weiß es. Ich spüre es. Es gibt keine Vibrationen. Es wird noch so bleiben.«
»Wie lange?«
Er hob die Schultern. Mit beiden Händen hielt er den Würfel umklammert. »Es ist kein Kontakt entstanden«, flüsterte er in den Raum hinein, und seine Stimme versickerte wie das geheimnisvolle Wispern eines Geistes. »Aber es muss einfach etwas geben. Wir können es nicht hinnehmen. Der Würfel, der Skelett-Sessel, auch Hector de Valois, das sind drei Dinge. Sie gehören irgendwie zusammen.«
»Kein Widerspruch.«
Der Abbé nickte. Es sah so aus, als hätte er einen endgültigen Entschluss gefasst. »Ich werde den Würfel jetzt auf den Stuhl legen. Es ist die einzige Chance, die wir haben. Frage mich nicht, was mich sicher macht, es ist mein Gefühl, es ist die Erfahrung, da kommt einiges zusammen. Davon gehe ich nicht ab.«
»Okay, versuche es.«
»Du wirst mich schützen?«
»Ja, Abbé. Deshalb stehe ich so nah bei dir. Es kann dir nichts passieren.«
Der Mann in der Kutte bückte sich nach vorn. Der Würfel des Heils klemmte zwischen seinen Händen, und er zitterte, weil auch seine Hände vibrierten. Die Spannung verdichtete sich noch mehr.
Wie eine unsichtbare Haube lag sie über den beiden Männern. Beide hörten ihren Atem, der stoßweise über die Lippen drang.
Auch Suko hatte den Eindruck, etwas Entscheidendes zu erleben.
Der Würfel und die beiden Hände des Templers befanden sich nur noch eine Fingerhöhe von der Sitzfläche entfernt.
Suko schaute noch einmal über den Knochen-Sessel hinein. Er suchte nach einer Veränderung und stellte mit Erstaunen fest, dass aus dem Maul kein Blut mehr drang.
Es sah aus wie ein weit geöffneter, an den Rändern verklebter und verschmierter Rachen. Das Maul eines längst Verstorbenen, das offen geblieben war, um dem Zuschauer den Weg in seine tiefste Seele zu zeigen.
»Jetzt!«, sagte der Abbé. Er setzte den Würfel ab. Dabei stöhnte er auf. Im Gegensatz zu Suko, der den Atem anhielt.
Passierte etwas?
Der Templer richtete sich wieder auf. Er hob die Arme an und presste seine Fingerspitzen an beide Stirnseiten, als wollte er die Kräfte des Würfels zwingen, sich bei ihm zu melden.
Da musste etwas passieren!
Suko konzentrierte sich auf den dunklen Gegenstand. Wenn er in Aktion trat, bewegten sich zunächst die Schlieren in seinem Innern.
Sie waren die Informationsträger und gleichzeitig die Übermittler der Botschaft. Aber sie blieben ruhig.
Noch…
Bis plötzlich alles anders wurde, was Suko erst nach dem Abbé bemerkte. Er hörte nur, wie der Mann einen lauten Schrei ausstieß und einen Schritt zurückging.
Er hatte die Nachricht oder die Veränderung auf telepathischem Wege erhalten. Im Gegensatz zu Suko, der rein optisch etwas merkte, denn auf einmal gerieten die hellen Schlieren in wilde,
Weitere Kostenlose Bücher